Pfad des Tigers - Eine unsterbliche Liebe: Roman (German Edition)
dankte den Mönchen, die den Tisch abräumten. »Ich gönne mir einfach die kurzen Minuten, um Ihre Frage zu beantworten, junge Dame. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ich aus meiner Familie genommen wurde und meine Ausbildung bei einem gütigen, alten Mönch begann. Meine Mutter webte den Stoff für meine erste rote Robe. Ich fing als Novize an und bekam den Kopf geschoren. Mein Name wurde geändert, und ich erhielt einen wunderbaren Unterricht in vielen Fächern, einschließlich Kunst, Medizin und Philosophie. All diese Erfahrungen haben mich zu dem Mann gemacht, der nun vor Ihnen sitzt. Hat das Ihre Frage beantwortet oder nur weitere Fragen hervorgerufen?«
Ich lachte. »Tausend neue.«
»Gut!« Er lächelte. »Ein Verstand, der Fragen erlaubt, ist ein Verstand, der offen für das Verstehen ist.«
»Ihre Kindheit und Herkunft unterscheiden sich so unfassbar von meiner.«
»Ich vermute, Ihre ist genauso interessant.«
»Was tun Sie hier?«
»Ich unterrichte die Dalai Lamas.«
Ich starrte ihn ungläubig an. »Sie lehren den Lehrer?«
Er lachte. »Ja. Ich habe zwei von ihnen unterrichten dürfen.«
Mr. Kadam warf ein: »Wie Sie sicher wissen, sind wir gekommen, um die Weisheit des ozeangleichen Lehrers zu erbitten. Wir haben eine Aufgabe zu erfüllen und benötigen Ihren Rat.«
Der Mönch schob die Ärmel seiner Robe zurück und stand auf. »Dann kommt.« Mit der Unterstützung zweier Mönche, die augenblicklich herbeigeeilt kamen, erhob sich der ozeangleiche Lehrer vorsichtig und verließ, wenn auch langsam, so doch ohne weitere Hilfe, den Saal.
»Sie sagten, Sie hätten zwei der Dalai Lamas unterrichtet, was bedeutet, dass Sie …«
»Ich bin einhundertfünfzehn.«
»Was?«, keuchte ich. »Ich habe noch nie jemanden getroffen, der so lange gelebt hat«, sagte ich, obwohl mir schlagartig einfiel, dass ich in Wirklichkeit drei Männer kannte, die so lange gelebt hatten, und sah zu Mr. Kadam, der mir lächelnd zuzwinkerte.
Dem ozeangleichen Lehrer fiel mein sonderbarer Gesichtsausdruck nicht auf, ungerührt fuhr er fort: »Wenn ein Mensch ein Ziel hat und genügend Leidenschaft aufbringt, um einen Weg zu finden, wird es ihm gelingen. Ich wollte ein langes Leben führen.«
Mr. Kadam starrte den Mönch eine Weile nachdenklich an und sagte: »Ich bin ebenfalls älter, als ich aussehe. Im Vergleich zu Ihnen komme ich mir allerdings unbedeutend vor.«
Der ozeangleiche Lehrer drehte sich um und umfasste Mr. Kadams Hände. Seine Augen funkelten vor Freude. »Das machen die Mönche und das Kloster. Da fühle auch ich mich unbedeutend.«
Die beiden Männer lachten. Wir folgten ihm durch verschlungene graue Korridore zu einem großen Zimmer mit einem glatten Steinboden und einem riesigen polierten Schreibtisch. In einer gemütlichen Sitzgruppe bot er uns einen Platz an. Wir sanken alle in weiche Polstersessel, während der ozeangleiche Lehrer für sich einen einfachen Holzstuhl herbeizog, der hinter seinem Schreibtisch gestanden hatte.
Als ich ihn fragte, ob er nicht lieber einen bequemeren Platz wollte, entgegnete er: »Je ungemütlicher mein Stuhl ist, desto eher stehe ich wieder auf und kümmere mich um Dinge, die erledigt werden müssen.«
Mr. Kadam nickte. »Vielen Dank, dass Sie uns empfangen.«
Der Mönch grinste. »Das hätte ich mir um nichts in der Welt entgehen lassen.« Verschwörerisch lehnte er sich vor. »Ich muss gestehen, ich war neugierig, ob ich den Pfad des Tigers noch in diesem Leben mitbekommen würde. Nun da ich darüber nachdenke, muss ich hinzufügen, dass ich in der Nähe der Stadt Taktser geboren wurde, was übersetzt ›brüllender Tiger‹ bedeutet. Vielleicht war es die ganze Zeit über meine Bestimmung, derjenige zu sein, der diejenigen trifft, die diesen Pfad beschreiten.«
»Sie wissen um unsere Mission?«, fragte Mr. Kadam aufgeregt.
»Ja. Seit der Zeit des ersten Dalai Lama wurde die Geschichte zweier Tiger im Geheimen weitergegeben. Das sonderbare Medaillon ist der Schlüssel. Als der junge Mann hier sagte, er sähe zwei Tiger, einen schwarzen und einen weißen, wussten wir, dass ihr womöglich die Richtigen seid. Auch andere haben die Katzen darin gesehen und oft den weißen Tiger ausgemacht, aber niemand hat die schwarze Katze als Tiger beschrieben, und kein Einziger hat die Linie in der Mitte mit einem göttlichen Weberschiffchen in Verbindung gebracht.«
»Sie können uns also helfen?«, wagte ich zu fragen.
»Oh, ganz gewiss. Aber zuerst habe ich eine Bitte
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