Pfad der Schatten reiter4
so schnell, wie sie gekommen war.
»Ich weiß es nicht«, antwortete Graelalea. Irgendetwas kaum Wahrnehmbares schwang in ihrer Stimme mit, von dem Karigan meinte, es bedeutete, dass sie sehr wohl wusste, wie so etwas möglich war, aber dass es ihr verboten war, mehr darüber zu sagen, oder dass sie einfach nicht mehr sagen wollte.
Das ist wieder typisch, dachte Karigan. Wenn Eleter im Spiel waren, gab es niemals klare Antworten. In ihrer Welt gab es nichts Absolutes. Wüste Kopfschmerzen pochten in ihren
Schläfen, und ihr war eiskalt. Genau wie beim letzten Mal, als sie durch die Zeit gereist war.
Sie wand sich und merkte, dass ihr Kopf in jemandes Schoß lag. Sie öffnete die Augen einen Spalt und sah Yates’ besorgtes Gesicht über sich gebeugt.
»Karigan?«
»Ich bin in Ordnung.« Ihre Stimme klang dumpf in ihren Ohren. »Mir ist nur kalt.«
»Facht das Feuer an«, befahl Graelalea jemandem, »und bringt Decken.« Sie sprach schnell auf Eletisch und kniete sich dann neben Karigan. »Sie waren zwischen den beiden Zeiten gefangen. Ich weiß nicht, ob Sie hätten zurückkehren können, wenn Sie ganz hinübergegangen wären.«
»Mornhavon war da. Er hat seine Hand nach mir ausgestreckt.«
Graelalea, die vor ihr saß, fuhr zurück. Ihre Augen waren groß und furchtsam. »Dann war die Gefahr, Sie zu verlieren, sogar noch größer, als ich dachte.«
Karigan spürte, wie Yates sich versteifte. »Was hast du dir dabei gedacht, dich mit Mornhavon einzulassen?« Seine Worte kamen heraus wie ein Schrei.
»Ich habe gar nichts gedacht. Es ist einfach passiert.«
»Dieses Maß der Zeit dient eigentlich nur dazu, einen Einblick in einen einzigen Augenblick zu erhaschen«, murmelte Graelalea. »Aber Sie haben schon früher die Schichten der Welt durchquert und sollten vorsichtiger sein.«
Karigan wollte widersprechen, aber sie war einfach zu müde. Graelalea drückte ihr daraufhin eine kühle Kugel in die Hand, deren Licht flackerte. Ihr Mondstein.
»Sie werden dies nicht verlieren wollen«, sagte die Eleterin leise.
Karigan wurde in Decken gepackt und zum Feuer gebracht. Sie schauderte, als sie die Flammen sah.
»Was ist?«, fragte Yates.
»Ich habe gesehen, wie die Leute, die hier wohnten, vor den Erdriesen flohen. Das Tal stand in Flammen.«
Graelalea kniete neben ihr. »Ja. Viele Siedlungen endeten so, als Mornhavon Argenthyne eroberte. Hier.« Sie reichte Karigan ein silbernes Fläschchen. »Nach ein paar Schlucken wird es Ihnen viel besser gehen.«
Es war ein Heiltrank, dessen Wärme ihre Adern bis zu den Zehen- und Fingerspitzen durchdrang und die Kälte vertrieb, die sie nach ihrer Reise durch die Zeitläufte empfunden hatte. Nach dem zweiten Schluck fühlte sie sich fast wieder wie sie selbst, die Kopfschmerzen waren wunderbarerweise verschwunden, aber die Reise hatte einen dunklen Eindruck in ihrem Geist hinterlassen.
»Danke«, sagte sie und gab Graelalea das Fläschchen zurück.
»Du warst durchsichtig«, sagte Yates zu ihr. »Du warst … wie ein Geist. Und wir konnten verschwommene Bilder sehen, die sich um dich herum bewegten, als würde der Nebel Gestalt gewinnen. Und das Licht, das dein Mondstein ausstrahlte – ich kann immer noch nicht wieder richtig sehen.« Er rieb sich die Augen.
Karigan konnte nicht sprechen, sondern starrte in die Flammen und fühlte sich völlig überwältigt von ihrem Erlebnis. Sie hatte die Zerstörung von Telavalieth gesehen, die vor Jahrhunderten stattgefunden hatte, und Mornhavon.
Jemand stand zwischen ihr und dem Feuer. Karigan sah auf. Es war Spiney. Er blinzelte zu ihr herab, als versuchte er, in sie hineinzublicken. »Es gibt Leute in Eletien, die meinen, Sie seien gefährlich«, sagte er. »Sie haben nicht ganz unrecht.« Er drehte sich abrupt auf dem Absatz um und ging fort.
Er war nicht der Einzige, der sie mit seltsamen Blicken ansah. Von der anderen Seite des Feuers starrte Ard sie an,
während er gedankenverloren an einem Stock herumschnitzte. Als er merkte, dass sie seinen Blick wahrnahm, wandte er die Augen ab.
»Reiterin«, sagte Grant, »ich übernehme den Rest Ihrer Wache. Wahrscheinlich sollten Sie sich nach Ihrem Erlebnis ausruhen, was auch immer in allen fünf Höllen es war.«
Er hatte dunkle Ringe unter den Augen, und seine Wangen waren so eingefallen, dass Karigan das Gefühl hatte, eigentlich sei er derjenige, der sich ausruhen musste, aber sie widersprach nicht. Sie glitt in ihr Zelt und war erleichtert, den musternden Blicken
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