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Pestmond (German Edition)

Pestmond (German Edition)

Titel: Pestmond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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feststellte, dass er sich ganz allein in dem schmuddeligen Laderaum befand. Von irgendwoher kam Tageslicht, und eine Möwe schrie. War ihre Reise schon zu Ende?
    Diese Vorstellung war verrückt, denn das hätte bedeutet, dass er die ganze Nacht und einen kompletten Tag sowie eine weitere Nacht verschlafen hätte, und daran würde er sich ganz gewiss erinnern. Aber sie hatten angehalten, und das ganz offensichtlich in der Nähe von Land, wie allein der krächzende Schrei der Möwe bewies, der sich nun nicht nur wiederholte, sondern auch deutlich näher klang. Hasans Pläne hatten das nicht vorgesehen, was darauf hindeutete, dass wieder einmal etwas nicht so gelaufen war, wie es der Alte vom Berge geplant hatte. Nicht, dass ihn das auch nur im Geringsten überraschte … Aber warum zum Teufel hatte Abu Dun ihn nicht geweckt?
    Immer noch verschlafen, tastete er nach dem Lager des Nubiers und stellte fest, dass die zerschlissenen Lumpen schon kalt waren. Abu Dun ließ normalerweise keine Gelegenheit ungenutzt verstreichen, um ihn zu foppen oder die eine oder andere bissige Bemerkung loszuwerden, aber wenn irgendetwas wirklich Wichtiges geschehen wäre, dann hätte er ihn zweifellos alarmiert.
    Seltsamerweise beruhigte Andrej dieser Gedanke nicht im Geringsten. Etwas hier war nicht so, wie es hätte sein sollen, und das war immer ein Grund zur Besorgnis, vor allem in einer Situation wie ihrer.
    Ärgerlich über sich selbst, sich nicht einmal diesen wenigen Augenblicken träger Ahnungslosigkeit hingeben zu können, stand er endgültig auf, streckte sich trotzig noch einmal ausgiebig und ging dann deutlich langsamer zur Treppe, als er es eigentlich wollte.
    Die Möwe schrie ein weiteres Mal, als er gebückt auf das Deck des Schiffes hinaustrat und die Situation erstaunt in Augenschein nahm. Sie hatten tatsächlich angelegt, und mit ihrem übermäßigen Tiefgang bewegte sich die Pestmond nicht einmal mehr in der Dünung, sondern lag wie ein Stein an einem betagten Pier, der ganz offensichtlich nicht für Schiffe dieser Größe gebaut war. Vermutlich würde er einfach in Stücke brechen, wenn das Schiff auch nur von einer einzigen schweren Welle getroffen wurde und sich entsprechend bewegte.
    Andrej blinzelte verschlafen in die Runde und erkannte, warum diese Gefahr kaum bestand: Der Hafen, dessen Dimensionen durchaus zu denen des Landungssteges passten, schien auf den ersten Blick keine direkte Verbindung zum offenen Meer hin zu haben. Erst bei genauerem Hinsehen erkannte man einen schmalen Kanal, der im rechten Winkel hinter einer gewaltigen Felsenklippe entlang zum Meer führte, und sein Respekt vor der Mannschaft stieg. Ein Schiff selbst von den eher bescheidenen Abmessungen der Pestmond unbeschadet durch diese schmale Fahrrinne zu manövrieren war schon eine kleine Meisterleistung, die sogar ihm und Abu Dun einiges Kopfzerbrechen abverlangt hätte. Hasans Männern, die gerade einmal ein paar Tage Erfahrung mit der Führung des Schiffes hatten, hätte er dieses Manöver niemals zugetraut.
    Plötzlich hörte Andrej wildes Stimmengewirr, drehte sich um und revidierte seine möglicherweise doch etwas vorschnell gefasste Meinung, als er die drei Männer sah, die im Bug des Schiffes mit irgendetwas beschäftigt waren, das er nicht genau erkennen konnte. Es waren keine Assassinen, wie er nicht nur an ihrer farbenfrohen Kleidung und den zielgerichteten Bewegungen erkannte, die sie als erfahrene Seemänner auswiesen. Sie trugen bunte Hemden, schwere wollene Arbeitshosen und breitkrempige Strohhüte, die aber nicht allzu viel zu nutzen schienen, wie ihre von der Sonne gegerbten Gesichter bewiesen. Seeleute, ganz eindeutig, die einen Dialekt des Italienischen sprachen, den Andrej zwar leidlich verstand, aber noch nie zuvor gehört hatte. Vermutlich waren sie es auch gewesen, die das Schiff hier hereinmanövriert hatten.
    Die Männer mussten seine Blicke gespürt haben, denn sie hielten wie auf ein geheimes Zeichen hin in ihrem Tun inne und starrten in seine Richtung. Einer von ihnen rang sich immerhin zu einem angedeuteten Nicken durch, doch die Reaktion auf allen drei Gesichtern machte Andrej klar, dass sie nicht erfreut waren, ihn zu sehen. Andrej reagierte mit einem genauso knappen Kopfnicken und schob das offensichtliche Unbehagen in ihren Augen auf die simple Tatsache, dass sie ihn nicht ganz zu Unrecht für einen Begleiter der unbeliebten Assassinen hielten.
    Auch wenn er ahnte, dass das nicht der wahre Grund war.
    Rasch

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