Pfade der Sehnsucht: Roman (German Edition)
schätze ich, dass es schon jemand tat«, bemerkte Quint trocken.
»Ja, natürlich«, murmelte seine Mutter und sah Nate an. »Jetzt geh.«
Nate badete rasch, zog sich frische Kleidung an, hatte jedoch nicht vor, Gabriella fernzubleiben. Er konnte sie nicht verlassen, konnte sie nicht im Stich lassen. Nach nicht einmal einer Stunde saß er neben ihrem Bett. Seine Mutter gesellte sich eine Weile zu ihm, und Muldoon blieb draußen vor der Tür. Nate war froh, den älteren Mann dort zu wissen.
Das Essen, das seine Mutter ihm hinaufschicken ließ, stand den ganzen Tag über und bis zum Abend unangerührt da. Gelegentlich übermannte Nate die Müdigkeit, und er nickte ein, aber in diesen kurzen Schlafphasen sah er immer wieder Gabriella vor sich, die in das brennende Haus lief, Flammen, die an der Treppe züngelten, und das Entsetzen in ihren blauen Augen.
Die meiste Zeit beobachtete er ihre viel zu regungslose Gestalt, horchte ihrem mühsamen Atmen. Über Nacht glaubte er, es würde etwas leichter, doch er war viel zu besorgt, als dass er sagen könnte, ob sich ihr Zustand tatsächlich besserte oder er es einfach nur hoffte.
Er dachte an all die Dinge, die er an ihr liebte, daran, wie sie ihm sagte, dass sie ihn liebte, ohne dasselbe von ihm zu erwarten. Vor allem dachte er an all das, was er ihr nicht gesagt hatte.
Und er betete, dass es nicht zu spät war, es ihr zu sagen.
Siebenundzwanzigstes Kapitel
Am nächsten Morgen kam Dr. Crenshaw aus Gabriellas Zimmer, seine Miene grimmig wie immer.
Muldoon und Nate sprangen auf. »Und?«
Der Arzt sah Nate an. »Es geht ihr deutlich besser. Ihre Lunge ist fast klar, obwohl sie die nächsten Tage noch husten wird. Zum Glück ist Miss Montini eine sehr starke und gesunde junge Dame.«
»Und ihr Kopf?«, fragte Nate.
»Sie wird furchtbare Kopfschmerzen haben, doch ihre Augen sehen gut aus. Ich bin zuversichtlich, dass es ihr in ein paar Tagen wieder bestens gehen wird.«
Nate war unsagbar erleichtert, und Muldoon seufzte.
»Ich habe ihr etwas gegeben, um die Schmerzen zu lindern, und aufgeschrieben, wie sie das Mittel weiter zu nehmen hat. Es wird ihr auch helfen zu schlafen. Was sie jetzt braucht, ist Ruhe. Sie darf keinerlei Aufregung haben, und je weniger Besucher, desto besser. Ich kenne Sie schon Ihr ganzes Leben lang, Nathanial Harrington, und es ist offensichtlich, dass Sie dieser jungen Dame sehr zugetan sind. Der Körper heilt sich selbst. Ruhe und Schlaf wird das Beste für sie sein. Die Anwesenheit Ihrer Frau Mutter oder einer anderen Frau wäre akzeptabel, aber ich rate unbedingt, dass Sie Ihre Besuche beschränken.«
»Aber ich …«
»Ich fürchte, Ihre Nähe verursacht eine Beunruhigung, die Miss Montini schadet. Lassen Sie sie ausruhen, Nathanial.« Nun wurde Dr. Crenshaws Ausdruck milder. »Im Moment ist sie wach, wenn auch nur für einige Minuten. Ich muss Sie allerdings warnen. Das Medikament macht es ihr schwer, sich zu konzentrieren, und sie könnte wirr reden. Sie dürfen jetzt zu ihr, für eine Minute, länger nicht.«
»Danke.« Nate wollte in Gabriellas Zimmer gehen, als Muldoon ihn zurückhielt.
»Meine Gemahlin und Miss Henry sind auf dem Lande. Ich wollte sie nicht holen, bevor wir wissen, dass Miss Montini sich wieder erholt. Jetzt muss ich zu ihnen, aber wir sind so bald zurück wie möglich. Bitte, geben Sie acht auf sie.«
»Ja, immer«, versprach Nate aus ganzem Herzen.
Seine Mutter kam aus Gabriellas Zimmer. »Nur eine Minute, denk daran.«
Nate nickte, ging ins Zimmer und stellte sich neben Gabriellas Bett. Gaze bedeckte den Schnitt an ihrer Schläfe. Ihr Gesicht war beängstigend blass, sodass die blauen Augen riesig wirkten. Und trotzdem war sie das schönste Geschöpf, das er jemals gesehen hatte.
Sie lächelte matt. »Willst du mit mir schimpfen?«
»Nein.« Er setzte sich neben ihr Bett und nahm ihre Hand. »Heute nicht.«
»Oh, Gott«, hauchte sie. »Dann liege ich wohl im Sterben.«
»Du stirbst nicht«, erwiderte er mit belegter Stimme. »Du wirst noch sehr lange leben. Mit mir.«
»Wie schön.« Ihre Lider schienen schwer. »Ich bin so müde. Und es tut mir schrecklich leid.«
Er lächelte. »Du musst dich nicht entschuldigen.«
»Du hättest verletzt werden können. Ich könnte es nicht ertragen, wenn dir etwas zugestoßen wäre.« Ihr fielen die Augen zu, die sie sogleich sichtlich mühsam wieder öffnete. »Aber ich habe sie gefunden, nicht?«
»Ja, hast du.« Er beugte sich vor und küsste sie sacht
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