Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)
erteilt. Außerdem habe Lord Stonehouse in diesem Jahr keine Zahlungen geleistet, und damit sei der Vertrag ungültig. Eaton ballte die Fäuste und hielt sich mit einiger Mühe zurück. Er schleuderte einen Brief auf das Schreibpult vor Mr Black und teilte mir mit, wenn ich über den Inhalt des Schreibens zu diskutieren wünschte, täte ich gut daran, am nächsten Morgen um neun Uhr in Mr Turvilles Kanzlei zu sein.
»Ich habe keine Interesse, über irgendetwas zu diskutieren, Sir«, sagte ich.
»Auch gut. Ich wünsche den Herren einen angenehmen Abend.«
Ich begleitete ihn nach draußen. Als ich ins Kontor zurückkehrte, glaubte ich, Mr Black habe einen erneuten Anfall erlitten. Er konnte nicht sprechen. Ich ergriff den Brief, der offen auf seinem Schreibtisch lag. Lord Stonehouse hatte das Grundstück erworben, auf dem sich der Half Moon Court befand, und gab Mr Black einen Monat Zeit, das Haus zu räumen. Ich fürchtete, dass jeder Schritt aus dem Haus, das Mr Black liebte, ihn umbringen würde.
20. Kapitel
Ich holte das Paket mit dem nüchternen dunkelblauen Leibrock und den Kniehosen hervor, nicht, um sie zurückzugeben, sondern um sie anzuziehen. Noch einmal wurde ich zum Edelmann. Aber was ich tat, war das Letzte, das Eaton erwartete. Ich ging nicht zu Turville, sondern in die Queen Street, zu Lord Stonehouse’ Stadthaus, entschlossen, dem Puppenspieler gegenüberzutreten, nicht seinen Marionetten.
Ich machte mich auf den Weg, meine Worte wohldurchdacht wie der Text eines Schauspielers, doch als ich mich dem Haus näherte, begann mein Mut zu schwinden. Ich wusste, dass es, ungeachtet Mr Pyms, des Parlaments und der randalierenden Menge, keine Revolte gegeben hätte ohne die Schachzüge im Hintergrund, ausgeführt von einigen der reichsten und mächtigsten Peers in England, Peers, die beim König in Ungnade gefallen waren. Flugblattschreiber nannten sie die Großen Zwölf – Peers wie Warwick, Bedford, Essex und Stonehouse. Kein Wunder, dass ich langsamer wurde und meine Beine zitterten, als hätte ich Schüttelfrost, sobald ich mich der Queen Street näherte.
Die Straße war breiter und beeindruckender als die Straßen im Stadtinneren. Die klassischen Fassaden der vierstöckigen Reihenhäuser bildeten eine einheitliche gerade Linie aus Stein und Ziegel, ohne die Gemütlichkeit, die Schiefe und Enge, die Holz vermittelte. Es gab keinen Ort, um sich zu verstecken. Keine gemütlichen Gassen. Ein Constable beäugte mich aus seinem Schilderhäuschen am Ende der Straße, wurde jedoch von einer Einlass begehrenden Kutsche abgelenkt. Ich schlüpfte an der anderen Seite vorbei und passierte einen Straßenkehrer, der die Pferdeäpfel einsammelte, sobald die Pferde ihre Schwänze hoben. Die Luft war anders. Keine Landluft, aber es war Luft, die man atmen konnte, ohne alle Naselang nach einem Blumenstrauß oder ähnlichem zu greifen. Ich brauchte nicht nach Lord Stonehouse zu fragen. Mitten in der Hausreihe, so groß wie zwei oder drei der anderen Häuser, stand Falcon Lodge. Gigantische Wandpfeiler flankierten die Fenster, die mit dreieckigen Ziergiebeln bekrönt waren. Über dem Haupteingang, in einen steinernen Schild, war ein Falke mit drohend erhobenen Klauen eingemeißelt.
Es war ein bedeckter, aber warmer Tag, und die Doppeltüren zur Eingangshalle standen offen. Von der Straße aus konnte ich das schwarz-weiße Schachbrettmuster der gefliesten Halle sehen, dazu Gemälde und griechische Büsten. Diener eilten umher. Ihre grünen Seidenlivreen waren an der Brust mit einer Silberfadenstickerei verziert, die den abweisenden Falken darstellte. Lord Stonehouse hatte im Kreis der Großen Zwölf die Rolle des Vorsitzenden der Komitees für Requirierungen und Informationen inne. So lautete, wie ich später erfuhr, der offizielle Name für Plünderungen. Die meisten bekannten Royalisten hatten London verlassen. Ihre Häuser wurden beschlagnahmt und nach Waffen, Briefen sowie Tafelsilber durchsucht, das man einschmolz, um Münzen zur Bezahlung der Bürgergarden zu gewinnen. Der Plünderer erhielt üblicherweise einen gewissen Anteil der besten Stücke, um ihn für seine Mühen zu entschädigen. In der Stadt wurden, unter dem Deckmantel der Rechtmäßigkeit, alte Rechnungen beglichen. Benyon war mit so viel von seinem Besitz geflohen, wie er in einer Kutsche unterbringen konnte, ehe sein feines Haus in der Thames Street von konkurrierenden Kaufleuten leergeräumt wurde. All dies führte zu einem ständigen
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