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Personenschaden

Personenschaden

Titel: Personenschaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Probst
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Insekten in Massen von den Kastanienblättern. Bald krabbelten sie überall herum und Hildegard und Anton Schwarz blieb keine andere Wahl als die Flucht.
    Als sie am Wagen ankamen, waren sie tropfnass und übersät mit kleinen Quaddeln. »Mein Gott, wie das juckt«, sagte Schwarz, »obwohl da gar keine Ameisen mehr sind.«
    »Ich glaube, das ist ein Lebensprinzip«, sagte seine Mutter und sie lachten.

18.
    Drei Tage später kam der angekündigte Anruf von Thomas Engler. Er bat zum Gespräch in seine Schwabinger Wohnung. Als Schwarz über die Schwelle des ausgebauten Dachgeschosses trat, stockte ihm der Atem. Die Wohnung war lichtdurchflutet, die großen Galeriefenster mit Tropenhölzern eingefasst, die dezent mit dem überall verlegten Schiffsbodenparkett korrespondierten. Auf der Dachterrasse standen Terracotta-Töpfe mit Oliven- und Orangenbäumchen und edle Gartenmöbel. Eine filigrane Wendeltreppe führte zu einer Art Empore im Dachspitz, auf der Engler seinen Arbeitsplatz hatte. Auch die offene Küche hätte das Cover jeder Architekturzeitschrift schmücken können.
    »Wissen Sie, dass ich, seit ich hier wohne, kein einziges Mal Gäste bekochen konnte«, sagte Engler, »obwohl das meine große Leidenschaft ist?«
    »Wie kommt’s?«
    Seine Miene verriet, dass er die Frage naiv fand. »Haben Sie vergessen, was bei uns im letzten Jahr los war?«
    »Bei Ihnen?«
    »Der Lokführerstreik.«
    »Verstehe. Und was hatten Sie damit zu tun?«
    Englers Miene wurde offiziell. »Als Pressestelle waren wir vor allem damit beschäftigt, erboste Kunden zu beruhigen und davon abzuhalten, der Bahn den Rücken zu kehren. Wir haben die Bevölkerung mit objektiven Informationen über Ursachen und Ziele des Streiks und natürlich mit unserenPositionen versorgt. Die andere Seite hat ja mit allen Mitteln versucht, den Tarifkonflikt zur Soap Opera hochzustilisieren, nach dem Motto: arme, ausgebeutete Lokführer gegen böse, geldgierige Bahnvorstände.«
    »Zur anderen Seite gehören Ihr Vater und in gewisser Weise auch Ihr Großvater. Rühren die Spannungen zwischen Ihnen daher?«
    Schwarz sah am Zucken von Englers Backenmuskeln, dass ihm diese Frage unangenehm war.
    »Die Stimmung damals war sehr aufgeheizt, davon blieb auch unsere Familie nicht verschont. Aber am Ende war alles wieder in Ordnung, Sie wissen schon: Pack schlägt sich, Pack verträgt sich.«
    Sein Lachen klang künstlich. Er öffnete den Kühlschrank, holte eine Flasche französisches Mineralwasser heraus und schenkte Schwarz ein. »Aber ich wollte mit Ihnen nicht über den Lokführerstreik sprechen.«
    »Sondern über Ihren Vater. Wie geht es ihm inzwischen?«
    »Etwas besser, aber insgesamt deutlich schlechter als nach dem ersten Mal. Deshalb möchte ich Sie auch um Hilfe bitten.«
    Schwarz sah ihn fragend an und nippte an dem Wasser, das anders als die tosenden Gebirgsbäche auf dem Etikett es vermuten ließen, nach eingeschlafenen Füßen schmeckte.
    »Kennen Sie einen Hauptkommissar Buchrieser?«, fragte Engler.
    Schwarz nickte.
    »Was halten Sie von ihm?«
    Er hat ein Alkoholproblem und liebt Waffen mehr als Frauen, dachte Schwarz. Aber er sagte: »Er ist ein sehr erfahrener Polizist.«
    »Erfahren? Nennt man das so, wenn einer nur noch Dienst nach Vorschrift macht? Dieser Buchrieser hat nicht das geringsteInteresse, etwas über den Hintergrund des Suizids herauszufinden.«
    »Das ist auch nicht seine Aufgabe, Herr Engler. Er hat nur zu klären, ob Ihren Vater irgendeine Schuld trifft und ob es sich tatsächlich um eine Selbsttötung gehandelt hat.«
    »Genau das ist die Frage. Es gibt einen Zeugen, der den Selbstmörder kurz vor der Tat beobachtet hat.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Hat dieser Kommissar erwähnt.«
    Schwarz sah Engler fragend an.
    »Der Zeuge hat ausgesagt, dass der Selbstmörder nicht allein war.«
    »Das hat Ihnen Buchrieser auch verraten?«
    »Ja, allerdings mit der Bemerkung, der Mann sei nur ein Aufschneider.«
    ›Aufschneider‹ klingt nach Buchrieser, dachte Schwarz. Und wenn er den Zeugen so charakterisiert, stimmt es wahrscheinlich auch.
    »Der Mann ist Gleisbauer«, fuhr Engler fort. »Ich kann Ihnen seinen Namen und seine Adresse geben.«
    »Mir?«
    »Ich dachte, Sie hätten verstanden, dass ich Sie engagieren möchte?« Er hielt Schwarz die Hand hin.
    »Moment, so schnell bin ich nicht. Was wäre der Auftrag?«
    »Dass Sie diesem Zeugen auf den Zahn fühlen. Vielleicht hat der Kommissar ja recht, aber falls nicht   …« Er

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