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Pfad der Seelen

Pfad der Seelen

Titel: Pfad der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kendall
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jegliche Eindringlinge im Seelenrankenmoor getötet. Um » ihre Seelen zu stehlen«.
    Meine Mutter war, wie Tante Jo gesagt hatte, im Seelenrankenmoor gestorben.
    War sie ermordet worden? Wie?
    Nein. Das konnte ich mir nicht vorstellen. Ich würde wahnsinnig werden, wenn ich daran dachte. Es war ohnehin nichts als eine Sage; niemand konnte Unsterblichkeit erlangen, indem er anderen die Seelen stahl. Seelen konnten nicht gestohlen werden. Sie konnten nur den Pfad der Seelen beschreiten, um im Land der Toten weiterzuleben, wenn man das ein » Leben« nennen konnte. Aber hier, im Land der Lebenden, konnte meine Lady Cecilia durchaus behelligt werden.
    » Sie ist ins Seelenrankenmoor gegangen, nach Hyrgyll«, hatte der Mann mit den abgebrochenen Zähnen gesagt. » Wohin sonst sollte jemand wie ihr Hüter schon gehen?« Was für ein Hüter? Was wusste ich nicht über Cecilia?
    Lady Margaret hatte gesagt, dass » schon immer etwas Seltsames an Cecilia« gewesen war. Aber für mich war sie wie ein kleiner Bach, flink und licht und klar bis zum Grund, der fröhlich in seinem kleinen Bett vor sich hin murmelte. Der Mann mit den abgebrochenen Zähnen hatte gelogen oder sich geirrt, oder er war einfach grausam. Mutter Chilton hatte sie nicht nach Hyrgyll geschickt: » Ich habe ihr aufgetragen, in die Unbeanspruchten Lande zu gehen, aber das Seelenrankenmoor nicht zu betreten«. Cecilia war irgendwo in den Unbeanspruchten Landen, und ich würde sie finden. Ganz bestimmt.
    Und meine Mutter …
    Denk gar nicht daran!
    Aber es gab nur einen Weg, wie ich solche Gedanken aufhalten konnte. Ich würde tun, was ich vor über einem halben Jahr vorgehabt hatte, seit dem Zeitpunkt, als Tante Jo mir erzählt hatte, wie meine Mutter gestorben war. Ich würde mich dem Seelenrankenmoor – Hyrgyll – so weit nähern wie möglich, ohne in Gefahr zu geraten, und würde den Pfad der Seelen betreten. Meine Mutter war keine alte Frau, aber sie war dort, und sie würde mit mir sprechen, mit ihrem einzigen Kind. Von ihr würde ich schließlich Antworten erhalten.
    Dass ich einen Plan hatte, munterte mich auf. Es war eine närrische Fröhlichkeit, denn alle Schwierigkeiten blieben bestehen. Aber ich hatte einen Plan: Cecilia zu finden. In ihre Dienste zu treten, nur um in ihrer Nähe zu sein. Anschließend würde ich um ein wenig Zeit für mich bitten, an den Rand des Seelenrankenmoors gehen, den Pfad der Seelen betreten und meine Mutter suchen. Ich konnte all das tun. Ich hatte schon so viel getan! Und die Sonne schien warm, die Vögel trillerten an diesem milden Morgen, und ich war weit entfernt vom Palast und seiner rücksichtslosen, widersprüchlichen, leidenschaftlichen und gefangenen Königin. Daher sang meine törichte Fröhlichkeit in meinem Blut. Ich pfiff, während wir marschierten – etwas, das ich seit Monaten nicht mehr getan hatte.
    Maggie trottete neben mir her, ließ den Kopf hängen, sagte nichts.
    Es war nicht schwer, in den Unbeanspruchten Landen an Informationen zu kommen, sobald wir uns vom Meer abgewandt hatten. Entlang der Küste gab es Schmuggler, Strandräuber und die Straße, auf der alle Reisenden unterwegs waren. Aber während das Land zu wilden Schluchten und verlassenen Hochmooren anstieg, schien es nur eine Straße zu geben, die sich manchmal zu einem bloßen Karrenweg verengte und manchmal ganz verschwand, sodass ich fluchend auf die Suche gehen musste, um sie wiederzufinden. Es gab nur wenige, armselige Häuser, und ihre Bewohner waren, sobald sie ihren anfänglichen Argwohn vor Fremden verloren hatten, froh über Reisende, die ihren eintönigen Alltag auflockerten. Ziegenhirten, Jäger und Bauern, die nur ein paar armselige Morgen mit Hochweiden und eine wilde Unabhängigkeit zum Überleben besaßen, gaben uns Essen und Unterkunft im Austausch gegen ein paar Pennys und ein paar Neuigkeiten aus der Welt. Sie schienen auch nicht überrascht über zwei junge » Brüder« zu sein, die allein unterwegs waren. In diesem wilden Land wuchsen Jungen rasch auf. Das Essen, das man Maggie und mir anbot, war karg und manchmal kaum essbar, aber wir fühlten uns nicht ein einziges Mal unsicher, während wir neben der Asche eines Ofens schliefen – falls dieser Platz nicht schon von einer Herde großäugiger Kinder oder dem Schwein der Familie besetzt war.
    Und beinahe alle aus dem Hochlandvolk hatten Cecilia gesehen oder von ihr gehört.
    » Sie ist gestern Abend vor zwölf Tagen da gewesen«, sagten sie, und ihr Akzent ähnelte

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