Peter Walsh - Gesamtausgabe Teil 1 - 4 zum Sonderpreis, Thriller (German Edition)
Kopka.
„Sie haben natürlich recht. Meine Kollegin hat das so nicht gemeint“, versuchte Kraft das Gespräch wieder auf ein vernünftiges Niveau zu retten.
Es klopfte an der Tür und Schill trat mit einem Tablett ein und reichte jedem seinen Kaffee.
Alle drei bedankten sich bei ihr. Als sie das Büro verließ, ergriff Kraft das Wort, bevor Bruhns mit einer weiteren dummen Aussage die Stimmung komplett ruinierte.
„Wir haben ein paar Fragen zu Marc Vogel, der gerade bei Ihnen ist. Ist ihnen der Name geläufig?“
„Marc? Ja, Marc kenne ich sehr gut sogar. Ein lebensfroher Vogel, immer höflich“, antwortete Kopka und konnte sich ein Schmunzeln über sein Namenswortspiel nicht verkneifen. „Was ist mit Marc? Ich hoffe, ihm ist nichts zugestoßen.“
„Nein, wir glauben, dass es ihm gut geht. Aber wir würden gerne ein bisschen mehr über ihn erfahren. Vor allem, was für eine Behinderung bei ihm vorliegt.“
„Warum wollen Sie das wissen?“
Genau über diese Frage hatten Bruhns und Kraft im Auto lange diskutiert. Sollten sie mit offenen Karten spielen oder nicht? Kraft hatte sich durchgesetzt.
„Melanie Vogels Tochter wurde entführt“, antwortete Kraft.
„Oh mein Gott. Weiß das Marc schon?“
„Das glauben wir nicht. Die Entführung war am Samstagvormittag. Und laut unseren bisherigen Recherchen dürfte Marc nichts davon wissen.“
„Das würde ihm das Herz brechen.“ In Kopkas Stimme lag tiefe Anteilnahme und Verzweiflung.
„Inwiefern?“, fragte Bruhns misstrauisch.
„Marc hat Nina oft mit hier her gebracht. Nina hat ihn auch oft besucht und sogar ab und an hier übernachtet, wenn Marc einige Tage bei uns blieb, wenn er beim Jule-Club oder anderen Aktionen mitgemacht hat. Und jeder konnte die innige Liebe zwischen den beiden sehen. Da passte kein Papier dazwischen.“
Kraft warf Bruhns einen Blick zu und Kraft wusste, was Bruhns Körpersprache und die zusammengezogenen Augen bedeuteten. Bruhns war äußerst misstrauisch, gerade wenn es um innige Liebe ging. Wahrscheinlich dachte Bruhns, ob Marc nicht vielleicht innige Liebe mit sexueller Lust verwechselte, oder umgekehrt. Kraft hingegen fand nichts Anstößiges an dieser Aussage, sie bestätigte ihn eher darin, dass sie in Marc einen falschen Verdächtigen hatten.
„Herr Kopka, wir möchten Sie bitten, alles, was wir hier besprechen, vertraulich zu behandeln. Erwähnen Sie bitte niemandem gegenüber, dass Nina Vogel entführt wurde.“
„Seien Sie ohne Sorge, Frau Bruhns. Ich hoffe, man findet die Kleine sehr schnell, vor allem lebendig. Das könnte Marcs Entwicklung sonst um Jahre zurückwerfen. Er ist richtig vernarrt in seine Nichte. Arme Nina.“
„Könnten Sie uns nun bitte sagen, welche Behinderung bei Marc vorliegt?“
„Marc hat unterdurchschnittliche kognitive Fähigkeiten.“
„Und das heißt?“, fragte Bruhns leicht gereizt. Kraft wusste, dass Bruhns mit sich kämpfte. Bruhns wollte Antworten und kein Fachchinesisch, welches sie nicht verstand. Kraft kannte leider Bruhns Einstellung zu behinderten und sozial benachteiligten Menschen.
„Bei Marc liegt eine geistige Behinderung vor.“
„Und wie macht sich das im Alltag bemerkbar?“, fragte Kraft, dem nicht entgangen war, dass Bruhns und Kopka sich nicht riechen konnten.
„Marc hat einen IQ von unter 70. In seinem erwachsenen Körper steckt im Grunde der Verstand eines Kindes. Deswegen umgibt sich Marc auch am liebsten mit Kindern.“
„Ist er ein Mongo?“, platzte es aus Bruhns heraus und Kraft war sich nicht sicher, ob Bruhns das mit voller Absicht ausgesprochen hatte, um Kopka zu provozieren, oder ob es ihr wirklich nur ausgerutscht war.
„NEIN! Er ist kein Mongo! Liebe Frau Bruhns, als Polizistin sollten sie eigentlich wissen, dass dies eine Beleidigung für Menschen ist, die an Trisomie 21 leiden, bzw. das, was sie wahrscheinlich als Down-Syndrom kennen. Marc leidet an einer chromosomalen genetischen Störung. Sein Chromosom 21 ist dreimal statt zweimal vorhanden. Glücklicherweise wurde dies bei Marc sehr früh festgestellt und die Eltern haben sich schon damals für eine frühkindliche Förderung entschieden, was sehr klug war. Denn Marc kann, wie sie auch, dank dieser Förderung ein langes Leben erreichen. Zum Glück sind seine Organe nicht betroffen, er leidet auch an keinen typischen Herzfehlern, wie es leider sehr oft vorkommt. Marc bereichert unser Haus ungemein, mit seiner Wärme und seiner liebenswürdigen Art!“
Kraft hätte Bruhns
Weitere Kostenlose Bücher