Pfad der Schatten reiter4
meiner Mutter diesen Mondstein gegeben?«
Laurelyn zögerte, bevor sie antwortete. Ja.
»Warum?«
Er enthält das Leuchten des Mondes, unter dem wir uns jetzt bewegen. Er hat dir geholfen, dies es Zeitmaß zu finden.
»A-aber ich war noch nicht einmal geboren, als meine Mutter ihn bekommen hat!«
Laurelyn ging zügig weiter. Du weißt inzwischen, dass Eleter manchmal über die Gegenwart hinaussehen können. Unsere Existenz ist nicht immer linear, aber Sehen ist etwas anderes als die Fähigkeit, sich durch die Schichten der Welt zu bewegen. Ich wusste, dass Kariny jemanden mit deiner Fähigkeit empfangen würde. Ich habe sie auf jener Lichtung besucht und ihr vorgesungen. Ich hatte nicht vorausgesehen, dass dein Vater der Nachfahre von jemandem aus Mornhavons Volk sein würde, aber es lag eine Symmetrie darin, die mich ansprach.
»Aber Ihr ...«
GrößStenteils bin ich nicht hier , antwortete Laurelyn. Je weiter die Zeit fortschreitet, desto weniger bin ich hier, und der Wald beraubt mich meiner Kraft. Du siehst nur den Schatten des Lichts.
Karigan blinzelte, als sie in Laurelyns Helligkeit blickte. Sie hätte nicht sagen können, was sie sah und was nicht. Seit sie eine Reiterin geworden war, hatte sie so viele merkwürdige Dinge erlebt, dass sie nun nur den Kopf schüttelte und das Rätsel Laurelyns ihrer langen Rätselliste hinzufügte.
»Ich sollte eigentlich in die Vergangenheit zurückgehen und mir selbst raten, keine Grüne Reiterin zu werden«, bemerkte Karigan.
Aber würdest du auf dich hören? , fragte Laurelyn mit einem amüsierten Blitzen in den Augen.
»Wahrscheinlich nicht. Aber wenn ich das schon tun kann, dann könnte ich doch auch meine Mutter davon abhalten, auf den Jahrmarkt zu gehen, wo sie das Fieber bekommen hat. Ich ... ich könnte Geschwister haben. Ich ...«
Nein . Laurelyns Stimme krachte wie Donner, und jegliche Andeutung des Amüsements war verschwunden. Eine solche Einmischung wäre katastrophal.
»Ihr habt Euch davon nicht abhalten lassen.«
Ich habe nichts von dem verändert, was bevorsteht.
»Ihr habt meiner Mutter einen Mondstein gegeben.«
Sie starrten einander an, aber Laurelyns Strahlen tat Karigans Augen weh, und sie sah weg.
Sie gingen weiter und erreichten den ersten Turm. Karigan sah, dass er voller Schläfer war, Schläfer, die die Treppen emporklommen und in den fernen Höhen die Brücken überquerten. Wunderbarerweise hatten sie weder Graelaleas Leichnam,
noch ihren Mondstein angefasst. Sein Lichtschein berührte sie und Laurelyn und verblasste dann.
Die Königin von Argenthyne berührte die Feder in Karigans Haar. Enmorial , murmelte sie. Erinnere dich.
Karigan hielt inne, denn sie erinnerte sich an jene verschneite Nacht auf dem Pfeilwiesenweg. Eine Frage nagte im Hintergrund an ihren Gedanken. »Warum habt Ihr mich das vergessen lassen?«, fragte sie. »Warum habt Ihr mich dazu gebracht, unsere erste Begegnung zu vergessen?«
Zunächst antwortete Laurelyn nicht. Dann: Ich fürchtete, dass diese Erinnerung vielleicht eine zu schwere Bürde des Grauens für dich wäre und du dann vielleicht meiner Bitte, hierherzukommen, nicht entsprochen hättest.
»Aber warum seid Ihr mir dann überhaupt erschienen?«
Ich habe meine Bitte in dich hineinfließen lassen wie eine unterirdische Strömung, wie einen Ruf, der die Wünsche deiner Vorgesetzten verstärken würde. Nun sehe ich dich und weiß, dass meine Furcht unbegründet war, und es tut mir leid, dass ich dir die Wahrheit verborgen habe.
Karigan seufzte. Sie hatte irgendwie ihre Wut überwunden, jedenfalls im Augenblick, und dachte, dass Laurelyn ihr tatsächlich eine Zeit lang die Bürde des Grauens erspart hatte.
Vor allem wollte ich dir begegnen, Karinys Tochter. Laurelyn streckte die Hand aus und streichelte Karigan mit ihrem Licht. Dir, der Einen, auf die ich so lange gewartet habe und auf der alle meine Hoffnungen ruhten. Auch Kariny war meine Herzensfreundin, und dass ich dich an dem Ort angetroffen habe, an dem ich sie so oft besucht habe, war die Antwort auf eine Sehnsucht meines Geistes. Sie machte eine Pause. Du bist so sehr ein Spiegel deiner Mutter.
Die beiden Welten, durch die Karigan sich bewegte, die vergangene und die gegenwärtige, schwankten und wogten in ihrer Wahrnehmung. Sie schloss die Augen, um sie nicht mehr
zu sehen und den Sturm auszusperren, der sich in ihrem lnn-eren erhob.
Ich habe Kariny bis zum Ende ihrer Tage vorgesungen, und als sie fort war, fühlte ich mich hohl vor
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