Pesthauch - Band 1 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
während der Vampir den Blick dorthin gerichtet hielt, woher sie kamen. Rebekka stierte in die vorbeitreibenden Fetzen aus Nebel und Nieselregen. Was für ein furchtbares, schreckliches, wundervolles und doch vor allem unzulässiges Gefühl tobte da nur in ihr! Und was war das für ein Schatten, der sich hinter den Schatten des Gesträuchs zurückzog?
Rebekka drückte ihren Kopf dicht an die Scheibe und kniff die Augen zu Schlitzen zusammen, um schärfer sehen zu können.
Georgios war ihre Bewegung nicht entgangen.
„Was hat Euer Interesse geweckt, wenn ich fragen darf?“
Rebekka nahm den Blick nicht vom Nebel fort und antwortete mit leiser Stimme.
„Wenn ich mich nicht getäuscht habe, dann vermute ich, dass uns jemand folgt. Ein Schemen im Nebel, der sich zurückzog, als wir uns näherten, nicht mehr … Vielleicht irre ich mich ja auch …“
Der Vampir seufzte.
„Die Erfahrung lehrt mich, dass solche Vermutungen meist der Wahrheit nahe kommen. Wenn Ihr denkt, etwas gesehen zu haben, dann ist das Grund genug, weitere Vorsicht walten zu lassen.“
Georgios erhob sich, und ehe Rebekka nur die Hand heben konnte, hatte der Vampir den Schlag der Kutsche geöffnet und schwang sich in einer einzigen, flüssigen Bewegung hinaus und hoch zum Kutschbock. Schon eine Minute später kam er auf gleichem Weg wieder herein, schloss die Türe hinter sich und ließ sich in derselben Position nieder, die er zuvor innegehabt hatte.
„Ich habe von Steinborn in Kenntnis gesetzt von Eurer Beobachtung, Monsieur. Er kann von dort oben besser ein Auge auf das halten, was vielleicht hinter uns her kommt, als wir es von hier drinnen vermögen.“
Georgios lächelte verhalten. Es amüsierte ihn ungemein, die verkleidete Frau mit dem französischen Monsieur anzusprechen.
„Sehr gut“, erwiderte Rebekka knapp und hüllte sich weiter in Schweigen, den Blick aus dem Fenster auf die vorbeischwankende Landschaft gerichtet, die in Dunst und Regen nur zu erahnen war. Nur nicht mit ihm reden , dachte sie. Nicht an ihn denken und schon gar nicht hinsehen. Aber wie konnte sie ihn ignorieren, hier in diesem engen Kasten auf Rädern? Wie konnte sie nicht an ihn denken?
Georgios ahnte, was in der jungen Frau vorging, und er respektierte ihren Kampf. Er war ein Vampir, aber er war nicht gefühllos. Er konnte lieben und hassen wie jeder Mensch, ja, vielleicht sogar intensiver, tiefer, denn er hatte Jahrhunderte gehabt, um das zu lernen. Er hatte auch gelernt, seine Gefühle zu beherrschen, aber nie, sie zu unterdrücken. Und er selbst fühlte sich auch zu der attraktiven jungen Frau hingezogen, aber was stand nicht alles zwischen ihnen! Er hatte ihre Schwester getötet, und wegen ihres Hasses auf ihn war sie zur Mörderin geworden, hatte getötet. Wie hätte er da den ersten Schritt machen können? Er musste Geduld haben, warten, wie sie sich entschied, und das würde er akzeptieren, wie ihre Wahl auch aussehen würde.
Also schwieg auch Georgios. Seinen Blick hielt er aber auf sein Gegenüber gerichtet.
Schatten
Der Stallknecht nahm Wimmer das dampfende Pferd ab und führte es in die Stallungen, um sich um das Tier zu kümmern. Wimmer hatte es angetrieben und war so schnell geritten, wie es Wetter und Wegezustand zugelassen hatten.
Courtyard saß noch immer oder vielleicht auch schon wieder in der Schankstube und trank, aber als Wimmer in die Stube trat, stellte der Engländer seinen Humpen abrupt ab. Wimmer schob sich auf die Bank, dem ehemaligen General gegenüber. Der Wirt warf einen Blick herüber, Wimmer nickte und die Magd brachte ihm kurz darauf einen Humpen Bier, wie ihn der General vor sich stehen hatte. Als die Bedienstete außer Hörweite war, beugte sich Courtyard vor.
„Nun?“, fragte er nur und Wimmer berichtete ihm. Die Kutsche hatte nicht gewendet und war auch nicht auf irgendwelchen Umwegen gefahren, sondern auf der Hauptstraße, wenn man die schlammige Route denn so nennen wollte. Er hatte sie bis zu einem Gasthof verfolgt, an dem sie einen Halt eingelegt hatten um die Pferde zu versorgen. Von dort aus seien sie weiter auf der Straße gefahren, die nach Antwerpen führte. Er habe ihnen nicht weiter folgen wollen, da er sonst nicht mehr vor dem Abend zurück gewesen wäre, führte Wimmer noch aus.
Der Engländer starrte auf die Tischplatte, eine Hand am Henkel seines Humpens, die andere zur Faust geballt.
„Dann werden wir noch heute Nacht in die Burg eindringen und uns auf die Lauer legen. Geht zu meinen
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