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Personenschaden

Personenschaden

Titel: Personenschaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Probst
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wurde großräumig abgesperrt, die Lokomotive vom Strom genommen und eine Umleitung organisiert.
    Inzwischen redete Peter Hamberger, Mitglied des Kriseninterventionsteams, beruhigend auf Klaus Engler ein. »Ich kenne durch meine Arbeit einige Kollegen von Ihnen, die das erlebt haben. Sie haben mir gesagt, am schlimmsten ist das Gefühl der Ohnmacht.«
    Engler reagierte nicht.
    »Sie fühlen sich missbraucht – als Waffe, als Handlanger zum Selbstmord.« Hamberger war sich nicht sicher, ob der Lokführer ihn überhaupt hörte.
    Vor der Lokomotive standen jetzt zwei Beamte der Kriminalpolizei. Der ältere war Buchrieser, der Mühe hatte, sich nicht anmerken zu lassen, dass er direkt von einem feuchtfröhlichen Geburtstagsfest zum Einsatz gerufen worden war. Bahnsuizide waren für einen alten Hasen wie ihn reine Formsache. Der Täter war tot, man konnte ihn nicht mehr zur Rechenschaft ziehen.
    »Schätz mal, wie viele sich jedes Jahr so umbringen?«, sagte Buchrieser zu seinem jungen Kollegen. »Weit über tausend. Was glaubst du, was das die Bahn kostet – allein durch die Verspätungen.« Er winkte den Mann, der sich um den Lokführer kümmerte, ans Fenster. »Können wir ihn noch befragen?«
    »Nein, auf keinen Fall.«
    »Morgen ist auch noch ein Tag. Gute Nacht.« Er salutierte bestens gelaunt und zog sich mit seinem Assistenten zurück.
     
    Hamberger schlüpfte aus seiner orangefarbenen Sicherheitsweste, sein T-Shirt klebte am Körper. Er strich nachdenklich über seinen Schnauzer. »Ich werde Sie in unser Büro bringen,Herr Engler. Kommen Sie, bitte.« Er legte dem Lokführer die Hand auf die Schulter, aber der rührte sich nicht. »Herr Engler, hören Sie mich?«
    Wieder kam keine Antwort. Engler summte noch immer vor sich hin.
    »Dann informiere ich jetzt Ihre Angehörigen. Man hat mir die Nummern Ihrer Frau und Ihres Sohns gegeben. Ich versuche es erst bei Ihrer Frau, ist das recht?«
    Er zog einen Zettel aus der Tasche und tippte die Nummer in sein Handy. Es dauerte eine Weile, bis abgehoben wurde.
    »Frau Engler, hier ist Hamberger vom Kriseninterventionsteam. Neben mir sitzt Ihr Mann. Er hat leider gerade einen Selbstmord erleben müssen.«

14.
    Die beiden letzten Gäste der Überraschungsparty waren vor einer Viertelstunde gegangen. Luisa hatte ihrer Großmutter noch beim Spülen geholfen und Schwarz mit Jo die Möbel zurück an ihren Platz gerückt.
    Jetzt waren Mutter und Sohn allein und packten die Geburtstagsgeschenke aus.
    »Die wissen doch, dass ich keinen Sekt trinke«, sagte Schwarz und stellte die Magnumflasche zur Seite, die seine ehemaligen Kollegen von der Polizei mitgebracht hatten.
    »Stammt wahrscheinlich von einem Bestechungsversuch«, sagte seine Mutter und zog die Flasche unauffällig in ihre Richtung.
    Im nächsten Päckchen befand sich ein Büchlein mit einem fetten, gekrönten Elefanten auf dem Cover: ›Ganz bei mirund ganz bei dir – Wege zum neuen Glück.‹ Schwarz blätterte ein wenig. Ein esoterischer Ratgeber zur Partnersuche.
    »Altpapier«, sagte seine Mutter.
    »Geht nicht, ist von Luisa.«
    Es folgten die obligatorischen CDs. Heiner hatte ihm Hardrock von Whitesnake geschenkt, Jo einen Sampler aus der Café-del-mar-Reihe, Rebecca und Karl Loewi Barbra Streisands ›Live in concert 2006‹.
    »Nette Leute«, sagte seine Mutter, »ein bisschen sehr jüdisch vielleicht.«
    Schwarz musterte sie streng. »Vorsicht, du bist hier nicht bei deiner Gmoi.«
    Seine Mutter grinste schlitzohrig und reichte ihm das Briefchen, das Eva an den Kerzenleuchter gehängt hatte.
    Schwarz öffnete es und las laut vor. »Lieber Anton, ich weiß, eine Menora ist kein sehr originelles Geschenk, aber ein anständiger Jude muss einfach eine besitzen.«
    »Siehst du hier anständige Juden?«, fragte seine Mutter.
    »Über was habt ihr eigentlich die ganze Zeit gesprochen, du und Eva?«
    »Über dies und das. Sie ist ein reizendes Mädchen und erinnert mich so an meine Cousine Marga.«
    »Marga? Du hast mir nie von ihr erzählt.«
    »Weil sie tot ist. Tonele, lass uns über was anderes reden. Schau, da ist noch ein Päckchen von Monika.«
    Schwarz spürte, wie sein Magen sich verkrampfte. Warum wich seine Mutter stur jedem Gespräch über die Vergangenheit aus?
    »Hoffentlich hast du Eva keines von deinen Lügenmärchen aufgetischt.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Wenn du es genau wissen willst, habe ich ihr von meinem letzten Purimfest in Karlsbad erzählt.«
    »Warum ihr und nicht mir?«
    Sie

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