Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pestmond (German Edition)

Pestmond (German Edition)

Titel: Pestmond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
schmerzerfüllt aufkeuchte. Auf seiner Stirn perlte kalter Schweiß.
    »Humbug!«, sagte er trotzdem noch einmal. »Ich brauche nur einen Moment, um zu Kräften zu kommen. Das ist alles.«
    »Ich verstehe«, sagte Andrej. »Du willst hier liegen bleiben und mir die ganze Arbeit überlassen.«
    »Dann wüsstest du wenigstens, wie ich mich sonst immer fühle«, bestätigte Abu Dun. »Aber freu dich nicht zu früh! Ich werde dir bestimmt nicht … den ganzen Spaß allein … überlassen.«
    Andrej hätte nicht einmal genau sagen können, was dieser Behauptung mehr Glaubwürdigkeit nahm: das hörbare Zittern seiner Stimme oder das trockene Husten, das den Worten folgte. Besorgt musterte er den Nubier. Eine Kugel mochte ihn nicht umbringen können (und wenn doch, dann nicht für lange), aber so lange sie so nahe bei seinem Herzen steckte, würde er sich auch nicht erholen. Nicht schnell und nicht genug, um dem gewachsen zu sein, was sie erwartete. Gerade wollte er ihn darauf hinweisen, doch Abu Dun kam ihm zuvor.
    »Ich habe es gesehen«, sagte er.
    »Was?«
    Abu Dun wies mit dem Kopf zum Achterdeck hinauf. »Was du getan hast.«
    »Das, was deine Aufgabe gewesen wäre«, bestätigte Andrej. »Aber du hast es ja vorgezogen, ein Nickerchen zu machen.«
    »Du weißt, was ich meine. Hast du ihn … genommen?«
    Andrej maß ihn mit verärgertem Blick. »Hier an Deck und vor aller Augen?«, empörte er sich. »Und noch dazu einen Mann? Pirat, ich bitte dich!«
    Abu Dun blieb ernst. »Du weißt, wovon ich spreche.«
    Andrej war erleichtert, als er in diesem Moment Schritte hinter sich hörte. Als er aufsah, blickte er in Hasans Gesicht. »Ist alles in Ordnung mit deinem Freund?«
    »Ja«, sagte Abu Dun, und Andrej im gleichen Moment »Nein«. Abu Dun redete weiter. »Und sein Freund kann diese Frage auch selbst für sich beantworten. Obwohl er schwarz ist. Und darüber hinaus mag er es auch nicht, wenn man in seiner Gegenwart so über ihn spricht, als wäre er gar nicht da.«
    Hasan gestattete sich ein kleines Lächeln, das seine Augen nicht erreichte. »Ja, mir scheint, du bist schon wieder ganz der Alte.«
    Abu Dun grunzte etwas Unverständliches und rappelte sich auf. Dann hustete er und streckte rasch die Hand aus, um sich an der Bordwand festzuhalten, wobei er geschickt den Eindruck zu erwecken versuchte, das heftige Schwanken des Schiffes habe ihn aus dem Gleichgewicht gebracht. Darauf mochte Hasan hereinfallen, Andrej tat es nicht.
    »Wie schlimm ist es?«, fragte er.
    Es war Ali, der antwortete, nicht Hasan. Andrej hatte nicht einmal gemerkt, dass er zu ihnen getreten war. »Schlimm genug. Wir haben drei Männer verloren, und beinahe alle anderen sind verletzt. Einer sehr schwer. Er wird sterben.«
    »Aber für den Moment haben wir sie zurückgeschlagen«, sagte Hasan. »Diese Chance sollten wir nutzen.«
    »Das haben wir nicht«, sagte Abu Dun. Und hustete.
    Hasan machte ein betroffenes Gesicht, sah kurz zu der brennenden Caravelle hin und wandte sich dann fast Hilfe suchend an Ali, doch der Assassine schüttelte nur bedauernd den Kopf. »Der Mohr hat recht, fürchte ich. Wir haben eine Atempause gewonnen, mehr aber auch nicht.« Auch sein Blick streifte das große Schiff, das sich immer schneller zu entfernen schien, auch wenn es in Wahrheit genau anders herum war. Einmal aus dem Sog des größeren Schiffes heraus und von den Enterhaken befreit trieb die Pestmond von der Caravelle weg und wurde sogar schneller, wenn auch nicht annähernd genug und gewiss nicht auf Dauer.
    »Sie lecken ihre Wunden«, bestätigte Abu Dun. »Ich würde ihnen gerne noch ein paar mehr schlagen.«
    »Geh lieber ans Steuer«, sagte Andrej. »Jede Meile, die wir gewinnen, ist eine Meile mehr, die sie wieder aufholen müssen.«
    »Von wie vielen bis zur Straße von Messina?«, fragte Abu Dun verächtlich. Sein Gesicht war schweißbedeckt. »Wir müssen kämpfen!«
    Das klang gut, hätte sich der Nubier dabei nicht so schwer auf die Bordwand gestützt, dass Andrej fast erwartete, dass die Pestmond erneut Schlagseite bekam.
    »Geh ans Ruder«, sagte er beinahe sanft. »Schaffst du das?«
    Abu Dun bedachte ihn mit einem beinahe mitleidigen Blick, doch Andrej fuhr in eindringlichem Ton fort: »Ich weiß, dass wir ihnen nicht entkommen können, aber lass es uns wenigstens versuchen.« Auch wenn es im Grunde nichts als Zeitverschwendung war, flüsterte eine Stimme in seinem Inneren. Abu Dun hatte recht. Sie mussten kämpfen. Und sie hatten durchaus

Weitere Kostenlose Bücher