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Pfad der Seelen

Pfad der Seelen

Titel: Pfad der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kendall
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Gewehre  …«
    Es war ein seltsames Wort, ich hatte es noch nie zuvor gehört. Aber den Tonfall der Königin hatte ich sehr wohl schon vernommen, und ich wusste, dass Lord Robert ihn zu seiner eigenen Verderbnis missachtete.
    » Ich werde niemand anderen über mein Königinnenreich herrschen lassen, Lord Robert.«
    » Und wie glaubt Ihr, ihn aufhalten zu können? Indem Ihr ihn in Euer Bett holt?«
    » Wie könnt Ihr es wagen!«
    » Ihr habt seinen Duft aufgesogen wie eine Hündin auf der Spur eines Rüden!«
    Das scharfe Knallen einer Hand auf Fleisch ertönte; sie musste ihn geohrfeigt haben. Entsetzt kroch ich rasch zurück zur gegenüberliegenden Tür und löschte dabei meine Kerze. Im Dunkeln stieß ich absichtlich einen Stuhl um und fluchte laut.
    » Wer ist da?«, rief Lord Robert. Er riss die Tür zu den Privatgemächern auf und spähte, von hinten beleuchtet, in die äußere Kammer.
    » Ich bin es, Roger der Narr, mein Lord! Ich bin gestolpert, als ich hereingekommen bin …«
    Die Königin rief: » Komm, Roger!«
    Ich tastete mich durch den Raum in die Privatgemächer vor, rieb mir dabei übers Schienbein und versuchte, so töricht und unwissend auszusehen, wie ich nur konnte. Lord Robert starrte mich an. Die Königin sah ruhig aus, ihr ganzer Zorn war verborgen. Sie sagte kühl: » Ihr seid entlassen, Lord Robert.«
    Er hatte sich wieder im Griff, oder ihre Ohrfeige hatte ihn eines Besseren belehrt. Aber er war nicht ein solch guter Schauspieler wie sie, und sein Gesicht war tiefrot, als er seine Verbeugung machte und ging. Die Königin lächelte.
    » Was hast du gehört? Lüg nicht, Roger. Lüg mich nicht an.«
    » Ich habe aufgebrachte Stimmen gehört, aber keine Worte verstanden. Und dann bin ich über den Hocker gefallen.«
    Sie musterte mich, und ich vermochte nicht zu sagen, ob sie mir glaubte oder ob sie meine Lüge nur für ihre eigenen Zwecke zu einem geeigneten Zeitpunkt zur Seite schob. Aber alles, was sie sagte, war: » Ich habe nun Arbeit für dich.«
    » Ja, Euer Gnaden.«
    Vom Tisch nahm sie eine kleine, juwelenbesetzte Schere, ein elegantes kleines Ding, um Fäden abzuschneiden. » Du wirst den Pfad der Seelen betreten und einen der wilden Krieger finden, die bei der heutigen Schlacht mit den Blauen ums Leben gekommen sind. Nur zwei sind getötet worden, erschlagen durch Glückstreffer der blauen Bogenschützen, bevor die Blauen geflohen sind. Als Erstes wirst du sagen: › Solek mechel-ah nafyn ga?‹ Und sie werden entweder mit › ven‹ oder › ka‹ antworten. Hör zu, während ich es noch einmal sage, und dann wiederhole es für mich.«
    Eammons musste ihr die Worte beigebracht haben. Wie viele Worte? Hatte der Austausch von sprachlichen Feinheiten mit Solek beim Abendmahl mehr zu bedeuten gehabt als eine hübsche, weibliche Spielerei? Es war möglich, dass sie schon viel von dem verstand, was er sagte. Oder auch nicht. Wir gingen die Worte immer wieder durch, bis sich die Königin sicher war, dass ich sie richtig beherrschte.
    » Gut, Roger. Als Nächstes …«
    » Euer Gnaden, was immer diese Worte bedeuten … gemeine Soldaten …«
    » Gemeine Soldaten wissen alles«, sagte sie ruhig. » Genauso wie Küchenmägde.«
    War dies ein Hinweis auf Maggie – eine Drohung sogar? Ich konnte mir nicht sicher sein. Bei der Königin konnte man sich nie sicher sein. Aber ich vergaß nicht, dass diese Frau ihre Mutter vergiftet hatte.
    » Als Nächstes will ich, dass du das Geheimnis dieses Feuerpulvers herausbekommst, das in den Gewehren der Krieger steckt. Wie wird es gemacht? Woraus müssen die Röhren sein, aus denen die Geschosse fliegen, und wie macht man sie?«
    » Euer Gnaden …«
    Sie legte mir die Hand auf die Schulter. » Das ist wichtig, Roger. Das Wichtigste, worum ich dich je gebeten habe. Das Schicksal des Königinnenreiches könnte davon abhängen. Wenn ein paar Tage mehr vergangen sind, wird weitere Unterstützung für uns eintreffen, aber in der Zwischenzeit wird mir dies eine unglaublich große Hilfe sein. Kann ich mich auf dich verlassen?«
    Dies war die wärmste, überzeugendste Seite der Königin. Drohung und Wärme vermengten sich miteinander. Ich nickte, hatte zu große Angst, um die richtigen Worte zu finden. Aber sie blickte mich weiterhin an, und deshalb waren Worte vonnöten. Ich versuchte » Ja, Euer Gnaden« zu sagen, aber was herauskam, war: » Welche weitere Unterstützung?«
    Sie runzelte die Stirn, zog die Hand zurück und lachte dann: » Weshalb nicht? Es

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