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Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ransley
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Strom von Besuchern in der Queen Street.
    Ein korpulenter Mann stieg aus einer Kutsche und reichte einem Diener eine Karte, die dieser auf ein silbernes Tablett warf, bevor er jemandem, den ich nicht sehen konnte, zurief: »Sir Samuel Pope in der Angelegenheit des Marquess of Hamilton.« Mein Fuß befand sich bereits in der Luft und schwebte über der ersten Marmorstufe. Der Blick des Lakaien ruhte auf mir. Er hatte die perlenartigen eindringlichen Augen eines Falken. Das war der Moment, in dem mich der Mut verließ. Was sollte ich sagen? »Thomas Neave, in der Angelegenheit der unehelichen Herkunft?«
    Ich ging weiter und tat, als würde ich nur müßig dahinschlendern. Kaum war ich umgekehrt, da hörte ich ihn. Die ganze Straße hörte seine volle, unbeherrschte Stimme durch ein offenes Fenster im ersten Stock. Eine leisere Stimme unterbrach ihn, doch diese wurde sofort übertönt. »Ist das alles, was du mir erzählen kannst? Dass du deine Meinung nicht geändert hast? Ich weiß nicht, wie du es wagen konntest, hierherzukommen, während deine Freunde geflohen sind. Glaubst du, ich werde dich schützen? … Unterbrich mich nicht! … Aufrichtig? Als ob ich das glauben könnte!«
    Die andere Stimme brach durch, höher, aber genauso bösartig, eine Stimme am Rand der Verzweiflung. »Ich bin es, Vater, ich bin es! Ich glaube daran mehr als an alles andere in meinem Leben!«
    »Du glaubst an nichts, außer an das Würfelglück. Du spekulierst darauf, dass das Parlament verliert und du den Besitz bekommst.
    »Es ist närrisch, so etwas zu behaupten! Ihr irrt Euch! Ihr versündigt Euch gegen Euren Gott, Euren König …«
    An dieser Stelle musste Lord Stonehouse gemerkt haben, dass das Fenster offenstand. Er trat an die Scheibe und schloss es. Sein Gesicht war vor Wut verzerrt. Er atmete so schwer, dass er einen Augenblick innehielt und die Augen schloss, ehe er sich umdrehte und wieder aus dem Blickfeld verschwand. Die Diener hatten mir alle ihren Rücken zugekehrt und lauschten angestrengt. Es war ein plötzlicher Impuls, und die Idee war bereits umgesetzt, kaum dass sie in meinem Kopf auftauchte. Ich sprang die Stufen hinauf, nahm eine der untersten Karten vom Tablett und hielt sie dem Diener hin, als dieser sich umdrehte. Ich hatte bemerkt, dass eine ganze Reihe von Dienern die Besucher hineinbegleitete, und ich setzte darauf, dass dieser Bedienstete nicht ausgerechnet jenen Herrn in Empfang genommen hatte, dessen Karte ich ihm gereicht hatte. Er starrte auf die Karte und dann kalt auf mich. Mein Herz rutschte mir bis in die Spitzen meiner teuren Stiefel, doch dann rief er »Sir Andrew Marham!« und warf die Karte auf das Tablett. Die nächste Hürde hatte ich von der Straße aus nicht gesehen, einen Schreiber, der halb von einer Säule verborgen wurde.
    Er hatte den Kopf dem Treppengeländer mit den kunstvollen Schnitzereien – einem weiteren Falken, mit Hasen und Kaninchen in seinen Klauen – zugewandt und lauschte einer erneuten Tirade von Lord Stonehouse in der Galerie des ersten Stocks, ehe eine Tür zugeknallt wurde, gefolgt von splitterndem Glas. Der Schreiber, ein kleiner verhutzelter Mann mit Augengläsern, zuckte zusammen. »Nicht der beste Tag, um Seine Lordschaft zu besuchen, Sir Andrew«, sagte er, ehe er die Stirn runzelte. »Sir Andrew?« Er konsultierte die vor ihm liegende Liste. Seine Stimme wurde lauter. »Sir Andrew wartet bereits.«
    Hinter mir hörte ich das Klappern der Schuhe des Bediensteten auf dem Marmorfußboden. Ich spürte, dass jedermanns Aufmerksamkeit auf mich gerichtet war. In meiner Verzweiflung tat ich das Einzige, was mir einfiel – ich brachte die Wahrheit hervor, obgleich ich sie ein wenig ausschmücken musste. Ich lächelte. »Gott sei Dank ist er noch nicht zu Seiner Lordschaft vorgelassen worden.« Ich zog ein Taschentuch aus meinem Ärmel und wischte mir mit einer überschwänglichen Geste, die ich mir von Turville abgeschaut hatte, über die Stirn. »Ich bin Sir Andrews Sekretär. Er hat einige Papiere vergessen. Und ich muss ihm eine Nachricht überbringen.« Ich zog den Kündigungsbrief aus meiner Tasche, den Turville an Mr Black geschickt hatte und der das magische Siegel der Falken trug.
    Das Klappern der Schuhe, die näher gekommen waren, verstummte. Der Schreiber nahm seine Feder auf. »Euer Name, Sir?«
    »Thomas Neave«, sagte ich törichterweise, aber die Worte kamen automatisch über meine Lippen. Er hielt inne, als er gerade seine Feder eintauchen

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