Pfad der Seelen
darum kämpfte, mich aufrecht hinzusetzen, regten sich die Leute. Da erinnerte ich mich an den grauen, körperlosen Nebel, der mit mir den Pfad der Seelen betreten hatte und der in jenem anderen Hyrgyll verblieben war, während ich geflohen war. Diese ungeheuren Fleischfresser hatten irgendwie, in einer substanzlosen und bizarren Form, mit mir den Pfad der Seelen betreten. Nun kamen sie wieder zu sich, zum selben Zeitpunkt wie ich.
Ich hasste sie. Wenn ich es vermocht hätte, hätte ich sie alle umgebracht, sie gefoltert, wie Königin Caroline einst gedroht hatte, mich zu foltern.
Der alte Mann sagte demütig: » Danke, hisaf.«
Es brauchte jede Unze Stärke, die noch in mir war, aber ich kam stolpernd auf die Beine, fand einen Weg zwischen den erschöpften Leibern hindurch und schob die Türklappe beiseite.
Ein Frühlingsnachmittag im Moor. Die Sonne tauchte alles in goldenes Licht. Die kleinen violetten Blumen blühten, Vögel sangen und das Moos federte – bebte aber nicht – unter meinen Füßen. Ich setzte mich hin, zu schwach, um noch weiterzugehen, und zwang mich dazu, nicht zu weinen. Keine Tränen.
Ein Mädchen, das gleiche Mädchen mit den grünen Augen und dem braunen Haar, brachte mir einen Ziegenbalg mit Wasser und einen Laib Brot. Wäre es Fleisch gewesen, hätte ich sie vielleicht wirklich umgebracht, denke ich. Aber sie brachte Brot, teigig und süß von Honig und Beeren, und ich aß es ganz auf. Dann legte ich mich mit dem Gesicht nach unten auf den Torf und schlief.
Den Rest des Tages und den ganzen nächsten Tag bis zum darauffolgenden Morgen bewegte ich mich nicht. Das Mädchen brachte mir Essen und Wasser. Nachts legte jemand Felle um mich herum. Niemand versuchte, mich anzusprechen. Die Nächte waren beißend kalt; jemand entzündete neben mir ein Feuer und hielt es die ganze Nacht am Brennen. Ich schlief und ich aß, und es war die große Gnade meines Lebens – die einzige Gnade, wie es mir schien –, dass ich nicht träumte.
Am dritten Tag setzte ich mich in der Dämmerung auf, meine Glieder steif. Das Feuer brannte hell. Neben mir saß der alte Mann auf einem Fellteppich. Er sagte einfach: » Du gehst jetzt.«
» Ja.« Ich brachte die Silbe beinahe nicht heraus, so groß war mein Hass.
» Danke, hisaf.«
Ich stieß einen Fluch aus, den ich von Lord Solek gelernt hatte, in einer Sprache, von der ich wusste, dass der alte Mann sie nicht verstand. Selbst in diesem Augenblick war ich ein Feigling.
Er sah zu, wie ich das letzte dargebotene Brot nahm, nach dem Wasserschlauch griff, meinen pelzbesetzten Mantel ausschüttelte und ihn mir über den Arm hängte.
Er sagte: » So ist es mit einem hisaf. So war es mit deinem Vater.«
Ich wirbelte so schnell herum, dass die Fersen meiner Stiefel die Grasnarbe aufrissen. » Was weißt du von meinem Vater?«
» Nichts. Aber er war ein hisaf. Sonst könntest du es nicht sein.«
Meine Tante Jo hatte nie von meinem Vater gesprochen. Es war obszön, dass dieses fleischfressende Ungeheuer ihn erwähnte. Ich hob den Arm, aber ein Teil meines Verstandes flüsterte: Wenn du ihn tötest, werden sie dich vielleicht nicht gehen lassen.
Ich stapfte davon, und niemand versuchte, mich aufzuhalten. Niemand hielt mich auf. Ich war ein hisaf und folgte offenbar einem eigenen Gesetz.
Ha!
Ich schleppte mich zur Grenze, darüber hinaus und einen weiteren Tagesmarsch lang nach Norden, bis ich am späten Nachmittag zu der Hütte in der Mulde am Wasserfall kam, wo Cecilia im Land der Toten wartete.
Und Maggie im Land der Lebenden – so zornig wie nur Maggie es sein konnte.
» Du bist noch da«, sagte ich dümmlich.
» Wo hätte ich denn hingehen sollen?« Sie richtete sich von ihrer Arbeit auf – sie hatte auf einem sonnigen Flecken die ersten Schabrackenrüben ausgegraben – und starrte mich finster an. Jees Hütte lag hinter ihr und sah verlassen aus, abgesehen von der dünnen Rauchfahne, die sich zum Himmel ringelte. Maggie wirkte schmaler und schmutziger, aber irgendwie weniger wie ein Junge in ihren Hosen und ihrem Hemd. Es lag an ihren Haaren; sie fingen an, wieder zu den federnden Locken rings um ihr Gesicht zu wachsen. Dieses Gesicht veränderte sich, während sie mich musterte, war nicht mehr zornig, sondern beinahe furchtsam.
» Roger?«
» Haben sie dich etwa hier aufgenommen? Behandeln sie dich gut?«
» Ja. Roger – was ist passiert?«
Ich konnte nur den Kopf schütteln. Meine Füße gaben plötzlich nach, und ich saß jählings auf
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