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Pfade der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Pfade der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Pfade der Sehnsucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Alexander
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sagte er gelassen, »ich habe nicht vor, Sie aus den Augen zu lassen.«

Viertes Kapitel
     
    »Exzellent«, murmelte Miss Montini, deren Blick immer noch auf die Papiere vor ihr gerichtet war. »Auf die Weise ist es für mich ungleich einfacher, Sie im Auge zu behalten.«
    Selbst von Nates Warte aus war deutlich zu erkennen, dass sie mehr als eine Nachricht verfasste. Er könnte sie deshalb befragen, aber sie würde ihm nur ausweichend antworten. Mal wieder. »Ich schätze es nicht, belogen zu werden.«
    Sie faltete ihre Briefe, schob sie in einen Umschlag und versiegelte ihn. »Ich würde meinen, das tun die wenigsten.«
    Trotzdem machte ihre Unaufrichtigkeit sie nicht minder attraktiv, nein, sogar irgendwie faszinierend. Was seltsam war, denn für Nate rangierte Ehrlichkeit gewöhnlich an oberster Stelle. Anscheinend wurde sie dort gerade von tiefblauen Augen und einer hübschen, kurvigen Gestalt abgelöst.
    »Wir sind uns noch nie begegnet, habe ich Recht?« Es war mehr eine Feststellung als eine Frage.
    Sie adressierte den Umschlag. »Ich sagte nie, wir wären. Sie meinten, ich käme Ihnen bekannt vor, und fragten, ob wir uns schon begegnet wären. Ich fragte Sie, ob Sie sich erinnerten, und Sie taten es nicht.«
    »Ich entsann mich keiner früheren Begegnung, weil es keine gab.« Hah! Jetzt hatte er sie.
    »Wie auch immer.« Sie beendete die Anschrift mit einem schwungvollen Bogen, legte den Füllfederhalter ab und sah zu Nate auf. »Sie wussten es nicht. Sie dachten, Sie hätten mich geküsst und es vergessen. Das war sehr verletzend.«
    »Wie konnte es verletzend sein?«, fragte er verwundert. »Ich konnte mich nicht erinnern, weil es nie geschehen ist.«
    »Wäre es, und Sie hätten es vergessen, wäre ich verletzt gewesen.«
    »Wäre es geschehen, hätte ich mich erinnert!«
    »Gewiss doch«, sagte sie in einem Tonfall, als würde sie ernstlich bezweifeln, dass er sich an die Damen erinnerte, die er geküsst hatte. Sie wusste nichts über ihn, und dennoch stellte sie Vermutungen an, deren einzige Basis ihre misstrauische Natur war. Und natürlich dürfte ihre Meinung von ihm auch durch die Behauptung ihres verstorbenen Bruders getrübt sein. Immerhin hatte der Nate und Quint zu jenen gezählt, die ihm den Fund seines Lebens gestohlen haben könnten.
    Sie streckte ihm den Umschlag hin. »In Anbetracht der späten Stunde, wäre es das Beste, den Umschlag Mr Muldoon zu überbringen. Er und seine Gemahlin sind seit Jahren in meinen … in Miss Henrys Diensten. Er ist sehr diskret und vertrauenswürdig und wird ihn ihr gleich morgen früh überbringen. Ich würde Miss Henry ungern um diese Zeit aufwecken, und ich bin sicher, dass Mr Muldoon noch nicht schläft.«
    Nate blickte auf die Adresse. Es war eine angesehene, wenn auch nicht besonders noble Gegend. »Ich fürchte, der Diener, den ich hiermit losschicke, wird vor ihm dort sein.«
    Sie lächelte betont unschuldig. »Wie bitte?«
    »Aber, Miss Montini, Sie scheinen mir eine intelligente Frau zu sein. Und eine intelligente Dame würde nie spätnachts allein durch Londons Straßen streifen.« Er wedelte mit dem Umschlag. »Folglich liegt die Annahme nahe, dass der vertrauenswürdige, diskrete Mr Muldoon Sie begleitet hat.«
    »Ich schwöre Ihnen, Mr Harrington, ich bin ganz allein.«
    Er zog eine Braue hoch. »Sind Sie das?«
    »Ich war noch nie im Leben mehr allein als in dieser Minute.« Sie stand auf und fuhr fort, als hätte sie eben nichts von Bedeutung gesagt, als wäre ihre Bemerkung nicht so rätselhaft wie enthüllend. Gabriella Montini war um einiges geheimnisvoller, als es auf den ersten Blick anmutete. »Falls Sie nichts dagegen haben, möchte ich mich jetzt zurückziehen.« Was man auf den ersten Blick erkannte, war allerdings auch höchst verlockend. »Es war ein ereignisreicher Abend.«
    »Dann gehe ich davon aus, dass Sie nicht jede Nacht versuchen, fremde Häuser auszurauben?«
    »Nicht jede Nacht«, antwortete sie gelassen. »Nein.«
    »Oder jemals zuvor?«
    »Oder jemals zuvor.« Sie seufzte. »Also, glauben Sie mir nun, dass Einbruchdiebstahl nicht die Beschäftigung meiner Wahl ist?«
    »Ich hatte keine Sekunde angenommen, dass Sie eine geübte Einbrecherin sind. Als solche hätten Sie sich niemals von einem jungen Mädchen ertappen lassen.«
    »Ein purer Zufall, sonst nichts«, konterte sie und sah ihn an. »Seien Sie versichert, dass ich beim nächsten Einbruch zusätzliche Vorkehrungen treffen werde, eine Entdeckung zu

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