Pfad des Tigers - Eine unsterbliche Liebe: Roman (German Edition)
das Essen gebracht hast. Ich habe kaum einen Bissen herunterbekommen, aber ich fühle mich trotzdem … ein wenig besser.«
Ren setzte sich neben Kishan und sprach in seiner Muttersprache mit ihm. Ich versuchte, seinen Blick einzufangen, doch er schien kein Interesse zu haben, mit mir zu reden.
Schließlich räusperte ich mich und fragte: »Möchtest du etwas essen?«
Seine Augen huschten kurz zu mir. »Nicht im Moment, vielen Dank«, sagte er höflich und wandte sich wieder an Kishan.
Mr. Kadam tätschelte mir die Hand, als der Gunia zu uns kam. Er kniete sich vor Mr. Kadam und redete schnell. Dann stand er wieder auf und klatschte in die Hände. Ein Mann verbeugte sich tief vor Ren. Es war der Mann, den ich in meiner Göttliches-Tuch-Vision gesehen hatte, der Mann, der Ren gefoltert hatte. Ren starrte den Mann mit verengten Augen an, der senkte den Blick, nuschelte etwas und zog ein Messer aus dem Hemd.
Mr. Kadam übersetzte: »Bitte vergebt mir, edler Herr. Ich habe, so lange ich konnte, gegen den Dämon angekämpft, aber er hatte meine Familie in seiner Gewalt. Meine Frau und meine Kinder sind jetzt tot. Ich habe nichts mehr. Wenn Ihr meine Ehre nicht wiederherstellt, werde ich den Stamm verlassen und allein in der Wildnis sterben müssen.«
Behutsam löste er seinen Haarknoten. Langes schwarzes Haar fiel ihm über die Schultern. Zwei Wörter später riss er das Messer hoch und schnitt sich seine lange, wunderschöne Haarpracht ab. Ehrfürchtig hob er die Strähnen auf, senkte den Kopf bis zum Boden und bot sie mit geöffneten Handflächen Ren dar.
Ren sah den Mann eine Weile an, nickte und streckte die Hände mit den Handflächen nach oben aus, um das Haar entgegenzunehmen. Er sagte ein paar Worte, die Mr. Kadam für mich übersetzte.
»Ich akzeptiere dein Sühneopfer. Wir haben alle unter dem Dämon gelitten. Wir werden ihn für seine Schandtaten bestrafen, einschließlich der unverzeihlichen Gräueltat, dir deine Familie zu entreißen. Dein Handeln ist vergeben. Deine Ehre ist hiermit wiederhergestellt. Zieh mit deinem Stamm weiter und finde Frieden.«
Der Mann legte Ren das Haar in die Hände und wich zurück. Als Nächstes führte der Gunia zwei wunderschöne Mädchen herbei. Sie knieten sich vor Ren und Kishan. Ihre zarten Hände lagen anmutig in ihrem Schoß, während sie sittsam zu Boden blickten.
Die Frauen hatten langes, wunderschönes schwarzes Haar und fein gemeißelte Gesichtszüge. Ihre schlanken Taillen wurden von dünnen, mit Steinen besetzten Gürteln betont. Sie waren auf eine Art weiblich, wie ich das nie sein würde. Beide hatten filigrane Tätowierungen entlang der Arme und Beine, die unter dem Saum ihres dünnen Rocks verschwanden und mich zu der Frage verleiteten, wie viel ihres Körpers wohl tätowiert war. Jetzt verstand ich auch, warum in diesem Stamm Tätowierungen einen so hohen Stellenwert hatten. Es war nicht die Art Tattoo, die man in Amerika zu sehen bekam, keine riesigen Adler oder I love Mom in einem Herzen.
Die Tätowierungen der Frauen waren winzig und zart. Wirbel, Kreise, Ringe, Schnörkel, Blumen, Blätter und Schmetterlinge zogen sich über ihre Körper wie der üppig geschmückte Rand eines Bilderrahmens oder die prächtigen Verzierungen eines mittelalterlichen Buchs. Die Tätowierungen betonten die grazilen Körper der wunderschönen Frauen, verwandelten sie in erlesene, beinahe übernatürliche Wesen. Der Gunia setzte zu reden an, zeigte erst auf das eine Mädchen und dann auf das andere.
Ren erhob sich unbeholfen und lächelte breit. Ich starrte ihn gierig an. Ich wusste, es hatte an meiner Verkleidung gelegen, dass Ren mich nicht erkannt und angegriffen hatte. Jetzt wollte ich ihm nur noch die Arme um den Hals werfen und mit ihm von hier verschwinden. Leider mussten wir alle unsere Rollen spielen. Er umrundete die beiden jungen Baiga hinkend, jedoch würdevoll. Dann nahm er die Hand eines der Mädchen, küsste ihr die Finger und lächelte ihr zu. Verwirrt zog ich die Augenbrauen zusammen. Das Mädchen verzog schüchtern den Mund zu einem Lächeln. Kishans Gesichtsausdruck war starr vor Schreck, während Mr. Kadam grimmig dreinblickte.
»Was ist da los?«, flüsterte ich.
»Einen Augenblick, Miss Kelsey.«
Kishan stand auf und redete leise auf Ren ein. Ren verschränkte die Arme vor der Brust und zeigte eindringlich auf die beiden Frauen. Mit ruhiger Stimme diskutierte Kishan mit seinem Bruder. Er warf erst mir und dann Mr. Kadam einen hilfesuchenden
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