Peter Walsh - Gesamtausgabe Teil 1 - 4 zum Sonderpreis, Thriller (German Edition)
Gestorben, getötet durch seine Hände. Es war das erste Mal, dass Schmitt einen Menschen getötet hatte. Er fühlte sich einfach leer. Doch jetzt, wo das Adrenalin aus dem Körper verschwand, spürte er seine eigenen Schmerzen. Noch immer wagte er es nicht, sich seine Wunden anzuschauen. Aber er ahnte, dass es keine Kratzer waren. Er schaute zu Ralle, der in einer Blutlache lag. Sein T-Shirt und seine Trainingshose waren tief rot vom Blut getränkt.
„Der Schlüssel“, machte sich Schmitt Mut. Er durfte jetzt keine Zeit verlieren. Was, wenn Carlos oder dieser Clown sie gehört hatten und runterkommen würden? Was würden sie wohl tun, wenn sie ihren Freund tot vorfanden? Ihn loben sicherlich nicht, sondern wohl eher töten. Nach all den Anstrengungen und dem Risiko hatte das Schicksal es mit ihm gut gemeint. Er hatte Ralle getötete, obwohl nichts, aber auch gar nichts, dafür sprach. Und jetzt wollte er erst recht nicht sterben, sondern leben.
Der Schlüssel zu seinen Fußfesseln würde diese Freiheit bedeuten. Er würde sich befreien, dann Carlos und diesen Clown töten und Nina befreien. Am Ende musste er trotz seiner starken Schmerzen feststellen, dass er ein Held war und diese aussichtslose Mission doch erfolgreich gemeistert hatte. Und wenn er Nina heim brachte, dann würde er doch noch die 50.000 Euro erhalten. Und die Verletzungen, so hoffte er im Moment seiner Euphorie, würden schon bald in Vergessenheit geraten.
Dennoch wusste er, dass er nie wieder so einen Auftrag annehmen würde. Diese Erlebnisse reichten ihm für den Rest seines Lebens. Schmitt bückte sich vor Ralle und fing an, seine Hosen zu durchsuchen. Er brauchte den Schlüssel, um sich zu befreien. In seiner Vordertasche fand er ein benutztes Taschentuch, welches er angewidert wegwarf. In seiner linken Hosentasche war ein Handy und ein Schlüsselbund.
„Ja“, sagte er motiviert und versuchte, mit einem Schlüssel nach dem anderen die Fußfessel aufzuschließen. Aber keiner der Schlüssel passte. Dann hielt er nur noch einen Schlüssel an der Hand.
„Bitte pass“, flehte er leise und schloss die Augen. „Bitte“, wiederholte er und versuchte damit die Fußfessel zu öffnen, aber es gelang nicht. Keiner der Schlüssel passte. Enttäuscht warf er den Schlüsselbund zu Boden und setzte sich hin.
Sein ganzer Mut, seine Hoffnung, dass er sich befreien könnte, Nina befreien könnte, waren wie weggeblasen. So nah lagen Glück und Unglück beieinander. Hatte er sich nicht mal einen Wimperschlag zuvor als Held bezeichnet, kam nun die Erkenntnis, dass er doch verloren hatte. Ohne Schlüssel würde es ihm niemals gelingen, sich von den Ketten zu befreien. Fast war ihm, als hätte die Kette ein Gesicht bekommen und flüsterte ihm grinsend zu: „Punkt, Satz und Sieg!“
Schmitts Blick viel wieder zu Ralle und sein Verstand sagte ihm, dass er sich bald zu ihm gesellen würde, dass auch er bald sterben und sein toter, dicker Körper in einer Blutlache liegen würde. Ihm würde somit das gleiche Schicksal wiederfahren wie Ralle.
„Vier Fährmünzen brauchst du, Tod, nicht zwei“, sprach er leise zu sich und war dabei, sich seinem Schicksal zu ergeben. Seine Schmerzen wurden langsam unerträglich und er wagte einen Blick auf seinen Bauch. Erschrocken erkannte er, was das Messer tatsächlich mit ihm angerichtet hatte. Es war eine tiefe breite Wunde. Und sie blutete unaufhörlich.
Nun bestand für ihn kein Zweifel mehr, dass er entweder verbluten oder an inneren Blutungen oder an Organversagen sterben würde. Er wollte die Augen schließen und hoffte, dass bald die erlösende Ohnmacht eintrat, als seine Augen das Handy, das Schmitt aus Ralles Hosentasche herausgeholt hatte, erblickten. Mit letzter Kraft griff er zum Handy und hoffte, dass das Handy im Keller Empfang hatte, denn in seinem Keller, bei sich zu Hause, hatte er nie Empfang gehabt.
Kapitel 65
Tag 4 nach der Entführung, Königsforst, 21:25 Uhr
Walsh hatte sich von hinten an die Hütte herangeschlichen. Mit gekonnten Blicken hielt er nach Kameras Ausschau. Jemand, der sich so viel Mühe machte und irgendwo tief im Wald einen unterirdischen Keller ausgrub, um seinen perversen Fantasien nachzugehen, dem war auch zuzutrauen, dass er überall Kameras aufgestellt hatte, damit er unbehelligt seinem kranken Trieb nachgehen konnte.
Doch Walsh sah keine Kameras. Inzwischen war er auf der Rückseite der Hütte. Er duckte sich und kroch unter dem Fenster, welches sich an
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