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Personenschaden

Personenschaden

Titel: Personenschaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Probst
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akzeptierten, wie er war.
    Blödsinn, dachte Schwarz, das ist doch alles nicht wahr.
    Er rief sich seinen Geburtstag in Erinnerung, den Moment, als die Überraschungsgäste alle zugleich husteten und lachten, die Lieder, die Komplimente und Umarmungen. Er war alles andere als ein einsamer Mensch. Er war höchstens ein wenig wetterfühlig und neigte bei Temperaturstürzen nun mal zur Melancholie.
    Schwarz startete den Motor. Wieso sollte er überhaupt jemanden besuchen? Er liebte seine Wohnung und außerdem wartete dort eine Aufgabe auf ihn. Eine Aufgabe, die er aus Zeitmangel immer verschoben hatte. Schon lange wollte er die unzähligen, gesammelten Zeitungsartikel in eine vernünftige Ordnung bringen, eine chronologische zuerst, und dann vielleicht sogar eine systematische. Dieser Plan hob seine Stimmung merklich. Vielleicht hatte seine Mutter auch etwas gekocht.
     
    Vor dem ›Koh Samui‹ stand ein Wagen, den er gut kannte. Monika unterhielt sich im Imbiss mit Jo. Als sie Schwarz entdeckte, lief sie ihm entgegen.
    »Hallo, Anton.«
    »Monika, wie geht’s?«
    »Beschissen, aber darauf brauchst du dir nichts einzubilden.«
    Schwarz zog es vor, diese Spitze unkommentiert zu lassen. Monika würde es ihm so oder so nicht glauben, dass er sie nicht hatte verletzen wollen.
    »Ich habe meine Ohrringe bei dir liegen lassen.«
    »Soll ich sie dir schnell holen?«
    »Ich komme mit. Ich weiß, wo sie sind.«
    Schwarz war sich nicht ganz sicher, ob Monika bei ihrem letzten Besuch wirklich Ohrringe getragen hatte. Sie stiegen schweigend die Treppe hoch.
    Das ist jetzt das letzte Mal, dachte Schwarz. Er sperrte die Tür auf und stutzte. Die Wohnung lag im Dunklen. Wo war seine Mutter?
    »Hildegard ist bei Barenboim.«
    »Bei Barenboim?«
    Schwarz wunderte sich, dass sie ihm davon nichts erzählt hatte. Sie liebte und bewunderte diesen Dirigenten.
    »Die Karte habe ich ihr geschenkt.«
    Schwarz beschlich das unangenehme Gefühl, dass hinter Monikas Lächeln eine Gefahr lauerte. Jetzt kniete sie sich neben sein Bett und begann zu suchen. »Es waren die türkisfarbenen, die du mir zu unserem zehnten Hochzeitstag geschenkt hast.«
    Er erinnerte sich, aber diese Ohrringe hatte sie bereits vor Jahren nach einer Studienreise durch Sizilien vermisst. Trotzdem half er bereitwillig, als Monika ihn bat, mit ihr das Bett ein Stück zur Seite zu rücken.
    Sie stellten sich nebeneinander, gingen in die Knie und versuchten, das schwere Gestell anzuheben.
    »Auf Kommando«, sagte Schwarz. »Und jetzt!«
    Monika richtete sich auf.
    »Was ist?«
    »Ich habe die Ohrringe damals in Agrigento liegen lassen.«
    »Ich weiß.«
    »Warum hilfst du mir dann, sie in Pasing zu suchen?«
    Schwarz rang sich ein Lächeln ab. »Ich kann dir immer noch keinen Wunsch abschlagen.«
    Plötzlich spürte er, dass Monika seinen Kopf festhielt und ihn auf den Mund küsste. Sie ließ ihn wieder los und schaute ihm in die Augen. Ihr Blick war zornig. Auch ihr Kuss war eher wie ein leichter Schlag auf seine Lippen gewesen.
    An diesem Punkt hätte Schwarz noch den Rückzug antreten können. Er hätte sagen können,
Monika, lass uns keinen Fehler machen.
Er sagte es nicht und küsste sie sanft. Monika zog ihn ungeduldig aufs Bett. Die Zeit der Zärtlichkeiten war wohl endgültig vorbei. Sie rissen sich die Kleider herunter, nicht alle, nur die, die im Weg waren. Als er in sie eindrang, spürte er einen kurzen, brennenden Schmerz. Es war wohl nicht so, dass ihr Körper sich nach ihm gesehnt hatte. Ihr Kopf wollte ihn – und nur er. Es wurde ein wütender, verzweifelter Kampf, aber nach wenigen Minuten war er vorbei.
    »Gut«, sagte Monika und zog sich wieder an.
    Schwarz war zu aufgewühlt, um gleich aufstehen zu können. Er betrachtete Monika. Diese Frau hatte er mehr als jede andere geliebt. Er war todtraurig über den Verlust ihrer Liebe und gleichzeitig erleichtert. Er wusste, dass er sich nun nicht mehr nach ihr sehnen würde. Hatte sie das bezweckt?
    »Hast du schon zu Abend gegessen, Anton?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Dann zieh dir was an und lass uns auf ein richtig scharfes Curry zu Jo gehen.«

38.
    Es gelang ihnen tatsächlich, nicht zu streiten, und sie machten sich keine Vorwürfe. Dabei half ihnen die stillschweigende Übereinkunft, kein Wort über den Verlust ihrer Liebe zu verlieren. Es gab so viele andere Themen, nicht zuletzt Luisa.
    »Hast du eine Ahnung, warum Sie keinen Mann findet?«, sagte Schwarz.
    »Sie hat doch Männer.«
    »Ja, aber nie eine

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