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Pesch, Helmut W.

Pesch, Helmut W.

Titel: Pesch, Helmut W. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Kinder der Nibelungen
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offensichtlich nicht grundlos feindlich gesinnt war. Ihm war, als könnte er Neugier im Blick des anderen erkennen.
    »Ich bin Mîm, Hordenführer von Alberichs Volk«, sagte er knapp, und seine dunklen Augen blitzten Hagen aufmunternd an.
    »Und wer bist du?«
    »Mein Name ist Hagen. Meine Freunde und ich wurden von deinen Leuten gehetzt, und dann wollte uns …«
    »Was meinst du mit ›meine Freunde‹?«, unterbrach ihn Mîm scharf.
    »Der Einäugige«, mischte sich der andere der beiden Schwarzalben ein, die Hagen hergeschleppt hatten, »hat nicht nur ihn, sondern noch zwei weitere Kinder aus Midgard in die Anderswelt ge-führt. Die Lios-alfar retteten den Alten und die beiden anderen.«
    »Die Übrigen von uns«, beeilte sich der andere zu versichern,
    »versuchen zu spähen, aber die Bleichen scheinen überall zu sein.«
    Mîm sah die beiden Krieger finster an, dann wandte er sich wieder dem Jungen zu.
    »Wie heißen deine beiden Freunde?«, fragte er.
    »Siggi – nein, eigentlich Siegfried – und Gunhild«, entgegnete Hagen, der keinen Grund sah die Namen seiner Kameraden zu ver-schweigen.
    Mîms Gesicht bekam einen nachdenklichen Zug; er sah Hagen an, der diesem durchdringenden Blick nicht standzuhalten vermochte. Hagen sah zu Boden; er konnte sich nicht erklären, was der Schwarzalbe an seiner Antwort so bemerkenswert gefunden hatte.
    »Gut«, kam schließlich die Entscheidung, »bringt ihn vor den König. Ich glaube, unser Meister wird sehr interessiert sein, was die Träger dieser großen Namen in die Anderswelt verschlagen hat, noch dazu in einer Nacht wie dieser …«
    Hagen sah Mîm an. Dessen untersetzter, muskulöser Körper straffte sich. Im fahlen, kalten Licht, das von den Wänden des Ganges strahlte, fand Hagen, dass die Swart-alfar hier, aus der Nähe betrachtet, nicht halb so erschreckend wirkten wie in der fast nachtdunklen Dämmerung des Waldes, wo sie gesichtslosen Schatten ge-glichen hatten.
    Hagen überragte Mîm und die anderen Schwarzalben zwar um nahezu einen Kopf, aber er war längst nicht so muskulös, und er wusste, dass Flucht zwecklos war. Die Swart-alfar waren schneller und stärker als er, und diese Höhlen waren ihre Heimat. Und es kam noch etwas hinzu: Nach und nach hatte seine anfängliche Angst zu schwinden angefangen und einer gewissen Neugier Platz gemacht. Immerhin würde man ihn vor den König führen – ihren Meister, wie der Swart-alf ihn genannt hatte.
    »Versprichst du mir«, sagte Mîm, zu ihm gewandt, »keinen Fluchtversuch zu unternehmen? Dann wirst du die Ehre haben, unter meinem Geleit vor König Alberich zu treten. Andernfalls werden wir dich in seine Halle schleifen müssen.«
    Obwohl dies eine kaum verhüllte Drohung war, ließ der Tonfall es nicht als solche erscheinen. Es klang, als würde ihm, Hagen, die freie Wahl gelassen, in allen Ehren vor den König geführt oder ihm wie ein nasser Sack vor die Füße geworfen zu werden.
    Hagens Stolz schmeichelte es, das man ihm die Wahl ließ und gleichzeitig seine Flucht zumindest für denkbar hielt. Fast, als fürchtete man ihn auch ein wenig. Er sah Mîm in die Augen, versuchte, deren Blick standzuhalten, und war selbst erstaunt, als es ihm gelang.
    »Ich verspreche, nicht zu fliehen. Führt mich vor euren König«, sagte er mit fester Stimme. Dann lächelte er, und der Swart-alf erwiderte das Lächeln.
    »Vorwärts!«, befahl Mîm. »Bringen wir diesen Knaben aus Midgard vor unseren Meister in die Hohe Halle.«
    Die beiden Schwarzalben fielen links und rechts hinter Hagen in Schritt, während Mîm neben ihm ging.
    Der Junge fühlte sich urplötzlich gar nicht mehr als Gefangener, sondern vielmehr wie ein Besucher, dem der Weg gewiesen wurde.
    Hoffnung keimte in ihm auf, dass alles doch nicht so schlimm werden würde, wie es zu Beginn ihres Abenteuers im Wald erschienen war.
    Sie schritten durch ein verwirrendes Labyrinth von Gängen, Hallen, großen und kleinen Höhlen. Das fahle Licht wechselte ständig in seiner Intensität; mal wurde es stärker, dann wieder schwächer.
    Hagen konnte sehen, dass manche der Gänge keines natürlichen Ursprungs, sondern wie die Stollen eines Bergwerks aus dem Fels gemeißelt waren. Andere waren nur ein wenig erweitert worden, während es sich bei wieder andere tatsächlich um natürliche Öffnungen handelte, die den Berg durchzogen. Das Ausmaß dieser Höhlen war riesig, und es erstreckte sich nicht nur in die Breite, sondern auch in die Tiefe. Wie lange mochte es gedauert

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