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Pfad der Seelen

Pfad der Seelen

Titel: Pfad der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kendall
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verängstigt aus, andere triumphierend. Ich fiel auf die Knie, während die Königin durch den Eingang rauschte.
    Lord Robert sagte: » Nur ein paar Augenblicke, Eure Majestät. Es ist wichtig.«
    » Das auch. Schließ die Tür, Robert. Roger, erhebe dich. Weshalb hast du Blut auf dem Kinn?«
    » Ich habe mich auf die Zunge gebissen, Euer Gnaden.« Meine Worte kamen undeutlich und entstellt hervor.
    » Wie tollpatschig. Und auf deinem Ärmel?«
    » Ist von meiner Zunge heruntergetropft, Euer Gnaden.«
    Sie umfasste mein Gesicht mit den Händen. Ich musste mich dazu zwingen, nicht vor ihrer Berührung zurückzuweichen. Gift.
    » Du musst für mich zu den Toten gehen. Du musst einen Mann namens Osprey finden, den Palastschlosser. Einen kleinen, schlitzäugigen Mann, der heute Abend gestorben ist. Er trägt das Siegel des Königinnenreiches auf der Brust. Du musst ihn fragen, wo der Schlüssel zu dem eisernen Tresor aufbewahrt wird, in dem sich die Krone von Gloria befindet. Ich brauche diesen Schlüssel jetzt, Roger, genau in diesem Augenblick. Ich gehe in den Thronsaal, und ich will die Krone tragen, die meine Großmütter getragen haben, seit die Zeit selbst noch jung war.«
    Ich gaffte sie an. » Euer Gnaden, es ist unmöglich, die Toten sprechen nicht …«
    » Sie tun was nicht?«, fragte sie scharf und ließ die Hände sinken. » Sie sprechen nicht mit dir? Du hast erklärt, dass sie das tun. Du hast es mir gezeigt. Was ist daran so schwierig?«
    » Es … es ist das Land der Toten!«, sagte ich verzweifelt. » Es ist groß und … und wild, und eine einzelne Person zu finden, ist so schwierig. Ich würde wahrscheinlich nicht über diesen Osprey stolpern, wenn ich tagelang suchen würde, und Ihr sagtet, Ihr würdet sie jetzt brauchen, die Krone von Gloria, jetzt …« Ich plapperte aus schierem Entsetzen.
    Sie sagte: » Versuche es.«
    Ein Wort, mit so vielen unausgesprochenen Worten dahinter. Und in ihren Augen stand alles, was mein Entsetzen rechtfertigte.
    Hartah hatte mir erzählt, wie Folterinstrumente aussahen. Was sie einem hilflosen Jungen antun konnten. Daher schnitt ich mir zum zweiten Mal mit dem juwelenbesetzten Schnitzmesser der Königin in den Arm, betrat den Pfad der Seelen und fand – überraschenderweise – Osprey. Es half mir nur nicht, ihn gefunden zu haben. Er war schon zu lange tot, und er war nicht alt, ich konnte ihn also nicht aufwecken. Ich schrie ihm ins Ohr, schüttelte ihn an der Schulter, hievte seinen ganzen Körper hoch, schleppte ihn zum Fluss und warf ihn hinein. Er torkelte heraus, legte sich aufs Gras und blickte in den Himmel. Er sagte nichts zu mir.
    » Da ist der Narr der Königin wieder«, rief ein blauer Soldat. » Die Hexe lässt ihn hin und her hüpfen.«
    » Ja, und sie quält ihn bis aufs Mark«, sagte ein weiterer. » Armer Trottel.«
    Inzwischen gab es mehr von diesen toten Soldaten. Einige der Blauen standen da und bewachten die nichtsahnende alte Königin am Rande der Insel. Andere liefen herum, unterhielten sich, die Schwerter gezogen. Sie wussten nicht, dass sie tot waren. Sie hatten mir geglaubt, als ich ihnen erzählt hatte, dass dies das Hexenland war, und sie hatten diesen Glauben vor allen Neuankömmlingen wiederholt, die alle nur zu begierig gewesen waren, sich darauf einzulassen. Natürlich war die junge Königin eine Hexe – hatte man darüber nicht jahrelang Gerüchte gehört? Natürlich hatte sie sie ins Hexenland verbannt! Und dieser Glaube hielt sie lebendig – so lebendig, wie sie je wieder sein würden.
    Was hatte ich getan?
    » Komm nicht näher, Narr«, sagte ein Soldat. » Tut mir leid, Junge, aber die Hexe hat dich fest im Griff, oder?«
    » Ja.«
    » Dann komm uns nicht zu nahe.«
    Das tat ich nicht. Ein bisschen abseits lag ein grüner Soldat ruhig auf dem Boden. Der Blaue folgte meinem Blick. » Da siehst du, Narr, wie böse die Hexenhure ist, der du dienen musst! Sie zaubert sogar die Leichen ihrer eigenen Leute ins Hexenland. Sie lässt nicht zu, dass die Verwandten der Gefallenen ihr Zeichen auf ihren Körpern finden, wodurch ihre Hexenkunst für alle offen … Nein, berühre ihn nicht, wir wissen nicht, ob dies eine Giftfalle oder Schlimmeres ist.«
    Ich hatte nicht vor, den Grünen oder sonst etwas zu berühren. Aus Verzweiflung verließ ich den Pfad der Seelen und fand mich Königin Caroline gegenüber. Blut sickerte aus meinem verletzten Arm und machte den Samt klebrig. » Euer Gnaden, ich … es tut mir leid. Ich konnte Osprey

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