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Pfad der Seelen

Pfad der Seelen

Titel: Pfad der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kendall
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dem Boden. Sofort kniete sich Maggie neben mir hin. » Oh … bist du verletzt? Wieder verwundet? Krank?«
    Verwundet an der Seele, krank im Herzen. Ich konnte es nicht aussprechen. Maggies Hand auf meiner Stirn war rau vom Schmutz, kühl auf meiner Haut. Sie sagte: » Du hast kein Fieber.«
    » Nein.«
    Es blieb lange still. Dann sagte sie in ihrer freundlichsten Maggie-Stimme: » Erzähl mir, was passiert ist. Hast du … hast du Cecilia gefunden?«
    Ich hörte, wie schwer es für sie war, danach zu fragen, aber ich hatte kein Mitleid für Maggie übrig. Genauso wenig brachte ich es über mich, ihr zu erzählen, was geschehen war. Ich sagte nur (und das war schon schwer genug): » Cecilia ist tot.«
    » Oh!«
    Sie war zu ehrlich, um zu sagen, dass es ihr leidtat, und wieder saßen wir da, während die Stille sich ausdehnte. Ich zwang mich dazu weiterzusprechen. » Sie ist … ursprünglich aus dem Seelenrankenmoor gekommen … oder ihre Verwandten stammen von dort, oder etwas in der Art. Sie ist dorthin zurückgekehrt, und sie haben sie getötet.«
    Maggie nahm mich in die Arme. Ich ließ sie, aber in ihrer Umarmung lag kein Trost. Es würde für mich nie wieder einen Trost geben.
    Sie schien zu wissen, dass das, was ich gesagt hatte, alles war, was ich sagen wollte oder konnte. Sie fing an, mit einer leisen, beruhigenden Stimme von gewöhnlichen Dingen zu sprechen, und langsam spürte ich, wie ihr sachlicher Ton mich zurück in diese Welt holte und dort wieder verankerte. Wusste sie, was sie tat? Es spielte keine Rolle, die Wirkung war entscheidend.
    » Die Familie hier hat mich aufgenommen, aber eher als Dienerin und nicht als Gast. Ich helfe dabei, Nahrung zu sammeln, mich um die Kleinkinder zu kümmern, zu kochen, und … ich wollte › beim Saubermachen‹ sagen, aber hier wird nichts sauber gemacht. Trotzdem gibt es mehr zu essen, als du vielleicht denkst, denn Tob ist ein guter Jäger. Gestern hat er zwei Kaninchen nach Hause gebracht, und heute ist er wieder auf der Jagd und hofft auf ein Reh. Natürlich ist es im Königinnenreich nicht erlaubt, Rehe zu erlegen, während sie Kitze haben, aber hier gilt das Gesetz nicht. Sie reden nicht viel, keiner von ihnen, und sie lassen mich viel härter arbeiten, als gut und recht ist, aber ich kann nicht behaupten, dass sie unfreundlich sind. Jee ist der Beste von allen, ein neugieriger kleiner Junge, und er stellt mir immer Fragen, wenn sonst keiner da ist. Er hat gelernt, auf der Weidenflöte zu spielen, die du für ihn gemacht hast, und das richtig gut. Wenn du jetzt gerade hungrig bist, Roger, kann ich dir etwas von dem Kaninchen bringen, das ich heute gemacht habe. Es ist mit wilden Zwiebeln gewürzt. Es gibt kein Bier, aber das Wasser ist sauber und kalt.«
    » Danke. Kaninchen wäre gut.« Ich wollte es nicht, wollte nie wieder Fleisch essen. Aber ich würde meine Kraft brauchen.
    Sie holte es aus der Hütte, und Jee kam mit ihr zurück. Er ging in die Hocke und starrte mich aus misstrauischen Augen an. Die Weidenflöte hing an einem Stoffstreifen um seinen Hals. Irgendeine Paste bedeckte den Pilz auf seinem Fuß – vielleicht Maggies Werk. Ich wollte ihn nicht sehen, und in dem Augenblick, in dem mein Blick auf den Eintopf fiel, wollte ich auch den nicht mehr. Übelkeit stieg in mir auf.
    Fleisch, saftig und fettig …
    Gerade rechtzeitig wandte ich den Kopf ab und würgte lange grüne Fäden aus meinem leeren Magen hervor.
    Jee sagte: » Du bist trotzdem ins Seelenrankenmoor gegangen. Und hast es gesehen.«
    » Weg mit ihm!«, schrie ich. » Weg mit ihm, weg von mir!«
    » Jee, geh ins Haus. Sofort!«
    Das Kind gehorchte ihr, wenn auch widerstrebend. Auf einmal wollte ich nicht, dass Maggie noch einmal mit ihm sprach. Ich wollte nicht, dass sie erfuhr, was Jee meinte, wollte nicht, dass sie erfuhr, was mit Cecilia geschehen war. Sie sollte nur wissen, dass Cecilia tot war. Ich konnte nicht ertragen, dass sie den Rest herausfand.
    » Wir gehen, Maggie. Jetzt.«
    » Gehen? Wohin?«
    » Zurück ins Königinnenreich. Oder … oder irgendwohin. Komm.« Ich stand auf, unsicher, aber entschlossen, und nahm sie bei der Hand. Sie durfte nicht mit Jee sprechen, nicht einmal ein Wort. Plötzlich schien mir das das Wichtigste auf der Welt zu sein. Auf dieser Welt.
    Maggie sagte: » Ich muss meinen Umhang und den Wasserschlauch holen.«
    » Lass sie hier. Das Wetter wird wärmer. Du kannst mit unter meinen Umhang.«
    Vor Freude wurde ihr Gesicht rot, aber Maggie war

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