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Pesch, Helmut W.

Pesch, Helmut W.

Titel: Pesch, Helmut W. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Kinder der Nibelungen
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er hätte alles getan, um seinem Vater zu gefallen, um ihm Ehre zu machen im Kampf gegen die bleiche Brut, die Lios-alfar. Aber er hatte versagt, kläglich versagt.
    Alberich, der Nibelung …
    Der König der Swart-alfar hatte alles so klug eingefädelt. Der Plan war perfekt gewesen. Sie hätten die Kraft des Runenspeers gewonnen, den Ring zurückerhalten und Odin hinters Licht geführt. Zu guter Letzt hätten sie sich auch noch Brisingamen genommen, das Halsgeschmeide der Verborgenen Königin. Aber alles war geschei-tert. Und nur, weil er einen winzigen Augenblick lang gezögert hatte.
    Das erste Mal…
    Er hatte noch nie vorher getötet, noch nie, und er hatte gemerkt, dass vom Töten zu reden eine Sache war, aber es dann auch wirklich zu tun eine völlig andere. Kurz nur war ihm der Gedanke gekommen, dass er Siggi mit einem Stoß auslöschen, ihn aus dem Kreis der Lebenden reißen würde. Immerhin hatte Siggi ihn aus den Fesseln befreit, die als Falle gedient hatte.
    Siggi…
    Siggi hatte zuerst an ihn gedacht, hatte ihn wirklich befreien wollen. Das hatte ihn zögern lassen. Vielleicht war er ja doch ein Freund, vielleicht täuschte er sich in Siggi, den er hatte umbringen sollen. Möglicherweise war er kein Dieb…
    Dieser hinterhältige Bastard …
    Mit einem Mal wurde Hagen klar, dass Siggi der abgefeimteste Schuft war, der ihm je begegnet war. Siggi hatte gewusst, dass Hagen bei den Swart-alfar Gehör finden würde. So hatte der Dieb und Verräter gewiss auch geahnt, dass man eine Falle für ihn aufgestellt hatte. Und er musste gewusst haben, dass er, Hagen, dazu auserse-hen war, ihn zu töten; denn schließlich hatte schon einmal ein Hagen einen Siegfried getötet. Sicher hatte Siggi von vornherein ge-plant, Zweifel in ihm zu säen, damit er diesen Moment zögern wür-de, und ihm so die größte Demütigung zugefügt, die Verbannung und Entehrung durch seinen Vater.
    Siggi ist an allem schuld …
    Dieser gemeine Hund hatte dafür gesorgt, ihn vom Gipfel seiner Macht zu stoßen. Sollte er Siggi noch einmal begegnen, würde er ihn ohne Rücksicht auf Verluste sofort töten, um diesen Verräter, Dieb und Bastard in die Hölle zu jagen…
    Hagen rannte einfach weiter in die Höhlen hinein. Durch seine tränenverschleierten Augen konnte er nicht sehen, wohin er lief, aber war es nicht gleich, wohin ihn sein Weg führte? Einen Freund verloren, vom Vater verstoßen. Nie würde er den Swart-alfar wieder unter die Augen treten können …
    Er konnte ihnen nur noch einen Dienst erweisen: Siggis Tod.

    Und seinen Stolz, seine Ehre konnte er zumindest für sich selbst wiederherstellen.
    Recht so, vernahm Hagen in sich die bekannte Stimme, die er schon so oft gehört hat. Nur der Tod des Frevlers kann deine Ehre wiederherstellen. Die Rache ist dein.
    Sie war wieder da, die Stimme, die ihn auf dem Weg in die Kö-
    nigshalle schon begleitet, die ihm gesagt hatte, was er tun musste.
    Für Hagen war sie wie sein Schatten, etwas Vertrautes. Gleichzeitig fühlte er sich ungeheuer erleichtert, fast war er glücklich; denn nicht jeder hatte ihn verlassen.
    Noch ist der Kampf nicht verloren, denn der Verräter ist noch in der Anderswelt. Du kannst die Achtung deines Vaters wiedergewinnen, wenn du den Dieb tötest, hauchte es verführerisch in ihm.
    »Aber niemand bringt mir Mîm zurück«, sagte Hagen, dem nicht bewusst war, dass er der Stimme in seinen Gedanken laut antwortete.
    Er wusste nicht, wem diese Stimme gehörte, aber sie war sein letzter Freund; sie hatte ihm die Augen über Siggi geöffnet, hatte seine ganze Falschheit und Hinterlist bereits erkannt, als er nur einen Teil davon ahnte.
    Ja, ich habe dir geholfen, den Verräter zu durchschauen, der den Namen des Drachentöters trägt, säuselte die Stimme.
    »Danke«, entgegnete Hagen schlicht.
    »Ich tue das für dich, weil du es wert bist«, kam die Stimme plötzlich aus dem Nichts, aber sie war nicht mehr in ihm, sondern schien aus den Wänden zu dringen. Hagen konnte sie hören.
    »Ich habe versagt, habe …«, Hagen war niedergeschlagen. »Er hat mich gedemütigt.«
    »Aber du kannst es wieder gutmachen«, antwortete die Stimme eindringlich. »Ich kann dir dabei helfen, wenn du es wirklich willst, Hagen. Nur du kannst es vollenden.«
    »Aber wie? Ich habe einmal versagt, habe einmal gezögert. Das Gift seiner blauen Augen, die Freundschaft künden, aber Hass meinen, hat mich die Tat nicht zu Ende führen lassen«, sagte Hagen, und er wunderte sich selbst über

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