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Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten

Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten

Titel: Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Roth
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Lernen ist die langsame Änderung des Verhaltens, nicht eine plötzliche Einsicht. Diese Art von Lernen wurde später Lernen am Erfolg, instrumentelle Konditionierung, Verstärkungslernen oder operante Konditionierung genannt (s. unten). Im Falle von Thorndikes Katzenexperiment und dem Gesetz des Effektes handelt es sich nicht, wie bei Pawlow, um das Auslösen eines reflexhaften Verhaltens durch einen konditionierten Reiz, sondern um ein Verhalten, welches das Tier nicht oder bisher nicht in dieser Weise gezeigt hat. Es ist kaum anzunehmen, dass das Pedaltreten für Thorndikes Katze ein »natürlicher Reflex« ist, denn dann wäre dieses Verhalten spontan aufgetreten wie der Speichelfluss des Pawlowschen Hundes. Es handelt sich also hier um zwei unterschiedliche Typen assoziativen Lernens, nämlich klassische Konditionierung und operante Konditionierung, auch wenn diese aus heutiger Sicht durchaus Gemeinsamkeiten aufweisen.
    Der Psychologe John Broadus Watson (1879 – 1958) ist als der eigentliche Begründer des amerikanischen Behaviorismus anzusehen. Sein Ziel war es, die Psychologie zur Lehre von der Kontrolle und Voraussage von Verhalten machen. Bei der Erklärung menschlichen und tierischen Verhaltens lehnte er Begriffe wie Bewusstsein, Wille, Absicht und Vorstellung ab. Verhalten kann nach Watson ausschließlich über die Beziehung von Reiz und Reaktion und über die sich daraus ergebende Ausbildung von Gewohnheiten ( habits ) erklärt werden. Diese sind nichts anderes als komplexe Verkettungen einfacher konditionierter Verhaltensweisen. Worte sind für Watson verbale Reaktionen auf Außenreize, Gedanken ein leises »Zu-sich-Sprechen«. Sie werden von außen angestoßen und können dann eine Zeit lang in sich kreisen. Innere Zustände sind »verdecktes Verhalten«. Nach Watson gelten für tierisches und menschliches Verhalten dieselben »objektiven« Gesetze; deshalb gibt es auch keine menschliche oder tierische Psychologie, sondern nur eine einzige Art von Psychologie, und zwar die Lehre von der Veränderung des Verhaltens nach den Prinzipien der klassischen und operanten Konditionierung. Alles Verhalten ist hierdurch gezielt veränderbar, wenn dies auch manchmal in der Praxis schwierig zu erreichen ist.
    In eine abweichende Richtung, die später bedeutsam werden sollte, ging der Behaviorist Clark Hull (1884 – 1952), indem er gegenüber der bloßen zeitlichen Paarung von Reizen die Bedeutung eines Reizes als Belohnung (»reward«) betonte. Nach Hull liegt jedem Lernen das Streben zugrunde, ein bestimmtes Bedürfnis zu befriedigen bzw. einen sich daraus ergebenden Triebzustand zu beseitigen (»need reduction«). »Kein Lernen ohne Belohnung!« – hieß es bei ihm, und wir werden noch sehen, dass dies eine wichtige Einsicht ist.
    Der letzte große und vielleicht bedeutendste Behaviorist war Burrhus F. Skinner (1904 – 1990). Skinner erlangte in der Lernpsychologie und Verhaltensbiologie große Bedeutung allein schon dadurch, dass er die experimentellen Bedingungen der Erforschung menschlichen und tierischen Verhaltens stark verbesserte und verfeinerte. Er entwickelte die nach ihm benannte Skinner-Box, in der Versuchstiere, vor allem Tauben und Ratten, von störenden und verfälschenden menschlichen Einflüssen weitgehend ferngehalten werden können. Die Belohnung für einen Hebeldruck oder das Picken auf eine Glasscheibe, nämlich der kurzzeitige Zugang zu Futter, wurden dabei ebenso automatisiert wie die Registrierung des Verhaltens des Versuchstieres. Skinner nannte das von ihm detailliert studierte Verhalten »operantes Lernen«, da es sich hierbei um ein aktives , die Umwelt erkundendes und veränderndes Verhalten handle und nicht um ein rein reaktives (»respondentes«) Verhalten wie bei der klassischen Konditionierung. Durch die Konsequenzen des aktiven Verhaltens (Hebeldrücken, Scheibenpicken usw.) auf die Umwelt, nämlich das Erscheinen von Futter, verändert sich das Verhalten selbst. Die Konsequenzen wirken als Verstärker (»reinforcer«); deshalb wird dieses Lernverhalten auch »Verstärkungslernen« (»reinforcement learning«) genannt. Unterschieden werden hier drei Typen von Verstärkungslernen, nämlich Bestrafung, negative Konditionierung (Strafandrohen) und positive Konditionierung (Belohnung). Wir werden uns mit diesen Formen des Verstärkungslernens im übernächsten Kapitel ausführlich befassen.
    Mensch und Tier werden von Pawlow, Skinner und den meisten anderen Behavioristen als

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