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Peter Pan

Peter Pan

Titel: Peter Pan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James M. Barrie
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mehr Ruhe bitte«, rief Peter. Er meinte, daß sie die Geschichte ungestört erzählen sollte, auch wenn er sie noch so gräßlich fand.
    »Der Gentleman«, fuhr Wendy fort, »hieß Mr. Darling, und sie hieß Mrs. Darling.«
    »Kenn ich!« sagte John, um die anderen zu ärgern.
    »Ich glaube, ich auch«, sagte Michael etwas unsicher.
    »Sie waren verheiratet, wißt ihr«, sagte Wendy, »und was, glaubt ihr wohl, hatten sie?«
    »Weiße Mäuse!« rief Nibs begeistert.
    »Nein.«
    »Es ist schrecklich spannend«, sagte Tootles, der die Geschichte auswendig kannte.
    »Still, Tootles. Sie hatten drei Nachkommen.«
    »Was ist ein Nachkomme?«
    »Du zum Beispiel, Zwilling.«
    »Hast du das gehört, John? Ich bin ein Nachkomme!«
    »Nachkommen sind bloß Kinder«, sagte John.
    »Mein Gott, mein Gott«, seufzte Wendy. »Also, diese drei Kinder hatten ein treues Kindermädchen namens Nana. Aber Mr. Darling war böse mit ihr und legte sie im Hof an die Kette. Da sind alle Kinder weggeflogen.«
    »Das ist eine Klassegeschichte«, sagte Nibs.
    »Sie flogen ins Niemalsland«, fuhr Wendy fort, »wo die verlorenen Kinder sind.«
    »Das hab ich mir gedacht«, unterbrach Curly aufgeregt.
    »Ich weiß nicht, warum, aber ich hab es mir gedacht.«
    »O Wendy«, rief Tootles, »hieß eins der verlorenen Kinder Tootles?«
    »Ja, natürlich.«

    »Ich komme in einer Geschichte vor. Hurra, Nibs, ich komme in einer Geschichte vor!«
    »Psch! Also, stellt euch bitte vor, wie unglücklich die Eltern waren: alle Kinder weggeflogen.«
    »Uh!« stöhnten sie alle, obwohl ihnen die unglücklichen Eltern ziemlich egal waren.
    »Und die leeren Betten!«
    »Uh!«
    »Das ist schrecklich traurig«, sagte der erste Zwilling fröhlich.
    »Ich kann mir nicht vorstellen, daß die Geschichte gut ausgeht«, sagte der zweite Zwilling. »Was meinst du, Nibs?«
    »Ich bin schrecklich gespannt.«
    »Wenn ihr wüßtet, wie groß die Liebe einer Mutter ist«, sagte Wendy triumphierend, »dann hättet ihr keine Angst.« Sie war jetzt bei der Stelle angelangt, die Peter nicht leiden konnte.
    »Ich liebe die Liebe einer Mutter«, sagte Tootles und haute Nibs mit dem Kissen. »Liebst du auch die Liebe einer Mutter, Nibs?«
    »Na klar«, sagte Nibs und haute zurück.
    »Seht ihr«, sagte Wendy selbstgefällig, »unsere Heldin wußte, daß die Mutter immer das Fenster offenlassen würde, damit die Kinder zurückkehren könnten. Und so blieben sie viele Jahre fort und lebten glücklich und zufrieden.«
    »Und sind sie je zurückgekommen?«
    »Wir wollen«, sagte Wendy und bemühte sich sehr, daß ihre Worte die Wirkung nicht verfehlten, »einmal einen Blick in die Zukunft werfen.« Sie setzten sich alle in Position, damit sie den Blick auch nicht verpaßten.
    »Jahre sind vergangen – und wer ist diese elegante Dame unbestimmten Alters, die dort am Londoner Bahnhof aussteigt?«
    »Wendy, sag schon, wer?« rief Nibs, so aufgeregt, als wüßte er das nicht.
    »Ist es vielleicht – ja – nein – doch – es ist die schöne Wendy!«
    »Oh!«
    »Und wer sind die feinen, stattlichen Herren, die sie begleiten, zwei erwachsene Männer? Sind das wohl John und Michael? Tatsächlich!«

    »Oh!«
    »›Seht, liebe Brüder‹, sagt Wendy und zeigt nach oben, ›das Fenster steht noch offen. Ja, jetzt werden wir belohnt für unseren unerschütterlichen Glauben an die Mutterliebe.‹ Da flogen sie hinauf zu Mama und Papa, und die Freude war unbeschreiblich, und jetzt ist die Geschichte aus.«
    Das war eine Geschichte, und sie gefiel ihnen so gut wie der reizenden Erzählerin selber. Wie das so ist: Wir machen uns aus dem Staub wie die herzlosesten Wesen von der Welt – das sind Kinder nämlich, herzlos, aber liebenswert –, und wir denken nur an uns selbst, und dann, wenn wir ein bißchen Zuwendung brauchen, kehren wir  großmütig zurück, überzeugt, daß wir nicht geohrfeigt, sondern mit offenen Armen empfangen werden.
    So groß war tatsächlich ihr Glaube an die Mutterliebe, daß sie meinten, sie könnten es sich leisten, noch etwas länger so egoistisch zu sein.
    Aber einer unter ihnen wußte es besser, und als Wendy mit der Geschichte fertig war, tat er einen tiefen Seufzer.
    »Was hast du, Peter?« rief sie und lief zu ihm und dachte, er wäre krank. Sie befühlte ihm sorgenvoll die Brust. »Wo tut es weh, Peter?«
    »Es tut nirgends weh«, antwortete Peter düster.
    »Aber was ist denn?«
    »Wendy, es stimmt nicht, was du von den Müttern erzählst.«
    Sie waren

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