Pfad des Tigers - Eine unsterbliche Liebe: Roman (German Edition)
Gutes. Ich spürte, wie etwas zerriss. Ich rang nach Luft. Die Verbindung zwischen uns war immer greifbar gewesen. Je näher Ren und ich uns waren, desto stärker war dieses Band, es war zwischen uns gewesen wie ein Telefonkabel, doch irgendetwas hatte dieses Kabel durchtrennt.
Ich spürte den Schnitt, und die scharfen Enden bohrten sich durch mein Herz wie heiße Messer durch warme Butter. Ich schrie und schlug wild um mich. Zum ersten Mal, seit ich meinen weißen Tiger zu Gesicht bekommen hatte, war ich allein.
Kishan schüttelte mich aus meinem Traum.
»Kelsey! Kelsey! Wach auf!«
Ich öffnete die Augen und zerfloss in Tränen, in Sturzbächen ergossen sie sich über meine Wange und vermischten sich mit den Tränen aus meinem Traum. Ich schlang Kishan die Arme um den Hals und schluchzte. Er zog mich auf seinen Schoß, drückte mich fest an sich und streichelte mir den Rücken, während ich untröstlich um seinen Bruder weinte.
Irgendwann tief in der Nacht musste ich eingeschlafen sein, denn ich wachte in meinem Schlafsack auf, völlig verheddert, mit Kishans Armen um mich. Meine Faust hatte sich in meine Wange gedrückt, und meine Augen waren verquollen und wund.
»Kelsey?«, flüsterte Kishan.
Ich murmelte: »Ich bin wach.«
»Geht’s dir gut?«
Unwillkürlich glitt meine Hand zu der schmerzenden, hohlen Stelle in meiner Brust, und eine Träne rann mir aus dem Augenwinkel. Ich barg den Kopf in dem Kissen und atmete tief ein, um mich zu beruhigen.
»Nein«, sagte ich matt. »Er ist … fort . Irgendetwas ist geschehen. Ich glaube …, Ren ist tot .«
»Was ist geschehen? Wie kommst du darauf?«
Ich beschrieb ihm meinen Traum und versuchte, ihm das zerrissene Band zwischen mir und Ren zu erklären.
»Kelsey, es ist doch möglich, dass das alles ein Traum war, ein sehr verstörender Traum, aber trotzdem bloß ein Traum. Es ist nicht ungewöhnlich, nach einem traumatischen Erlebnis, wie unserem Kampf mit den Vögeln, intensiv zu träumen.«
» Vielleicht. Aber ich habe nicht von den Vögeln geträumt.«
»Dennoch können wir nicht sicher sein. Denk dran, Durga hat versprochen, ihn zu beschützen.«
»Ich weiß. Aber es war so real .«
»Im Moment können wir nur abwarten.«
»Es gäbe einen Weg, es herauszufinden.«
»Wovon sprichst du?«
»Wir könnten den Sylphen einen erneuten Besuch abstatten. Vielleicht dürfen wir ein zweites Mal im Traumhain schlafen, und ich kann in die Zukunft blicken. Vielleicht weiß ich dann, ob wir ihn noch retten können.«
»Denkst du, das funktioniert?«
»Die Sylphen haben gesagt, sie gehen dorthin, wenn sie ernste Probleme haben. Bitte, Kishan. Lass es uns wenigstens probieren.«
Kishan wischte mir mit dem Daumen eine Träne von der Wange. »Okay, Kells. Lass uns Faunus suchen.«
»Kishan, noch etwas. Was bedeutet Hridaya patni? «
»Wo hast du das gehört?«, fragte er leise.
»In meinem Traum. Ren hat es zu mir gesagt, kurz bevor wir uns getrennt haben.«
Kishan erhob sich und ging aus dem Zelt. Ich folgte ihm. Nachdenklich stützte er sich auf einen Ast und starrte in die Ferne. Ohne sich umzudrehen, sagte er: »Das ist der Kosename, den mein Vater für meine Mutter hatte. Es bedeutet ›Gattin meines Herzens‹.«
Wir mussten einen langen Tag wandern, bis wir das Dorf der Sylphen erreichten. Sie waren überglücklich, uns zu sehen, und wollten zu unseren Ehren ein Fest veranstalten. Ich hatte keine rechte Lust auf eine ausgelassene Feier. Als ich Faunus fragte, ob wir noch einmal im Traumhain schlafen dürften, beteuerte er, dass alles, was ihnen gehörte, auch unser sei. Die Baumnymphen brachten mir ein kleines Abendessen und ließen mich bis zum Anbruch der Nacht in einer ihrer Hütten allein. Kishan verstand, dass ich keine Gesellschaft wollte, und aß mit den Sylphen.
Als die Dämmerung anbrach, kam Kishan mit einem Besucher vorbei. »Ich möchte dir jemanden vorstellen, Kells.« Er hielt die Hand eines kleinen silberhaarigen Kleinkinds.
»Wer ist das?«
»Verrätst du der hübschen jungen Dame deinen Namen?«
»Rock«, erwiderte der Junge.
»Du heißt Rock?«, fragte ich.
Der süße Fratz grinste mich an.
»Eigentlich heißt er Tarak«, erklärte Kishan.
»Tarak?«, keuchte ich. »Das ist unmöglich! Er sieht aus, als wäre er zwei!«
Kishan zuckte mit den Schultern. »Anscheinend wachsen die Sylphen sehr schnell.«
»Unglaublich! Tarak, komm her und lass mich dich anschauen.«
Ich streckte die Arme aus, und Kishan schob den Jungen
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