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Peter Nimble und seine magischen Augen

Peter Nimble und seine magischen Augen

Titel: Peter Nimble und seine magischen Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Auxier
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aus gutem Stoff und sorgfältig genäht. Peter schwang die Beine aus der Hängematte und tastete nach dem Boden. Dann stand er auf und erkundete vorsichtig seine Umgebung. Er befand sich auf einer Plattform aus Holz, die von zwei mächtigen Ästen getragen wurde. Der Wasserkessel, dessen Pfeifen ihn geweckt hatte, kochte auf einem gusseisernen Ofen, der leisebullernd in der Ecke stand. Peter wusste nicht, wie lange er geschlafen hatte; die Luft roch nach Nacht, doch auf seiner Haut spürte er das Prickeln hellen Lichts.
    »Das ist der Mond«, erklärte Professor Cake, der eine hölzerne Treppe herunterkam. »In diesem Teil der Welt hängt er ein bisschen tiefer.«
    Peter wandte sein Gesicht zum Himmel. Er hatte das Mondlicht schon immer spüren können, aber noch nie so stark. Er konnte beinahe schmecken, wie es durch die Blätterkuppel herabschien. Der alte Mann brachte den Kessel zum Schweigen und bereitete einen Tee zu. »Du musst wirklich müde gewesen sein. Hast den ganzen Tag geschlafen.«
    Peter spürte die Steifheit in seinen Gliedern, die von einem langen, erholsamen Schlaf kommt – ein sehr seltenes Gefühl für ihn. »Tut mir leid, ich wollte Ihnen nicht zur Last fallen«, sagte er.
    Der alte Mann tat die Entschuldigung mit einem Schnalzen ab. »Ich kann’s dir nicht verübeln, mein Junge. Hier, wo der Himmel so dicht über uns ist, brennt die Sonne manchmal ganz schön. Ich selbst ziehe auch die Nächte vor – die Welt bekommt eine größere Dimension, wenn sie im Schatten liegt.« Obwohl Peter noch nie einen Schatten gesehen hatte, glaubte er zu verstehen, was der Professor meinte. Er hatte schon so manches Mal bei sich gedacht, wie schön es doch war, wach zu sein, während die ganze Stadt schlief.
    Der Professor führte Peter zu einem staubigen Ohrensessel und gab ihm einen Becher heißen Tee. Der Junge setzte sich und versuchte, so viel wie möglich über seinen Gastgeber herauszufinden. Professor Cake war ein buckliger alter Mann, dessen Stimme ebenso knorrig war wie seine Hände. Seine schlurfenden Schritte wurden begleitet vomPochen seines Stocks, der aus dem Rückgrat eines Straußes gemacht war. Sein muffig riechender Anzug war bedeckt von mehreren langen Mänteln, und irgendwo in den Stofffalten konnte der Junge das leise Ticken einer Taschenuhr hören. Der Geruch des Mannes erinnerte Peter an die Augen, und er fragte sich, was aus ihnen geworden war.
    »Sie sind auf dem Boden, neben deinen Füßen«, sagte der Professor und ließ sich auf einen Stuhl sinken. »Ich habe Mr Pound heute Morgen gebeten, die Kiste aus dem See zu holen. Die Scharniere quietschen jetzt ein wenig, aber das ist nicht weiter tragisch.«
    Peter griff mit der Hand nach unten, und tatsächlich, da war die Kiste. Er staunte darüber, dass dieser seltsame Mann offenbar seine Gedanken hören konnte, genau wie der Höker.
    »Natürlich kann ich das«, sagte der Professor lachend. »Schließlich habe ich es ihm beigebracht. Mr Pound ist mein Lehrling. Er hatte die Aufgabe, dir die Augen zu bringen. Bitte entschuldige seinen Auftritt als fliegender Händler, aber ich musste sicher sein, dass du der richtige Junge bist.«
    »War das so eine Art Prüfung?«, fragte Peter.
    »Bei dem Wort ›Prüfung‹ muss ich an Schule denken.« Der Professor schüttelte sich. »Aber sagen wir einfach, du hast mit Auszeichnung bestanden. Ich möchte doch anmerken, dass wir ein paar wirklich ausgefuchste Schlösser an dem Wagen angebracht haben, an denen sich Gelehrte schon seit Jahrhunderten die Zähne ausbeißen. Und es freut mich, dass sie deinen Fähigkeiten nicht gewachsen waren.«
    Peter war verwirrt. »Sie wollten , dass ich die Augen stehle?«
    »Aber natürlich, mein Junge! Ich habe sie extra für dichangefertigt … und ich kann dir sagen, das war keine Kleinigkeit.«
    Extra für ihn . Peter nahm die Kiste auf seinen Schoß und öffnete sie. Er strich mit den Fingern über den Inhalt.
    »Drei Paar Augen: Gold, Onyx und Smaragd.« In der Stimme des alten Mannes schwang leiser Stolz mit. »Ich hoffe, du nimmst es mir nicht übel, dass ich dir die goldenen wieder herausgenommen habe, als du schliefst. Wir konnten ja schließlich nicht riskieren, dass du dich mit ihnen aus dem Staub machst, nicht wahr?«
    Peter verstand noch immer nicht. »Professor, ich fürchte, die Augen funktionieren nicht. Als ich die goldenen eingesetzt habe, konnte ich absolut nichts sehen.« Er berührte die Binde um seinen Kopf und versuchte sich vorzustellen,

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