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Personenschaden

Personenschaden

Titel: Personenschaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Probst
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Kriseninterventionsteam.«
    »Man hat mich um Hilfe gebeten, weil mein Sohn nach dem Unfall nicht mehr aus seiner Lok raus wollte. Es war ganz einfach. ›Wir gehen jetzt heim, Klaus‹, habe ich gesagt. Da ist er aufgestanden und mir gefolgt. Wir haben ein Taxi genommen. Die ganze Fahrt über hat er kein Wort geredet und ich habe mir gedacht, ich lasse ihn besser in Ruhe.«
    »Beim ersten Mal konnte er auch nicht mehr sprechen«, sagte Anna Engler.
    »Unten habe ich ihm die Haustür aufgehalten und er ist zum Lift gegangen wie ein Roboter. Ich habe den Knopf gedrückt, aber in dem Moment, da der Aufzug losfährt, fängt er zu randalieren an und will wieder raus. Wir sind gleich oben, Klaus, habe ich gesagt, aber er schreit immer verzweifelter: raus, raus! Und plötzlich rammt er den Kopf gegen die Tür, zwei, drei Mal mit voller Wucht.«
    Seine Schwiegertochter verbarg ihr Gesicht in den Händen und schluchzte.
    »Danach ist er zu Boden gesunken und liegen geblieben. Er war nicht richtig bewusstlos, aber wie erstarrt. Ich habe zehn Minuten lang versucht, ihn aus dem Aufzug rauszuziehen, dann habe ich Thomas zu Hilfe gerufen – und Anna.« Er legte die Hand auf den Arm seiner Schwiegertochter.
    Thomas Engler trat in die Küche. »Keine Chance«, sagte er. »Der Arzt sagt, er muss in die Klinik. Hallo, Herr Schwarz.«
    »Hast du ihm nicht gesagt, dass er das schon mal durchgemacht hat?«, fragte Anna Engler.
    »Doch, natürlich, aber der Arzt hält ihn diesmal für suizidgefährdet und will kein Risiko eingehen.«
    Im Flur wurde Klaus Engler vorbeigeführt. Er trug einen Kopfverband und war, offenbar unter dem Einfluss starker Beruhigungsmittel, sehr wackelig auf den Beinen.
    »Klaus!«, schrie Anna Engler und stürzte zu ihm. Sie klammerte sich an ihrem Mann fest, aber er schien sie nicht zu bemerken. Sein Blick war völlig leer und ausdruckslos.
    »Gehen wir«, sagte der Arzt.
    »Ich komme mit!«
    »Mutter, das hat doch keinen Sinn«, sagte Thomas Engler und hielt die verzweifelte Frau im Arm, während Klaus Engler aus der Wohnung gebracht wurde.
    Rudi Engler zündete seine Pfeife an.
    »Tut mir leid, Herr Schwarz«, sagte Thomas Engler. »Ich wollte Sie nicht in diese Situation bringen. Ich dachte eigentlich, dass es ihm schon besser geht.«
    »Ich nicht«, sagte der alte Engler. Schwarz bemerkte, dass sein Enkel ihm einen beschwörenden Blick zuwarf.
    Doch Rudi Engler war nicht zu bremsen. »Ich glaube nämlich nicht an diese Lehre, dass immer alles gut wird. Aber mein höchstes Ideal ist ja auch nicht die Effizienz.«
    »Papa, bitte«, flehte seine Schwiegertochter.
    »Ist doch wahr. Thomas hat es ja kaum erwarten können, bis sein Vater endlich wieder auf dem Bock steht.«
    »Das wollte er doch selbst«, sagte Thomas, »um jeden Preis.«
    »Weil du es ihm eingeredet hast. Und warum? Damit alle sehen, was für ein toller Hecht du bist. Die nächste Reportage war doch schon geschrieben: ›Wie Thomas Engler seinem traumatisierten Vater ins Leben zurück half.‹ Eine ganze Seite mit Foto. So einem edlen Menschen vertrauen die Leute dann auch, wenn es im Arbeitskampf gegen die Lokführergeht oder wenn er ihnen die hirnrissigen Privatisierungspläne der Bahn verkaufen soll.«
    »Was hat denn das miteinander zu tun? Für wie zynisch hältst du mich eigentlich?«
    Der Alte schwieg bedeutungsvoll.
    »Wir sind alle ziemlich durcheinander«, sagte Thomas Engler entschuldigend zu Schwarz.
    »Ich glaube, Thomas hat das wirklich nur für Klaus getan«, sagte Anna Engler.
    Der Alte sog an seiner Pfeife. »Seit wann tut er denn was für andere?«
    Schwarz beobachtete, wie Thomas Engler die Lippen aufeinander presste und um Beherrschung rang. Er erhob sich. »Ich glaube, ich lasse Sie jetzt besser allein.«
    »Ja   … vielen Dank, Herr Schwarz, und entschuldigen Sie noch mal. Ich melde mich bei Ihnen.«
    »Ich wünsche Ihnen allen viel Kraft. Auf Wiedersehen.«
    Rudi Engler hantierte mit dem Pfeifenstopfer und sah nur kurz auf. Aber Schwarz hatte das Gefühl, dass er ihm gern noch etwas gesagt hätte.

17.
    »Ich möchte dich zum Mittagessen in den Hirschgarten einladen. Hast du Lust?«
    Hildegard Schwarz sah ihren Sohn erstaunt an.
    »Ich finde, wir machen zu wenig miteinander.«
    »Du führst doch etwas im Schilde.«
    »Nein, Mama. Komm, wer weiß, wie lange das Wetter noch hält.«
     
    Tatsächlich hingen schwere, dunkle Wolken über dem Biergarten, als Anton Schwarz seiner Mutter Essen und Getränke von der

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