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Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ransley
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aus. »Die Karten haben gesagt, dass du vor Weihnachten hier bist. Ich habe es Anne immer wieder gesagt, aber sie hat geglaubt, du bist tot. Sie hat sich die Seele aus dem Leib geweint.«
    »Das habe ich nicht, Mutter«, sagte Anne wütend.
    »Ich hab ihr gesagt, sie soll etwas Sinnvolles machen, aber sie hat immer nur versucht, dir zu schreiben.« Anne wandte sich mit glänzenden Augen ab, während ihre Mutter tadelnd den Finger hob. »Schande über dich, Tom! Du bist ein Poet!« Niemals würde sie das Wort Flugblattschreiber verwenden. »Und nicht ein einziger Brief!«
    Mr Black war mittlerweile bei seinem zweiten Glas Wein angelangt und drohte seinerseits seiner Frau mit dem Finger. »Kommt schon, Mrs Black, er hat schließlich nicht Feder und Tinte neben der Muskete mit ins Feld genommen, was Tom?«
    Er sprach zu mir von Mann zu Mann, als hätte er die Erfahrung, oder zumindest eine Vorstellung davon, was »im Feld« bedeutet. Ich merkte, dass er von mir erwartete, etwas zu schreiben wie die Flugschrift Ein genauer Bericht vom gefährlichsten und blutigsten Kampfe bei Kineton , die ich gesehen, es aber nicht über mich gebracht hatte, zu lesen. Erneut bemühte ich mich, etwas zu sagen, als ich Jane im Hintergrund sah. Mit einem Anflug von Schuldgefühlen erinnerte ich mich daran, dass irgendwo in meinem Tornister der Brief steckte, von dem ich versprochen hatte, ihn Mrs Morland zu geben.
    Sie begrüßte mich schüchtern und fragte mich, ob ich ihre Mutter gesehen hätte. Unvermittelt platzte ich heraus: »Deine Mutter ist tot.« Meine Ungeschicklichkeit brachte alle zum Schweigen, doch schließlich fragte sie, ob ich sie gesehen hätte. »Ja. Ja, das habe ich.« Jedes Wort fühlte sich an wie ein Stück Blei, das aus meinem Mund tropfte. »Ich habe ihr deinen Brief gegeben«, log ich. »Sie vergibt dir und gibt dir ihren Segen.«
    Sie schloss die Augen und faltete die Hände zum stummen Gebet, dann öffnete sie die Augen wieder und schenkte mir ein wunderbares Lächeln. »Gott segne Euch, Tom!«
    Ich brach in Tränen aus.
    Einen Moment lang war es furchtbar still, dann drängten sich alle um mich und redeten auf einmal, doch ich verstand nichts. Durch die Tränen verschwammen ihre Gesichter. Schamerfüllt versuchte ich verzweifelt, die Tränen zurückzuhalten, aber ich schaffte es nicht. Ich versuchte, von ihnen fortzukommen, stolperte über meinen Tornister und starrte unversehens in die Druckerwerkstatt. Nehemiah gaffte mich an. Er schmierte die Druckerpresse, und das Öl tropfte auf seine Stiefel, als er von seiner Aufgabe abgelenkt wurde. Sie waren in echter Lehrjungenmanier geschnürt, was bedeutete, dass sie so gut wie gar nicht geschnürt waren. Aus irgendeinem Grund verdoppelte das meine Tränen nur noch.
    »Was hast du getan, Tom?«, sagte Mr Black mit all seiner alten Strenge.
    »Ich weiß es nicht, Sir«, sagte ich. Ich wusste es tatsächlich nicht, und das ließ mich nur noch stärker weinen, bis ich glaubte, nie wieder aufhören zu können. »Ich weiß es nicht, ich weiß es nicht!«
    »Er muss sich ausruhen«, sagte Jane. »Es kann mein Bett haben.« Sie errötete, als Anne sie mit einem eifersüchtigen Blick bedachte.
    »Er kann mein Bett haben«, sagte sie.
    »Anne!«, rief Mrs Black entrüstet.
    »Ich kann in deiner Kammer schlafen«, erklärte sie.
    Ehe sie streiten konnten, führte sie mich wie ein Kind nach oben.

41. Kapitel
    Ich weiß nicht, wie viele Tage ich in ihrer Kammer einschlief und in Edgehill aufwachte, mit dem beißenden Geruch von Schießpulver in der Nase oder manchmal auch mit dem sonderbar sauberen, frischen Geschmack von Blut auf den Lippen. Oder ich schreckte hoch, die Befehle »Spieße zur Hand – erhebt eure Spieße« klangen mir in den Ohren, und ich stellte fest, dass ich im Schlaf die entsprechenden Bewegungen ausgeführt hatte. Oder ich hörte Lukes entspannte, fast träge Stimme: »Streichholz anzünden … achtet auf die Pfanne … präsentiert … Feuer!« Sie holten einen Doktor, der versuchte, mich zur Ader zu lassen, aber ich konnte den Anblick von Blut nicht ertragen. Sie holten den Pfarrer, Mr Tooley, der versuchte, meine Teufel auszutreiben, und aus dem Lukasevangelium zitierte, wo Jesus Legionen von Teufeln auf die Schweine hetzte. Doch offensichtlich – ich erinnere mich nicht daran – begann ich zu argumentieren, dass ich nicht verstand, warum die armen Schweine leiden mussten und sich selbst von den Klippen stürzten, und dass ich es

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