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Pfad der Seelen

Pfad der Seelen

Titel: Pfad der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kendall
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Geste der Königin hin stieg Lord Robert auf das Podium und kniete sich nieder. Sie lächelte ihn an, aber ihr Gesicht war sehr blass, und nur ich hörte die Worte, die sie ihm zuflüsterte. » Die Armee?«
    » Nein«, sagte er.
    Ihr Gesicht veränderte sich nicht, aber welche Anstrengung dies erforderte, konnte ich mir kaum vorstellen. Lord Robert nahm seinen Platz wieder ein, und der Aufmarsch der Berater ging weiter.
    » Ich schwöre Königin Caroline die Treue, ihr allein, bis zum Tode.«
    Keine Treuegelöbnisse von der blauen Armee. Mir wurde klar, was das bedeutete. Das Wort, das der Hauptmann ausgesprochen hatte – Giftmischerin –, entsprach dem Bild, das die Armee von Königin Caroline hatte. Die Blauen sahen in ihr nicht die natürliche Nachfolgerin von Eleanor, sie hielten sie für die Mörderin ihrer Königin. Und sie würden kämpfen, um diesen Mord zu rächen. Den Grünen war es nur gelungen, den Palast zu sichern, weil der Hauptteil der Armee der alten Königin außerhalb der Stadt untergebracht war. Die großen Tore sowohl zur Insel als auch zum Palast waren geschlossen und verriegelt worden, und Bogenschützen waren auf den Wällen aufgestellt. Niemand konnte hinaus oder herein.
    Wir befanden uns im Krieg und unter Belagerung.
    Die Prozession nahm kein Ende. Nach den Ratgebern kamen Königin Eleanors Hofdamen und Höflinge. Auch jene waren weniger, als sie meiner Vermutung nach früher gewesen sein mussten. Einige schienen an ihren Worten zu ersticken. Dann kamen die Ärzte, Musikanten, Verwalter, Boten, Pagen. Die Jungen, manche nicht älter als acht, knieten sich vor die Königin, die nur ein einfaches goldenes Band um den Kopf trug. Am nächsten Tag würde der Tresor nach Stunden geduldiger Arbeit aufgebrochen sein, und sie würde die Krone von Gloria beanspruchen, aber an diesem Abend gingen die Eide ohne sie vonstatten. Die Treue wurde gesichert wie der Palast selbst. Und vielleicht genauso voreilig.
    » Ich schwöre Königin Caroline die Treue, ihr allein, bis zum Tode.«
    Die Diener, die Mägde der Hofdamen, die Gärtner. Wie lange konnte die grüne Wache die Hauptstadt gegen die blaue Armee halten? Aber heute Nacht saß die Königin auf dem Thron und hörte, wie jeder im Palast gelobte, wenn nötig mit ihr zu sterben.
    » Ich schwöre Königin Caroline die Treue, ihr allein, bis zum Tode.«
    Als Letzte kamen die Köchinnen, die Wäscherinnen, die Näherinnen, die Stalljungen und Knechte, die Küchenmägde, die sich alle in Gruppen hinknieten und schworen. Ich sah Joan Campford, deren raue Hände von winterlichen Frostbeulen geschwollen waren. Und danach kam auch Maggie, die mit einer Anmut und Würde auf die Knie sank, die einer Königin würdig gewesen wären. Sie sah nicht zu mir. Ich dachte an ihren Bruder Richard, einen Soldaten bei den Blauen, aber ich konnte in Maggies Gesicht nichts lesen.
    » Ich schwöre Königin Caroline die Treue, ihr allein, bis zum Tode.«
    Und dann war es vorüber und beinahe Mitternacht. Der Hofstaat der Königin brachte seine Besitztümer in die Gemächer neben dem Thronsaal, die Räumlichkeiten, die der alten Königin gehört hatten. Alles ging mit Aufruhr und Verwirrung vonstatten. Ich fand Cecilia, die unter Tränen dem gereizten Verwalter in ihre neuen Gemächer folgte.
    » Oh, Roger, es ist alles so anders! Ich weiß nicht, was ich tun soll! Ich wünschte, die alte Königin wäre nicht …«
    » Still«, sagte ich rasch. » Es ist alles gut, meine Lady.«
    » Warum klingt deine Stimme so komisch?«
    » Ich habe mir auf die Zunge gebissen.«
    » Ich kann dich kaum verstehen. Oh, was soll ich nun tun?«
    » Ihr werdet Euch dorthin begeben, wo man Euch hinbefiehlt, und Ihrer Gnaden dienen, wie Ihr es immer getan habt.«
    » Ja.« Ihr Blick schoss wild umher. » Ich soll mir ein Zimmer mit Jane Sedley teilen. Die Hofdamen auf … auf dieser Seite des Palastes haben sich Räume geteilt, weil sie so viele waren. Und nun haben wir die blauen Hofdamen auch noch bei uns, zusätzlich zu den grünen.«
    » Jetzt sind sie alle grün«, rief ich ihr in Erinnerung.
    » Ja, natürlich. Es ist nur so … so seltsam.«
    » Meine Lady«, sagte Cecilias Bedienstete, ein junges und ängstliches Mädchen, das Emma Cartwright ersetzt hatte. In ihren Armen hielt sie einen Berg von Gewändern. » Wo soll ich die hinbringen?«
    » Es ist mir gleich! Roger, was passiert nun? Sie sagen, dass die Armee der alten Königin draußen vor den Toren ist und sie uns aushungern werden.

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