Pfad des Tigers - Eine unsterbliche Liebe: Roman (German Edition)
dass, obwohl ich mich nicht mehr bewegen konnte, die Goldene Frucht dennoch funktionierte. Ich wünschte das Erstbeste herbei, das mir in den Sinn kam: Wunderkugeln, steinharte, riesige Bonbons. Und die bekam ich auch. Einen regelrechten Hagelsturm. Sie zerschlugen Bildschirme, ein Fenster zerbrach. Bei dem dröhnenden Hämmern zerplatzte mir fast das Trommelfell. Es klang, als würden Tausende von Murmeln auf einen spiegelglatten See prasseln. Alles um uns herum zerbrach, Kishan und ich schwankten und stürzten, als der Bonbonhagel uns traf. Ich verdankte es allein meinem Rucksack, dass ich mir nicht das Genick brach. Kishan musste bei meiner Aktion schwer verletzt worden sein, aber zum Glück heilte er rasch. Ich wäre schon dankbar, wenn auch nur einer von uns diesen Tag überlebte.
Schon bald war der Boden mit einer bunten Bonbonschicht bedeckt, die uns bis zu den Knien reichte. Auch Lokesh war nicht verschont geblieben, hatte das Gleichgewicht verloren und war in die Knie gegangen. Während er sich wieder aufrappelte und herauszufinden versuchte, woher der Sturm kam, stieß er mehrere Flüche in seiner Muttersprache aus. Dann erkannte er, dass ihm das Messer aus der Hand geglitten war, und wühlte aufgeregt in den Süßigkeiten. Zu diesem Zeitpunkt waren Kishan und ich fast vollständig begraben.
Das Gebäude erzitterte, und ein Teil der Mauer krachte auf die Zwischenwand neben uns. Nachdem Lokesh das Messer gefunden hatte, stürzte er vor, packte das Amulett um Kishans Hals und zerrte daran, biss die Kette riss. Ein roter Striemen blieb auf Kishans Haut zurück.
Hastig beugte sich Lokesh über ihn und berührte mit dem Messer sein Gesicht. »Wir sehen uns wieder«, flüsterte er mit einem widerlichen Grinsen, »und zwar bald.« Er zog eine blutige Linie von Kishans Wange bis zu seiner Kehle, was eine schreckliche Narbe, jedoch nicht seinen Tod bedeuten würde. Dann, mit einem gepeinigten Zischen, riss sich Lokesh von seinem Opfer los, watete durch die Bonbons zu einem versteckten Knopf an der Wand. Die Vertäfelung öffnete sich, und im nächsten Moment war Lokesh verschwunden.
Ein paar Dorfbewohner stürzten in Begleitung von Mr. Kadam ins Büro und kamen uns zu Hilfe. Kishan heilte bereits wieder, aber sein Hemd war blutgetränkt. Der Schnitt war tief. Ein Motor heulte auf, und ein Fahrzeug schoss aus einer verborgenen Garage unter dem Gebäude auf die Schotterstraße, die vom Dorf wegführte. Ich hätte die Goldene Frucht benutzen können, um seinen Tank zu verkleben, aber ich entschied mich dagegen.
Ich schämte mich entsetzlich, doch ich wollte ihm nicht gegenübertreten. Ich wollte , dass ihm die Flucht gelang. Ich wollte ihn nie mehr wiedersehen. Ich stand steif da, verzweifelte an meiner eigenen Feigheit. Ich war schwach. Hätte ich mich bewegen können, hätte ich mich in der hintersten Ecke des Zimmers versteckt und jämmerlich gewimmert. Lokesh war zu mächtig. Wir konnten nicht gewinnen.
Uns blieb nichts anderes, als darauf zu hoffen, dass wir uns vor ihm verbergen konnten. Ich wusste, Kishan und Mr. Kadam wären von mir enttäuscht. Was für eine Kriegerin ich abgab! Riesige Eisenvögel? Kein Problem. Kappa? Ich hatte Fanindra und Ren. Affen? Ein paar Bisse und blaue Flecke brachten mich nicht um. Aber Lokesh? Bei dem drehte ich mich auf dem Absatz um und rannte wie ein Angsthase davon.
Nach ein paar Minuten verlor der Zauberspruch, mit dem Lokesh Kishan und mich belegt hatte, an Kraft. Vorsichtig rieben wir unsere steifen Arme und Beine. Als sich Kishan genügend erholt hatte, watete er durch das Meer aus Bonbons auf mich zu. Mr. Kadam erteilte den Dorfbewohnern Anweisungen, während Kishan mich stützte und mit mir auf die Suche nach Ren ging.
Da entschloss sich auch Fanindra, endlich aufzuwachen und uns zu helfen. Sie rührte sich und wuchs, glitt zu Boden und schlängelte sich an Waffenkisten und Vorräten vorbei. Dann verharrte sie und schnupperte an einer Stelle in die Luft. Geschmeidig glitt sie unter ein paar Kisten hindurch, und Kishan untersuchte die Boxen genauer. In Wirklichkeit waren es nur Attrappen, und er schob sie hastig beiseite. Dahinter befand sich eine verschlossene Tür. Wir kamen gerade rechtzeitig, um einen letzten Blick auf Fanindras goldenen Schwanz zu werfen, der unter dem Spalt verschwand. Kishan versuchte vergeblich, die Tür aufzustemmen. Schließlich musste ich das Schloss mit meinem Blitzstrahl aufsprengen. Es kostete mich mehrere Sekunden, bis ich wieder
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