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Pestmond (German Edition)

Pestmond (German Edition)

Titel: Pestmond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Welt ihm wirklichen Schaden zuzufügen. Er genoss die Wärme und das Gefühl wohliger Schwere, das im Takt seiner immer langsamer werdenden Herzschläge durch seinen Körper pulsierte. Und irgendwie fand er die ganze Situation zunehmend amüsant, auch wenn er nicht sagen konnte, warum.
    Noch immer drehte sich alles um ihn. Übelkeit stieg in Wellen aus seinem Magen empor, und unter seiner Zunge sammelte sich saurer Speichel, aber seltsamerweise empfand er es als beinahe angenehm. Vielleicht war er ein wenig voreilig gewesen, und er war gar nicht unempfindlich gegen alle Gifte der Welt, so wie er immer gedacht hatte – ein Gedanke, den er komisch fand. Denn so wirkte das Gift, wie er jetzt begriff: gleichermaßen betäubend wie euphorisierend, sodass er sich nicht dagegen wehren wollte . Mit letzter, zorniger Kraft versuchte er die Spinnweben, die seinen Verstand umfangen hielten, zu zerreißen. Doch es gelang ihm nicht.
    Eine zweite Gestalt erschien neben Andrej, ein Stück kleiner als er und mit maskiertem Gesicht. Der Mantel stand offen, sodass Andrej den schwarzen ledernen Harnisch erkennen konnte, den sie darunter trug. Aus ihren Handflächen wuchsen lange, bösartig gekrümmte Dornen.
    Andrej blinzelte, aber das unheimliche Bild blieb. Das Gift hatte sein Denken wohl doch mehr beeinträchtigt, als er wahrhaben wollte, denn die Dornen, erkannte Andrej nun, waren Handschuhe mit eisernen Stacheln, eine nicht nur heimtückische, sondern auch höchst effektive Waffe, wie er gerade am eigenen Leib gespürt hatte. Wäre er ein sterblicher Mensch, dann hätte ihn dieser erste Hieb kampfunfähig gemacht und vielleicht sogar getötet, ohne dass er begriffen hätte, was ihn umbrachte.
    Der Krieger blickte mit schräg gelegtem Kopf auf ihn herab, und Andrej sah blickte an, dass er darüber nachdachte, nun doch sein Schwert zu ziehen und zu Ende zu bringen, was er mit bloßen Händen angefangen hatte.
    Ali sagte etwas, das er nicht verstand und das wohl auch nicht ihm galt, denn der Krieger trat zurück, und auch Ali wandte sich mit einem Kopfschütteln ab. Möglicherweise hielten sie ihn ja für tot.
    Andrej sah keinen Grund, sie nicht noch für einen Moment in diesem Glauben zu belassen, und zählte in Gedanken langsam bis zehn, dann schüttelte er den Rest Benommenheit mit einer spürbaren Anstrengung ab und versuchte sich aufzurappeln, doch er brachte nur ein unbeholfenes Stolpern zustande und wäre um ein Haar gleich wieder zu Boden gegangen.
    So wurde das nichts mit dem Überraschungseffekt.
    Ali hatte sich umgewandt und war schon wieder halb zurück bei Hamed und dem Mädchen, doch Andrejs Aufmerksamkeit galt vor allem dem Krieger, der ihn niedergeschlagen hatte. Er hatte wenig Lust, noch einmal mit den heimtückischen Dornen Bekanntschaft zu machen. Sein Hals hatte aufgehört zu bluten, aber er tat immer noch weh. Erstaunlich, wie schnell der Bursche gewesen war.
    Diesmal war Andrej auf den Hieb vorbereitet, sodass er der heimtückischen Kralle ausweichen konnte, das aber nur mit allerhöchster Not und buchstäblich um Haaresbreite. Dennoch gelang es ihm, den Arm des Mannes zu packen und so hart zu verdrehen, dass er aus dem Schultergelenk gekugelt wurde und sein Besitzer einen kompletten Salto in der Luft schlug.
    Doch statt dass der Mann den Gesetzen der Physik und jahrhundertealter Kampftechniken folgend so hart auf dem Rücken landete, dass er auf der Stelle das Bewusstsein verlor oder sich an seinem eigenen Rückgrat verschluckte, entwand er sich seinem Griff mit einer ganz und gar unmöglich erscheinenden Bewegung und landete elegant auf den Füßen, um sich sogleich mit einem Tritt zu revanchieren, der Andrej an seiner empfindlichsten Stelle traf und ihm nicht nur die Luft nahm, sondern ihn auch mit einem Japsen zurückstolpern ließ. Er hatte den Tritt nicht einmal gesehen.
    Sein Gegenüber gab ihm keine Zeit, den Schreck zu verdauen oder sich gar zu ärgern, ein zweites Mal auf diese unglaubliche Schnelligkeit hereingefallen zu sein, sondern steppte blitzschnell zur Seite und deckte ihn mit einem Hagel von Schlägen und Tritten ein, die zwar allesamt weder besonders hart noch wirklich gefährlich waren, ihn aber weiter in die Defensive drängten. So schnell bewegte sich der Mann dabei, dass er vor seinen Augen zu einem flackernden Schatten wurde, der manchmal an mehr als nur einem Ort war und ihn scheinbar nach Belieben traf, während er Andrejs wenige, ungeschickten Hieben mit schon fast beleidigender

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