Peter Walsh - Gesamtausgabe Teil 1 - 4 zum Sonderpreis, Thriller (German Edition)
Sein Vater wurde nach Kaiserslautern versetzt, aber er durfte weiterhin in Mannheim auf dem Militärstützpunkte wohnen. Da die Schließung der Coleman Barracks für Ende 2015 vorgesehen war, hätten seine Eltern im Jahr 2014 eigentlich nach Kaiserslautern umziehen müssen. Dort liegt der weltweit größte US-Militärstützpunkt außerhalb der USA mit 50.000 US-Angehörigen.
Der Stützpunkt ist auch als Kaiserlautern Military Community (KLM) bekannt. Diesen Tag sollten seine Eltern aber nie erleben. Er hatte eine schöne Kindheit und Jugend in Mannheim gehabt. Auch seine Eltern hatten sich in Mannheim immer wohl gefühlt. Hatten! Walsh wollte nicht mehr an diese Zeit denken. Er war froh, als das Taxi die Coleman Barracks hinter sich gelassen hatte und auf die Mannheimer Innenstadt, vorbei an der SAP-Arena, zufuhr.
Joe wohnte im Quadrat N6, sehr zentral, ganz in der Nähe vom Holiday Inn Hotel. Joe war ein komischer Kauz. Zum einen genau so, wie man sich einen Hacker oder Informatiker vorstellte, also total vernarrt in seine Arbeit, aber zum anderen alles andere als menschenscheu. Ein sehr geselliger Typ, der gerne viel lachte, Partys liebte und Menschen um sich mochte.
Die meisten Informatiker, mit denen es Walsh während seiner Arbeit zu tun bekam, erfüllten leider das typische Klischee. Sie waren Eigenbrötler, kaum gesellig und nur aufs Programmieren fixiert. Kein Wunder, dass viele von ihnen so blass aussahen, wenn sie nie von ihrem Schreibtisch wegkamen. Als Walsh die Kunststraße hinaufging kamen unweigerlich wieder alte Erinnerungen hoch. Er war früher oft in der Mannheimer Innenstadt, hatte häufig mit Joe in Cafés abgehangen oder war mit ihm in Bars und Discotheken abgestürzt. Wobei, wenn er ehrlich war, Joe eigentlich immer abgestürzt ist. Walsh trank auch gerne und viel, und war garantiert kein Kostverächter, aber dass er mal so betrunken war, dass er keine Kontrolle mehr über sich hatte, war sehr selten der Fall. Das konnte er an einer Hand abzählen, denn diese Momente waren nahezu immer mit persönlichen Rückschlägen verbunden.
Walsh ging am Bolands vorbei, welches im Quadrat O4 lag. Dort saßen noch einige Leute. Das Bolands war eine Mischung aus Café und Cocktailbar und einer der In-Treffs der Mannheimer. Mannheims historische Innenstadt war seinerzeit als Planstadt in Häuserblöcken statt in Straßenzügen angelegt, daher trugen die Straßen in der Innenstadt auch nur Quadratnamen wie N1, O2, P3 oder S4. Mannheims Innenstadt wurde unter den Einheimischen auch nur „die Quadrate“ genannt. Mit dieser Besonderheit unterschied sich Mannheim vom restlichen Deutschland, wo es keine Häuserblöcke, sondern Straßenzüge gab, und die Straßen ganz normale Straßennamen trugen. Irgendwie hatte das Walsh an Mannheim immer sehr gemocht. Mannheim war ihm stets in guter Erinnerung geblieben.
Mit jedem Meter, den Walsh näher an sein Ziel kam, kamen auch die Erinnerungen an eine Zeit hoch, die er vergessen wollte. Es war schon etwas dran an dem Spruch, dass man vor seiner Vergangenheit nicht davonlaufen konnte. Zwei Jahre lang war ihm das gut gelungen. Fernab jeder Zivilisation.
Aber jetzt, zurück in der wirklichen Welt, in Deutschland und in Mannheim, war sie wieder da, die Vergangenheit, und klopfte fies an sein Bewusstsein. Aber Walsh war mental trainiert und er hatte beschlossen, nur das in seinen Kopf zu lassen, was er seelisch auch ertrug. In diesem Augenblick hätte er sich das nicht eingestanden, aber Walsh war noch längst nicht über den plötzlichen Verlust seiner Familie hinweg. Auch nach zwei Jahren nicht. Woran es lag?
Er hatte nie darüber gesprochen, sich selbst nie zugestanden, die Ereignisse zu verarbeiten. Selbst im Kloster nicht, obwohl die Mönche und sein Meister ihm sicherlich zur Seite gestanden hätten. Aber Walsh konnte nicht über seine seelischen Probleme sprechen. Er war ein Top-Agent, vielleicht der beste, den die USA, die Welt, je besaß. Und als Top-Agent musste man sich immer unter Kontrolle halten, seine Gefühle hinten anstellen, schließlich musste man schwierige Entscheidungen treffen. Es war eine Sache, einen Befehl zu erhalten jemanden zu töten, aber dann, wenn man vor seinem Zielobjekt stand, auch abzudrücken, war eine ganz andere.
In der Simulation und im Training war das alles sehr einfach. Aber, wenn man vor jemanden steht, dann wirklich den Abzug zu betätigen, war eine Herausforderung. Da hatten Gefühle keinen Platz. Und Walsh hatte das bis
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