Peter Walsh - Gesamtausgabe Teil 1 - 4 zum Sonderpreis, Thriller (German Edition)
schnappen und Nina lebend retten. Es kann eine heiße Spur sein, aber auch einfach nur heiße Luft. Wir müssen den Bruder befragen und uns ein Urteil machen, in wie weit seine Behinderung ihn als Täter ausschließt.“
„Wie kann er der Täter sein, wenn der Täter genau wusste, wo die Kameras sind. Wieso sollte er erst in den Laden und sich filmen lassen, um dann später Nina zu entführen, ohne dass sein Gesicht von den Kameras aufgezeichnet wird? Ganz ehrlich, das macht keinen Sinn. Und wie es ausschaut, ist der Bruder auch rein von der Statur her nicht unser Täter, der ist doch viel kleiner und schmächtiger“, versuchte Kraft Einspruch zu erheben.
„Da hat er nicht ganz unrecht, Chef. Das klingt für mich auch nicht plausibel“, bestätigte ihn Prochnow.
„Jungs, ich sage nicht, dass es der Behinderte war. Aber vielleicht ein Komplize. Vielleicht hat jemand seine Behinderung ausgenutzt, um an Nina ranzukommen. Aber vielleicht ist das auch nur eine Taktik von dem Behindi. Vielleicht ist er ja gar nicht so balla wie er allen vormacht, und hier passiert etwas ganz Abartiges. Wer sagt denn, dass nicht die Großeltern, der Onkel und irgendwelche anderen Hintermänner hinter dieser Entführung stecken“, versuchte Bruhns ihre Gedankengänge zu rechtfertigen.
Wolke holte tief Luft und entließ sie mit einem kräftigen Stoß aus seinen Lungen. Dieser Fall nahm langsam wirre und abstruse Züge an. Sie mussten aufpassen, dass sie nicht Annahmen mit Fakten verwechselten und am Ende einem Hirngespinst hinterherjagten. Aber in einigen Punkten teilte er die Meinung von Bruhns. Wolke glaubte auch, dass der Bruder von Melanie Vogel zu den Tatverdächtigen gezählt werden sollte.
„Wir müssen dringend die Aufzeichnung durchsuchen, nochmals komplett.“
„Chef, aber heute Abend wird das nichts mehr. Der Videoraum ist nicht mehr besetzt. Die kommen erst morgen früh um sieben wieder.“
„Scheiße! Na, dann weiß ich, wer morgen früh um sieben auf der Matte steht!“ Wolke gefiel das ganz und gar nicht. Sie verloren wichtige Zeit. Zeit, die Nina einfach nicht hatte. Aber der Videoraum konnte nur von ausgebildeten Medienspezialisten und Medieninformatikern bedient werden.
„Na, das wird eine kurze Nacht …“, antwortete Miehle und schaute auf die Uhr, die im Besprechungsraum an der Wand hing: 23:35 Uhr.
„Da fällt mir noch eine Idee ein. Wir sollten alle Bilder, die wir auf unserer Liste mit Personen haben, auch mit den Aufzeichnungen vergleichen. Ich will wissen, ob am Tattag noch andere Personen bei P&C waren. Miehle, die Videospezialisten sollen sich drum kümmern.“
„Boah, Chef, das wird dauern. Das heißt ja, die müssen mit Gesichtserkennungssoftware arbeiten und das umzuprogrammieren kann bestimmt ein bis zwei Tage dauern.“
„Egal. Hol dir die digitalen Images von Bruhns und die Jungs von der Technik sollen den Abgleich starten. Und du wirst parallel morgen früh prüfen, wann und wie oft der Bruder von Melanie Vogel im Kau fhaus zu sehen war. Ich will wissen, mit wem er dort war, zu wem er Kontakt hatte und ob es auch einen Kontakt zu seiner Schwester oder seiner Nichte gab. Parallel dazu haben die anderen ja ihre Aufgaben zugewiesen bekommen. Bruhns, Kraft - sobald das Büro der Lebenshilfe geöffnet hat, will ich euch beide dort wissen. Findet heraus, wer dieser Bruder ist und welche Behinderung vorliegt. Befragt auch die Betreuer. Die Zeit rennt uns davon, wir müssen endlich etwas Brauchbares vorweisen. Die Presse wird sehr bald davon erfahren und dann haben wir richtig Druck. Also enttäuscht mich nicht.“
Alle nickten. Für alle von ihnen, Miehle ausgenommen, war Kindesentführung kein Neuland. Sie waren seit Jahren ein Team und spezialisiert auf Entführungen und Sexualstraftaten. Ihre Erfolgsquote, die Täter zu schnappen, war hoch, aber leider auch die Quote, dass die Täter im Familienumkreis zu suchen waren. Erschreckend war auch die Tatsache, dass die Opfer nur selten lebendig befreit werden konnten . Viel zu oft hatten die Täter ihre Opfer schon kurz nach ihrer Tat getötet oder spätestens, wenn ihnen der Druck durch Presse und Ermittlungen zu groß wurde. Am Ende waren es die Nerven der Täter, die über Leben und Tod der Opfer entschieden. Es lag selten der Fall vor, dass sie ihre Opfer aus sexueller Lust heraus umbrachten. Die Presse verwechselte Sexualstraftäter oft mit Sadisten. Sadisten töteten Menschen aus purer Lust am Töten selbst, der Sex war nicht die
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