Pfad der Schatten reiter4
Blutegel gegen das Gift einzusetzen. Hier gibt es schließlich mehr als genug davon. Wir haben sie genau untersucht und festgestellt, dass der Wald sie nicht pervertiert hat. Wir haben einige an Ihre Wunden angesetzt. Möchten Sie sie sehen?«
»Nein!« Instinktiv schauderte Karigan bei dem Gedanken an Blutegel, an Mäuler, die sich an ihrem Fleisch festsogen und ihr Blut heraussaugten, bis sie ganz aufgeschwemmt waren. Eine Behandlung mit Blutegeln war bei vielen Krankheiten üblich, aber Karigan hatte einfach genug von Wesen, die ihr Blut saugen oder sie fressen wollten.
»Wir haben erwogen, Kolibris einzusetzen«, sagte Graelalea.
Als Karigan klar wurde, dass die Eleterin einen Witz gemacht hatte, war diese schon fort, und es wurde dunkel im Zelt. Die Kraft, die der Heiltrunk ihr eingeflößt hatte, nahm rasch ab, und eine Schwere senkte sich auf sie herab. Zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte sie sich sicher, so sicher wie man im Schwarzschleierwald nur sein konnte. Jemand anders trug die Verantwortung für Yates, und jemand anders bewachte das Lager.
Sie versuchte, nicht an die Blutegel zu denken, die sich von ihrem Blut nährten, und überließ sich der Dunkelheit und der Schwere, die ihr halfen, in Schlaf zu sinken.
Irgendwann in der Nacht wurde sie durch wütende Stimmen geweckt, und Träume von weißen Federn, die wie Schnee herabfielen, und von einem silbernen Schlüssel, der funkelnd auf ihrer Handfläche lag, entglitten ihrem Wachbewusstsein. Es dauerte einen Augenblick, bis ihr wieder einfiel, wo sie war. Es war nicht völlig dunkel, denn das Licht von Mondstein und Feuer schimmerte durch die Leinwand ihres Zelts. Die Schatten heftig gestikulierender Silhouetten huschten über die Zeltleinwand.
»Ich habe genug gesehen!« Das war Grant, er sprach am lautesten. »Es gibt keinen Grund, noch weiterzugehen.«
»Sie können umkehren, wann immer Sie möchten.« Graelaleas Stimme war kalt. »Wir zwingen Sie keineswegs, uns weiterhin zu begleiten.«
Grant lachte. Es klang beinah hysterisch. »Ihr sagt das, obwohl Ihr genau wisst, dass wir den Rückweg allein niemals finden werden, und dass wir ohne Euch in viel größerer Gefahr wären.«
»Wir räumen Ihnen diese Möglichkeit ein«, antwortete Graelalea. »Mehr kann ich nicht tun, denn wir müssen unsere Reise fortsetzen. Wir kehren nicht um. Noch nicht.«
»Ihr wollt uns einfach im Stich lassen?«, schrie Grant.
Anscheinend fand Graelalea, dass es sich nicht lohnte, darauf zu antworten, denn sie erwiderte nichts. Eine der Silhouetten entfernte sich langsam.
»Was wollt Ihr nur hier erreichen?« Dies war Ard. »Was in allen Höllen ist so wichtig, dass Ihr weitergehen müsst? Weshalb sind wir wirklich hier? Wonach sucht Ihr?«
Graelaleas Silhouette verharrte, und ihr Schatten wuchs und schrumpfte im Licht der tanzenden Flammen. »Sie sind hier, weil Ihr König es Ihnen befahl. Ich weiß nur wenig über seine Motive, aber Sie sind auf seinen Wunsch hier. Mein Gefolge und ich sind hier, weil unser Kronprinz dies wünscht.«
»Das ist wohl kaum eine Antwort«, brummte Ard. » Warum wünscht Euer Kronprinz, dass Ihr hier seid? Ich finde, nach allem, was wir zusammen durchgemacht haben, seid Ihr es uns zumindest schuldig zu sagen, wofür unsere Leute hier eigentlich sterben.«
Zunächst antwortete Graelalea nicht, und Karigan dachte schon, sie würde sich dazu entscheiden zu schweigen, aber zu Karigans Überraschung sagte sie schließlich: »Wir sind um der Zurückgelassenen willen wieder hierhergekommen.«
»Der Zurückgelassenen …«, stotterte Ard.
Karigan stellte sich den Gesichtsausdruck ihrer sacoridischen Gefährten vor, die genau die gleiche Verblüffung und Neugierde empfanden wie sie.
»Wer?«, drängte Lynx mit grollender Stimme. »Wer wurde zurückgelassen?«
Karigan spürte die intensive Spannung und Erwartung trotz der Zeltwände, die sie umgaben.
»Unsere Schläfer«, sagte Graelalea.
»Eure Baummenschen?«, platzte Ard heraus.
»Es besteht die Möglichkeit«, antwortete Graelalea mit ruhiger Stimme, »die Schläfer zu wecken und vielleicht zu retten,
falls der Hain von Argenthyne noch immer existiert, und sie zurück nach Eletien zu bringen.«
»Und wenn der Hain verschwunden ist, so wie der in Telavalieth?«
»Wir glauben, dass seine Überlebenschancen größer waren als die der anderen Haine. Es gibt … es gab Mächte im Schloss.«
»Ihr seid Narren«, sagte Grant. »Ihr seht doch, was dieser Wald ist und was
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