Peter Pan
mitten im Kampf plötzlich die Seite zu wechseln. Als der Sieg in der Schlucht noch unentschieden war und sich manchmal auf die eine und manchmal auf die andere Seite schlug, rief er aus: »Heute bin ich eine Rothaut!
Was bist du, Nibs?« Und Nibs rief: »Rothaut! Was bist du, Zwilling?« und so weiter, und dann waren sie alle Rothäute, und natürlich hätte das den Kampf beendet, wenn nicht die echten Rothäute, fasziniert von Peters Methoden, eingewilligt hätten, für diesmal verlorene Jungen zu sein, und so gingen sie wieder aufeinander los, grimmiger als je zuvor.
Der ungewöhnliche Schluß des Abenteuers war – aber wir haben uns noch nicht entschieden, ob wir ausgerechnet dieses Abenteuer erzählen wol en. Viel eicht nehmen wir lieber die nächtliche Attacke der Rothäute auf das unterirdische Haus, als einige von ihnen in den hohlen Bäumen feststeckten und wie Korken herausgezogen werden mußten. Oder wir könnten erzählen, wie Peter Tiger Lily in der Nixenlagune das Leben rettete und sie so zu seiner Verbündeten machte.
Oder wir erzählen von dem Kuchen, den die Piraten gebacken hatten, damit die Jungen ihn essen und zugrunde gehen würden, und wie sie ihn schlau immer woanders hinlegten, aber Wendy ihn den Kindern jedesmal aus der Hand riß, so daß er mit der Zeit trocken wurde und hart wie ein Stein und sie ihn dann als Wurfgeschoß benutzten.
Am Ende stolperte Hook darüber in der Dunkelheit.
Oder angenommen, wir erzählen von den Vögeln, die Peters Freunde waren, besonders der Niemalsvogel, der in einem Baum über der Lagune nistete, und wie sein Nest ins Wasser fiel und der Vogel immer noch auf seinen Eiern saß und Peter Befehl gab, daß er nicht gestört werden durfte. Das ist eine hübsche Geschichte, und ihr Ende zeigt, wie dankbar ein Vogel sein kann. Aber wenn wir sie erzählen, müssen wir auch das ganze Abenteuer von der Lagune erzählen, und das würde natürlich bedeuten, daß wir eher zwei als ein Abenteuer erzählen.
Ein kürzeres Abenteuer, aber genauso aufregend, war Tinker Bells Versuch, die schlafende Wendy mit Hilfe einiger Straßenfeen auf einem großen schwimmenden Blatt zum Festland zu befördern. Zum Glück ging das Blatt unter, und Wendy wachte auf und dachte, es sei Badezeit, und schwamm zurück. Schließlich könnten wir erzählen, wie Peter einigen Löwen trotzte. Er zog mit einem Pfeil einen Kreis um sich und forderte sie auf, näher zu kommen, und obwohl er stundenlang wartete (die anderen Jungen und Wendy schauten atemlos aus ihren Bäumen zu), wagte keiner, die Herausforderung anzunehmen.
Welches dieser Abenteuer sollen wir auswählen? Am besten, ich werfe eine Münze.
Ich habe die Münze geworfen, und die Lagune hat gewonnen. Fast möchte man wünschen, daß die Schlucht oder der Kuchen oder Tinks Blatt gewonnen hätte. Na-türlich könnte ich es noch einmal probieren oder dreimal und mir das Beste aussuchen. Aber vielleicht ist es am ehrlichsten, wenn ich bei der Lagune bleibe.
Die Nixenlagune
WENN du die Augen schließt und Glück hast, dann siehst du vielleicht verschwommen einen kleinen See in schönen blassen Farben, die in der Dunkelheit schimmern; wenn du dann die Augen fester zudrückst, nimmt der See Gestalt an, und die Farben leuchten so stark, daß sie, wenn du noch fester drückst, zu brennen anfangen.
Aber kurz bevor sie brennen, erkennst du die Lagune.
So viel kann man vom Festland aus von der Lagune sehen, mehr nicht, und nur diesen einen himmlischen Augenblick. Gäbe es zwei solcher Augenblicke, dann könntest du vielleicht die Brandung sehen und den Gesang der Nixen hören.
Die Kinder verbrachten oft lange Sommertage in dieser Lagune, sie schwammen oder ließen sich einfach treiben, spielten Nixenspiele im Wasser und so weiter.
Du mußt deshalb nicht glauben, daß die Nixen ihre Freunde waren, im Gegenteil, Wendy bedauerte lange, daß sie während der ganzen Zeit auf der Insel nie ein freundliches Wort von ihnen hörte. Wenn sie still ans Ufer der Lagune schlich, konnte sie ganz viele Nixen sehen, besonders auf dem Matrosenfelsen, wo sie sich mit Vorliebe sonnten und sich träge das Haar kämmten.
Oder sie konnte sogar sehr dicht heranschwimmen, auf Zehenspitzen sozusagen, aber dann sahen sie sie doch und tauchten unter, und meistens spritzten sie sie naß, nicht zufällig, sondern mit Absicht.
Die Jungen behandelten sie genauso, außer Peter natürlich, der mit ihnen stundenlang auf dem Matrosenfelsen plauderte und
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