Pesthauch - Band 1 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
unsterbliche Gefahr, denn jederzeit konnte mich der Blutrausch packen und in einen Drachen verwandeln und es gab nichts, was ich dagegen unternehmen konnte. Ich beschloss, der Sache ihren Lauf zu lassen. Dann war ich eben ein Drache! Es würde schon einer kommen und mich umbringen und den Fluch übernehmen! Aber es kam anders. Seit ich Drache geworden war, hatte ich festgestellt, dass ich weniger Schlaf benötigte, als der gemeine Mensch es tut, und auch weniger an Nahrung und Getränken. Ich sah besser denn zuvor und mein Gehör war dem eines Luchses ebenbürtig. Ich ging nach Sibirien, schon immer ein Land mit dünner Bevölkerung. Ich war ein guter Jäger und belieferte einige Dörfer mit Fleisch. Eines Tages lud mich der Schamane eines dieser Dörfer zu einem Ritual ein, um mich zum Blutsbruder des Stammes zu machen. Ich willigte ein, und an diesem Abend veränderte der alte Mann mein Leben. Er zelebrierte ein Ritual, sang und trommelte, und wir tranken ein Gebräu, dass auf mich aber keine Wirkung zu haben schien. Doch dann hieß der Schamane mich, meinen Arm mit seinem zu überkreuzen, und er schnitt mit seinem Messer in beide Arme, dass das Blut floss. Dann presste er seine Lippen auf meine Schnittwunde und trank von meinem Blut. Er nahm nur ein paar Tropfen und dann legte ich meine Lippen an sein Blut und eine rote Welle schoss durch meinen Körper, riss mich entzwei und fügte mich mit eisigen Nadeln wieder zusammen. Menschenblut, das war es, was der Drache verlangte und das er sich holte, wenn er es brauchte! Ich hatte es in meiner menschlichen Gestalt getrunken und es hatte den Drachen berauscht und mich seine Gefühle empfinden lassen. Das war die Fessel für den Drachen, nach der ich gesucht hatte! Wenn ich Menschenblut trank, sobald der Drache sich in mir rührte, schlief dieser wieder ein. Aber ich musste töten, so oder so! Doch war das wirklich eine Wahl? Der Drache tötete Hunderte, Tausende, Millionen, wenn er konnte, ich dagegen nur wenige … und ich versuchte möglichst immer Opfer zu finden, die es verdienten. Mörder, Totschläger. Aber nicht jeder war geeignet. Es war der Geruch, der mich leitete. Vereinfacht gesagt gibt es fünf Arten von Gerüchen für den Drachen, die Menschen betreffend, und nur zwei davon sind ihm lieb. Die anderen drei sind zwar nicht sicher vor ihm, denn er würde sie aus reinem Hass heraus morden, doch würde er sie nicht als Nahrung auswählen, und ich muss mich bei der Wahl der Opfer nach diesen beiden Menschentypen umsehen.“
Das war eine unglaubliche Geschichte, die ich da eben gehört hatte, und ich wusste wahrhaftig nicht, was ich denken sollte. Unglaublich? Ein Blick auf den Torso des Vampirs, der aus der Lache am Boden herauswuchs, belehrte mich eines Besseren.
„Dann war dies die Geburtsstunde der Vampire!“, sagte ich, mehr laut denkend als mit dem Vampir redend. „Was für eine Ungerechtigkeit, wenn man es bedenkt, dass ausgerechnet der, der als Retter auftritt, als Einziger die Last tragen muss!“
Der Vampir musterte mich mit einem seltsamen, langen Blick. Er bewegte seine Schulter und anscheinend bekam er seine Arme nun langsam wieder. Ich wich dem Blick aus und erhob mich. Ich hatte schließlich den Silberstab noch nicht gefunden. Dazu musste ich dicht an den Vampir heran. Da er noch ohne Arme war, ging ich nicht davon aus, dass er mir gefährlich werden konnte, und so kniete ich mich neben ihm auf den Boden.
„Könnt Ihr mir sagen, wo ich den Silberstab finden könnte, Georgios? Wo in Eurer Kleidung hattet Ihr ihn verwahrt?“
„In meinem Umhang, innen auf der linken Seite. Dort findet Ihr eine Tasche und darin das Drachenherz. Den Silberstab, wie Ihr ihn nennt,“ antwortete der Vampir.
Ich musterte das Gemisch aus Blut und Stoff und zog endlich an einem ledern wirkenden Lappen. Ein langgezogenes Stöhnen drang aus dem Mund des Vampirs.
„Ihr habt Schmerzen?“, fragte ich besorgt. Der Vampir nickte.
„Endlose Schmerzen seit dem Tag, an dem ich das erste Mal starb. Das Regenerieren ist schmerzvoll, aber solange ich in diesem Zustand bin, ist mein Gewebe empfindlich gegen jede Art von Berührung. Ich bitte Euch also, macht schnell! Holt das Drachenherz heraus, ich werde es schon aushalten. Umbringen wird es mich nicht!“
Ich besah mir den Lappen genau. An einer Stelle schien eine Tasche erkennbar zu sein. Ich atmete tief ein und griff beherzt zu. Meine Finger berührten Metall und schlossen sich darum. Ich zog meine Hand zurück und
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