Pfad der Schatten reiter4
noch weiter zurückwich. Karigan trat weiter nach ihm und ihr gestiefelter Fuß traf ihn genau am Kinn. Diesmal waren es nicht ihre eigenen Knochen, die sie brechen hörte. Blut strömte ihm aus dem Mund. Ein weiterer Schlag schleuderte ihn an den Rand. Er fand das Gleichgewicht nicht wieder und stürzte ab.
Sie hatte kaum begriffen, was geschehen war, als der dunkle Eleter im Fallen ihr verletztes Bein packte. Sie rutschte halb von der Brücke und krallte sich mit der unverletzten Hand am
gegenüberliegenden Rand fest. Der dunkle Eleter baumelte an ihrem Bein, und sein Gewicht zog sie nach unten. Ihre Finger gaben nach und begannen abzurutschen. Sie trat nach dem Eleter, und er rutschte von ihrem Bein ab; er versuchte, seine Klauen in ihr Fleisch zu schlagen, um sich festzuhalten, schaffte es aber nicht. Und plötzlich war sein Gewicht verschwunden.
Mit einem Grunzen schwang Karigan ihre Beine auf die Brücke zurück. Sie keuchte und spürte alle ihre Verletzungen auf einmal. Unter ihr auf der durchsichtigen Brücke bildete sich eine Tränenpfütze.
Fadendünn drang Laurelyns Stimme an ihr Ohr. Karigan, verlass die Brücke, schnell!
Karigan sah hoch und verstand Laurelyns Ungeduld. Drei weitere dunkle Eleter erschienen auf dem Brückenbogen.
Karigan kroch fort und hob den Mondstein auf, der wunderbarerweise nicht in die Tiefe gerollt war. Sie kroch weiter und hinterließ Blutspuren auf den Mondstrahlen. Durch den Mondstein gewann sie Zeit, denn sein grelles Licht blendete die Gesichter der Finsteren, sodass sie zögerten. Die Brücke loderte auf und schien im Mondfeuer zu brennen.
Sie tastete sich über die Brücke, so schnell ihr übel zugerichteter Körper es ihr erlaubte, und packte unterwegs ihren Stab. Den Rest des Weges rollte sie hinunter, während die dunklen Eleter hinter ihr herrannten. Als sie die Insel erreicht hatte, verschwand die Brücke. Die drei dunklen Eleter hingen einen Moment in der Luft, bevor sie in den Abgrund stürzten.
Es kommen keine anderen , kam Laurelyns ferne Stimme, und die Brücke erschien wieder.
Karigan rollte sich auf den Rücken, keuchte und schaute in den milchigen Himmel hinauf. Sie fragte sich, ob sie überhaupt noch in der Lage war, die nächste Brücke zu erreichen, geschweige denn, sie zu überqueren und dann zurückzukehren. Sie könnte in Eletien bleiben und vielleicht ihre Wunden dort
versorgen lassen. Ob es ein schlimmer Verrat war, wenn sie nicht zu ihren Gefährten in den Schwarzschleierwald zurückkehrte? Bestimmt würden sie den Weg zurück zum Wall ohne sie genauso gut finden, falls überhaupt einer von ihnen noch am Leben war …
Nein, sie konnte sie nicht im Stich lassen, vor allem Yates nicht. Yates, ihren Freund, der gar nicht gewusst hatte, worauf er sich einließ, als er sich freiwillig für die Reise gemeldet hatte. Der Gedanke an ihn ermöglichte es ihr, auf die Füße zu kommen. Ganz egal, wie sehr ihr zerfetztes, zerquetschtes Bein schmerzte, sie wusste, dass sie in den Schwarzschleierwald zurückkehren musste, um dafür zu sorgen, dass Yates sicher nach Hause kam.
Sie schob den Mondstein in die Tasche, stützte sich schwer auf ihren Stab und segnete in Gedanken die Waffen für die weise Voraussicht dieses Geschenks. Sie hielt ihr gebrochenes Handgelenk eng an ihren Köper und humpelte über die Insel hinweg – eine Hirtin der Schläfer, die ihr folgten wie schweigende Gespenster.
Zu Karigans Erleichterung war die zweite Brücke kürzer und der Abgrund, den sie überspannte, war schmaler. Die Steine waren recht grob behauen, und es tröstete sie, wie irdisch sie wirkten. Auf dem höchsten Punkt des Bogens trat sie in einen goldenen Nebel und den Sonnenschein einer Waldlichtung, der sie sofort wärmte und tröstete, nachdem sie so lange Zeit in der feuchten Finsternis des Schwarzschleierwaldes verbracht hatte. Sie seufzte, schloss die Augen und ließ sich von der Sonne durchdringen. Laurelyn hatte gesagt, dass ihr Zeitmaß möglicherweise nicht der Zeit in Eletien entsprach. Sie hatte Argenthyne nachts verlassen, aber hier schien es mitten am Nachmittag zu sein. Karigan war froh.
Als sie die Augen wieder öffnete, nahm sie ein murmelndes Bächlein wahr, und den turmhohen Hain, der die Lichtung
umringte. Sternblumen und rosaroter Frauenschuh wogten vor einem smaragdgrünen Hintergrund, und Singvögel zwitscherten. Sie fühlte sich wieder lebendig.
Ein Mann kniete am Bach und ließ Wasser über seine Hand fließen. Flachsfarbenes Haar hing
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