Pfad des Tigers - Eine unsterbliche Liebe: Roman (German Edition)
Saal betrat, sich hinter mich stellte und fragte, wie ich geschlafen hätte.
Ich tischte ihm eine Lüge auf, aber als er die dunklen Ringe unter meinen Augen sah, tätschelte er mir seufzend die Hand. Schuldbewusst drehte ich mich von Mr. Kadams prüfendem Blick weg und wartete ungeduldig, dass der Mönch vor mir genug Obst auf seinen Teller gehäuft hatte.
Die Hand des Mönches zitterte, als er ein kleines Stück glitschige Mango aus der Schale fischte. Mit einem leisen Schmatzen fiel es auf seinen Teller. Dann wiederholte er den Vorgang, ruhig und bedächtig. Ohne sich zu uns umzudrehen, sagte der alte Mönch: »Mir ist zu Ohren gekommen, Sie wünschen mit mir zu reden.«
Augenblicklich klatschte Mr. Kadam in die Hände, verbeugte sich und sagte: » Namaste , weiser Gelehrter.«
Meine Hand erstarrte mitten in der Bewegung. Langsam wandte ich mich um und blickte in das lächelnde Gesicht des ozeangleichen Lehrers.
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D er ozeang l eich e L ehre r
D er alte Mönch grinste mich an, während ich ihn mit offenem Mund anstarrte. Glücklicherweise kam Mr. Kadam zu meiner Rettung und schob mich sanft zum Tisch.
Kishan aß längst, hatte meinen Fauxpas überhaupt nicht bemerkt. Wie typisch! Die Tiger haben nur zwei Dinge im Kopf – Essen und Mädchen. Gewöhnlich in dieser Reihenfolge.
Mr. Kadam stellte meine Schüssel ab und zog mir einen Stuhl herbei. Ich setzte mich und rührte in meinem Joghurt, während ich dem runzligen, alten Mann verstohlene Blicke zuwarf. Er summte zufrieden, während er weiterhin seinen Teller mit einer kleinen Obstscheibe nach der anderen belud. Als er fertig war, ließ er sich mir gegenüber nieder, lächelte und machte sich über sein Essen her.
Mr. Kadam aß schweigend. Kishan schlüpfte ein weiteres Mal zum Büfett und häufte sich Unmengen auf seinen Teller. Ich sagte keinen Ton und nippte an meinem Saft. Ich war zu nervös, um einen Bissen herunterzubekommen, und hatte nicht den blassesten Schimmer, ob es angebracht wäre, zu reden oder Fragen zu stellen, weshalb ich Mr. Kadams Beispiel folgte.
Lange nachdem wir mit dem Frühstück fertig waren, beobachteten wir den ozeangleichen Lehrer beim Essen, der unsagbar langsam die Gabel an den Mund führte und andächtig kaute. Als er endlich fertig war, wischte er sich vorsichtig den Mund und sagte: »Die liebsten Erinnerungen an meine Mutter sind mir die, wie sie die Fäden für ihre Webarbeit entwirrte oder ich ihr beim Hüten der Schafe und beim Rühren des Frühstücksbreis geholfen habe. Während des Frühstücks sind meine Gedanken immer bei meiner Mutter.«
Mr. Kadam nickte verständnisvoll. Kishan schnaubte. Der ozeangleiche Lehrer sah mich an und lächelte.
In der Hoffnung, dass es erlaubt war zu reden, fragte ich: »Sie sind also auf einer Farm aufgewachsen? Ich dachte, Lamas werden schon als Lamas geboren?«
Er blickte mich mit schräg gelegtem Kopf an und erwiderte fröhlich: »Die Antwort auf beide Fragen lautet ja. Meine Eltern waren arme Bauern, die genügend Getreide angebaut haben, um sich selbst zu versorgen und den kleinen Rest auf dem Markt zu verkaufen. Meine Mutter war eine Weberin, die wunderschöne Kleidung gefertigt hat. Meine Eltern gaben mir den Namen Jigme Karpo. Damals wussten sie nicht, wer ich bin. Ich musste gefunden werden.«
»Sie mussten gefunden werden? Von wem?«
»Der Erleuchtete sucht immerzu nach Reinkarnationen früherer Lamas. Normalerweise hat er eine Vision, die ihm zeigt, wo er die neue Inkarnation einer bestimmten Person finden kann, und schickt einen Suchtrupp aus. In meinem Fall wussten sie, dass sie nach einem Bauernhof suchen müssen, der an einem Hügel liegt, mit einem von hohen Rosensträuchern umrankten Brunnen. Nachdem sie sich ein wenig umgehört hatten, fanden sie mein Zuhause und wussten, dass es der richtige Ort war. Gegenstände früherer Lamas wurden gebracht und mir gezeigt. Ich suchte das Buch aus, das dem ozeangleichen Lehrer gehört hatte. Der Suchtrupp war überzeugt, dass ich die Reinkarnation dieses verstorbenen Lamas sei. Zu jenem Zeitpunkt war ich zwei Jahre alt.«
»Was ist dann passiert?«
Mr. Kadam unterbrach mich und tätschelte meine Hand. »Das Thema interessiert mich ebenfalls brennend, Miss Kelsey, aber womöglich kann er nur wenig Zeit für uns erübrigen, und wir sollten uns auf die wichtigen Dinge beschränken.«
»Natürlich, tut mir leid. Ich habe mich wohl von meiner Neugierde mitreißen lassen.«
Der ozeangleiche Lehrer beugte sich vor und
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