Peter Leingartners Kuechenwelt
Leingartner, CMC, from Innsbruck/Austria”. Da aber ohnedies der Küchenchef, wie gesagt, Österreicher ist und seine Sache schon versteht, war meine Aufgabe mehr als Staffage denn als ernsthafter Einsatz zu sehen. Zwei Tage Arbeit – Frittatensuppe, Tafelspitz, Speckknödel, Beu-schel… – und zwölf Tage Erholung davon war mein Motto. Zu meinem Einsatz hatte ich nicht einmal irgendwelche Tirol-speziellen Esswaren anzutranspor-tieren, was ja sonst, wie Sie aus meinen Geschichten wissen, gang und gäbe ist – in Rio bzw. im nahen Sao Paulo gibt es nichts, was es nicht gibt; kulinarisch vor allem aus der dort großen Österreicher-Kolonie. Und da ich also sonst nichts mitzunehmen hatte, habe ich – damit sie einmal Brasilien kennenlernt – meine Tochter mitgenommen.
Der Hotel-Hausmeister, ein gebürtiger Ungar, der beim Ungarnaufstand 1956 nach Wien flüchten musste und schließlich hier in Brasilien landete, verspürte so wie ich ebenfalls große Urlaubslust und erbot sich in echt ungarischer Gastfreundschaft, uns “ein bisschen die brasilianische Gegend” zu zeigen.
Über die Hauptstadt Brasilia, wo wir zwei Tage bei einer dort verheirateten Schwester des Ungarn wohnten und die berühmten Kult-Bauten Architekt Niemeyers besichtigten, “verschlug” es uns schließlich nach Manaus, der berühmten Urwald-”Fitzcarraldo-Film”-Stadt im Norden, etwa so groß wie Innsbruck. Das legendäre “Urwald-Opernhaus” erstrahlt noch, wohl-restauriert und mit aufwändig schwarz-weiß gemustertem Mosaikstein-Vorplatz versehen, in vollem Glanz und auch sonst hat die Stadt einiges an ungewohntem Lokalkolorit zu bieten.
Wir speisten ganz vorzügliches “Churrasco” (am Spieß gegrilltes Fleisch) mit “Manioka” (kartoffelartige Wurzel-knollen), diversen Saucen aus Bohnenmehl etc. und waren in einem erstaunlich feudalen Hotel abgestiegen. Nichts ging uns ab, und meine Tochter zog es auch vor, bequem dort zu bleiben. Ich aber – tatendurstig, wie ich als gelern-ter Koch wahrscheinlich berufsbedingt nun einmal bin – schiffte mich mit meinem ungarischen Freund und einigen indianischen “Seefahrern” auf einem kleinen altmodischen Flussboot ein: wenn schon Dschungel, dann auch Abenteuer!
Vom Mündungsgebiet des Rio Negro – seinen Namen hat der Fluss übrigens von seinem Coca-Cola-farbenen aber sonst völlig reinen, wenn auch säuerlich-mineralhaltig schmeckenden Wasser – schwenkten wir in den Amazonas ein, mitten ins uns Ungewisse. Da wir alleinige Fahrgäste waren, hatten wir am Zehn-Mann-Boot recht angenehm Platz, schliefen in Hängematten, aßen Mitgeführtes und kamen stetig voran; circa vierhundert Kilometer flussaufwärts. Wir lebten am Boot und begegneten außer unseren mitreisenden Gefährten tagelang keiner Menschenseele. Einen Halbtag wurden wir auf “Regenwald-Lehrausflug” geführt: Bäume, Blätter, Vogel-gezwitscher…; ein oft kaum erkennbarer Pfad leitete uns quer durch kleine grüne Giftschlangen, mittelgroße schwarze Vogelspinnen und riesige Blutegel… – nur sind wohl alle angstvoll ins nächstbeste Loch gekrochen, gesehen haben wir jedenfalls keine.
Auch die gefürchteten Piranhas, so sagten uns die Bootsführer, seien bei weitem nicht so gefährlich, wie da die Schauermärchen behaupten: baden könne man ohne Probleme; gebissen würden lediglich manchmal die Fischer, wenn sie den verzweifelt im Boot herum-zappelnden Tieren unvorsichtig zu nahe kämen.
Nach einigen Tagen Fahrt brachte uns das Boot schlussendlich zu einer Art Insel zwischen zwei Amazonas-Armen, wo wir in einem Eingeborenen-Pfahlbaudorf mitten im Urwald zu Gast sein durften. Hoch über dem Erdboden war ein gut tragfähiges, dichtes und ziemlich elastisches Geflecht aus Lianen und Ästen kunstvoll und sicher eingezogen, darauf befand sich eine größere Anzahl von luftigen, leichtgebauten Hütten. Die Pfahlbauweise war für’s Überleben notwendig: unten im sumpfigen Uferbereich suhlten sich die Krokodile…
Die Dorfgemeinschaft bestand aus ca. dreissig Indianern – Männern, Frauen und Kindern – sowie ungezählten Schweinchen, Hennen und anderen Haustieren, die ebenfalls oben lebten; bei unserer Ankunft lief alles aufgeregt zu unserer Begrüßung zusammen. Gleich ließ uns der Häuptling eine eigene Hütte zur Verfügung stellen, wo wir unsere Hängematten samt dem unumgänglichen Moskitonetz installierten. Es war den ganzen Tag über äußerst schwül und unangenehm heiß. Erst am Abend ließ es sich
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