Peter Walsh - Gesamtausgabe Teil 1 - 4 zum Sonderpreis, Thriller (German Edition)
zur Perfektion verinnerlicht. Irgendwann war er so gut, dass er tötete, ohne sich irgendwelche Gedanken zu machen. Es gab immer wieder Agenten, die nach einem Auftrag einen Knacks bekamen oder gar in psychiatrische Behandlung mussten, weil sie Emotionen zugelassen hatten.
Ein Agent durfte niemals Zweifel an dem haben, was er tat, niemals den Auftrag anzweifeln. Auch dann nicht, wenn es Teil des Auftrags war, Kinder oder Frauen auszuschalten. Walsh war sehr gut, weil er es verstand, seine Emotionen zu unterdrücken und sich nur auf seinen Auftrag zu konzentrieren. Und wenn die Emotionen nicht mehr Teil seines Bewusstsein waren, war es ihm egal, ob Mann, Frau oder Kind. Auftrag war Auftrag. Nie hatte er an seinen Befehlen und deren Rechtmäßigkeit gezweifelt, da sie zum Wohle der USA dienten. Diese dicke Mauer brach erst durch den Verlust seiner Familie in sich zusammen, obwohl sie auch vorher schon kleine Risse bekam, die Walsh sich selbst aber nie eingestanden hätte.
Vor allem sein Großvater hatte immer wieder versucht, ihn moralisch zu stärken. Walsh hatte seinen Großvater sehr geliebt, sein Tod hatte stark an ihm genagt, aber dennoch hatte er nie seine Taten in Frage gestellt, auch wenn sein Großvater ihm das immer glauben lassen wollte. Wie Walsh verfügte auch sein Großvater über die Gabe, seinen Geist vom Körper zu lösen. Seinem Vater war sie nicht vergönnt. Allein diese Fähigkeit hatte Großvater und Enkel eng aneinander geschweißt.
Verfluchter Unfall, wollte ein Gedanke seiner Habhaft werden, aber Walsh schüttelte diesen schnell wieder ab, denn er war an seinem Ziel angekommen. Er stand vor Joes Wohnungstür. Sobald er auf die Klingel drücken würde, das war ihm klar, hatte er sich dazu entschieden, Joe zu vertrauen. Für einen kurzen Augenblick hielt er inne und überlegte, ob es klug sein würde, ihm zu vertrauen. Schließlich war Joe noch aktiv und damit seiner Behörde verpflichtet.
Egal, wie gut sie befreundet waren. Und wenn Walsh ehrlich war, hätte er sich eingestanden, dass Walsh Joe sofort der Behörde gemeldet hätte, wenn er in der gleichen Situation gewesen wäre. Loyalität war der wichtigste Grundpfeiler des Geheimdienstes. Die Mitarbeiter und Agenten des Geheimdienstes wurden ausgebildet, niemandem zu vertrauen, außer dem Geheimdienst selbst. Gerade in dem Moment, wo er auf die Klingel drücken wollte, zögerte er. Er mochte Joe. Sie waren dicke Kumpels, die besten. Aber reichte das wirklich aus, um ihm zu hundert Prozent zu vertrauen?
Walsh war schließlich zwei Jahre untergetaucht, hatte sich nicht einmal bei ihm gemeldet. Und taten das gute Freunde nicht eigentlich? Eine kleine Nachricht wenigstens, dass alles gut sei und er sich keine Sorgen machen brauche? Aber in den zwei Jahren war Joe für Walsh so unwichtig wie jeder andere auch. Und wenn er diese Albträume nicht gehabt hätte, wäre er wahrscheinlich für immer im Kloster geblieben. Wie konnte er jetzt nach Mannheim kommen und erwarten, dass Joe ihm half und dabei seine Loyalität zu seinem Arbeitgeber vergaß?
Was für ein Freund war denn Walsh Joe gegenüber? Ein Scheißfreund! Zwei Jahre waren eine lange Zeit. Zwei Jahre reichten, um eine Freundschaft zu vergessen. Wie gerne hätte Walsh jetzt gewusst, was Joe wirklich über ihn dachte. Was er die letzten zwei Jahre über getan hatte und wie loyal er gegenüber dem Geheimdienst wirklich war. Brauchte er Joe wirklich?
Ja! Ohne Joe hätte er keinen Zugang zu PRISM und den dort vorhandenen Informationen. Walsh war auch geübt im Hacken, aber bei weitem nicht so gut wie Joe. Walsh hätte es niemals geschafft, sich in das Polizeinetzwerk der Bundesregierung zu hacken, geschweige denn in PRISM oder ein anderes von den US-Geheimdiensten betriebenes Programm. Seine IT-Kenntnisse reichten aus, um sich in wenig geschützte öffentliche Einrichtungen, öffentliche W-LAN’s oder Profile wie Facebook und Twitter einzuhacken. Aber das hier war eine Nummer zu groß für ihn. Daher brauchte er Joe!
Und wenn er ehrlich war, war das sehr egoistisch von ihm. Seine alten Zugangsdaten zu PRISM konnte er natürlich nicht nutzen, dann hätte er auch gleich unter seinem richtigen Namen einreisen können. Und sicherlich waren seine alten Zugangsdaten eh schon längst gesperrt. Nein, der Geheimdienst und keine Behörde der USA durften erfahren, dass er sich in Deutschland aufhielt. Er wollte keine Nebenkriegsschauplätze.
Joe war die einzige Lösung. War er auch die
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