Perth
braunen Hinterkopf auf dieser freudigen Fahrt. Ich legte meine Hand gegen ihre weiße Brust und rieb sanft meine Nase an ihr. Auf dem ganzen Weg plauderte ich mit ihr. Sie hat alles verstanden, da bin ich sicher.
Sie muss enttäuscht gewesen sein, Cindy nicht zu Hause vorzufinden, aber ich sagte ihr, dass sie ihr Frauchen nachmittags in der Schule treffen würde. In der Zwischenzeit rannte sie überallhin, durch das Haus, den Garten und die Nachbarschaft, sie saugte alles in sich auf. Ich hätte sie gerne ans Meer gebracht, wollte damit aber auf Cindy warten.
Um drei Uhr nachmittags fuhren wir zur Schule. Ich blieb im Auto und sah zu, wie Perth vor dem Vordereingang der Schule wartete und auf die Tür starrte, um irgendeine Spur von Cindy zu entdecken. Schüler strömten heraus, dann Lehrer, aber noch immer keine Spur von ihr. Endlich tauchte sie auf. Mit einem Satz war Perth bei ihr, mit ihren Pfoten auf Cindys Rock, ihre braunen Augen auf ihr Gesicht geheftet. Cindy ließ sich auf den Boden fallen und rief »Perth, Perth, Perth«. Sie nahm sie in ihre Arme und rollte auf den Rücken, während Perth über sie drüber kletterte. Da waren sie, alle beide, und gingen völlig in ihrer gegenseitigen Freude auf. Wir drängten uns ins Auto und fuhren beschwingt heimwärts, um Tee zu trinken. Nach ein paar Stunden waren wir beim Meer und gingen am Strand spazieren. Perth rannte wie in vergangenen Zeiten hin und her, und die untergehende goldene Sonne tauchte ihren Körper in ein wunderbares Licht, als sie geschmeidig dahinflog.
Kapitel 10
N achdem ich die Topografie von Vermont studiert und mich mit verschiedenen Menschen dort unterhalten hatte, konnte ich mir zusammenreimen, was mit Perth geschehen war. Ab der ersten Minute, nachdem wir das Ferienlager verlassen hatten, lief es schlecht für sie.
»Perth hat es hier nicht gefallen«, erzählte mir Mrs. Roy kühl und mit tadelnd erhobenem Zeigefinger wie eine Schuldirektorin, als ich sie ein Jahr später in ihrem Camp besuchte. »Sie hätten sie nie hier lassen sollen, wo Sie doch genau wussten, dass sie unglaublich an Ihnen hängt. Ihr Auto war kaum außer Sichtweite, als sie nach einem Betreuer schnappte, der sich ihr näherte. Eigentlich überraschte es mich, dass sie nicht fortlief, und wir gaben ihr ein paar Tage lang die Gelegenheit, sich einzugewöhnen, aber die Mädchen bekamen Angst vor ihr. Ich hatte selbst zu viel mit der Organisation zu tun, um mich um sie zu kümmern .« Offensichtlich hatte sie vergessen, dass sie in ihrem Brief geschrieben hatte, keines der Mädchen sei von Perth gebissen worden, und fügte daher hinzu: »Als sie eine Teilnehmerin biss, musste sie das Camp verlassen. Es tut mir Leid, Dr. Martin, aber Ihr Hund ist nicht jedermanns Sache. Sie sollten ihn nie ohne Leine laufen lassen. Eines Tages wird man Sie sonst noch verklagen .«
Ich fühlte mich wie ein ungezogener Schuljunge, der beim Klauen von Keksen aus dem Refektorium erwischt worden ist. Aber wir wussten nun, dass meine schlechte Behandlung von Perth nicht funktioniert hatte. Sie liebte mich deshalb nicht weniger. Sie war nur noch unglücklicher darüber, dass sie zurückgelassen wurde, und entschlossener, den Sommer nicht dort zu verbringen. Rückblickend erkannte ich, dass sie auf ihre Weise gespürt haben musste, warum ich sie so behandelte. Sie empfand es als Liebe. Sie ließ sich nicht täuschen. Aber sie wusste nicht, wie sie uns folgen sollte. Schließlich hatten wir ihr die Augen verbunden. Also wartete sie darauf, dass wir sie wieder abholten.
Aber dann wurde sie auf die Farm verbannt, was noch schlimmer war. In einer düsteren Scheune angekettet zu sein und außer dem mürrischen Jungen niemanden zu sehen war die Hölle für sie. Sie wartete, aber als sie es nicht mehr aushielt, türmte sie. Sie schnellte los wie eine gespannte Feder, entschlossen, uns aufzuspüren und nicht darauf zu warten, dass sie abgeholt würde. Sie rannte den Weg von der Farm hinunter, der zum Wald und den Ausläufern der Green Mountains führte. Ganz Vermont lag vor ihr, aber sie hatte keine Ahnung, in welche Richtung sie laufen musste. Ein oder zwei Wochen rannte sie ziellos umher, weil es keinen Ort gab, den sie kannte, keinen Platz, an dem sie zu Hause war. Das Wichtigste war, in Bewegung zu bleiben, Tag und Nacht, und sich nicht fangen zu lassen.
Sie lief nach Norden. Es gab zwei Wege. Entweder sie blieb im flachen Land, an den lauten verkehrsreichen Straßen, oder sie stieß in den Wald
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