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Pfade der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Pfade der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Pfade der Sehnsucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Alexander
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auf. »Haben Sie vor, mich zu beobachten, wie ich jedes Wort lese?«
    »Nicht jedes Wort.«
    »Das bereitet mir Unbehagen.« Er verzog das Gesicht. »Dies ist eine Bibliothek, Gabriella. Ich würde meinen, Sie finden hier etwas zu lesen. Es gibt eine Menge Fachliteratur, die Ihnen gefallen könnte. Oder, noch besser, ein Roman.«
    Sie rümpfte die Nase. »Ich lese nie Romane.«
    »Das erklärt manches«, murmelte er vor sich hin.
    »Was meinen Sie?« Sie runzelte die Stirn. »Was erklärt es?«
    »Ihr Verhalten. Ihre Einstellung zum Leben als solches.«
    »Meine Einstellung ist vollkommen angemessen.«
    »Sie, Gabriella Montini, nehmen die Welt entschieden zu ernst.«
    »Das wissen Sie nicht. Sie kennen mich nicht.«
    »Mag sein«, erwiderte er. »Dieses Detail indes war unschwer festzustellen.«
    »Nur weil eine Frau sich nicht in Ihre Arme wirft, sich nicht nach Ihrer Umarmung verzehrt und danach, Ihre Lippen auf ihren …«
    Er zog eine Braue hoch.
    Gabriella ignorierte ihn. »Heißt es nicht, dass sie die Welt zu ernst nimmt.«
    »Wenn Sie es sagen.«
    Sie schnaubte. »Die Welt ist ein ernster Ort, Nathanial Harrington.«
    »Ja, das ist sie fürwahr.«
    »Und mein Leben ist gleichfalls eine ernste Angelegenheit. Mein Bruder ist tot, seine Reputation vernichtet. Ich habe keine richtige Familie bis auf eine Handvoll D…Freunde. Und was ich mir von meinem Leben erhoffte, ist nun …« Sie atmete aus. »… dahin.«
    Er lehnte sich zurück und sah sie an. »Was ist es, das Sie sich erhofft hatten?«
    »Das ist nicht mehr von Belang«, winkte sie ab und ging zu einem der Bücherregale. »Da Sie denken, ein Roman könnte mein Benehmen etwas frivoler machen …«
    Er lachte. »Ich erwähnte nie das Wort ›frivol‹.«
    Sie blickte ihn hochnäsig an. »Es war impliziert.«
    »Ich hätte eher gesagt … unbeschwert. Ja, das ist der treffende Ausdruck.«
    »Mein Herz ist momentan alles andere als unbeschwert. Ist es nie gewesen.«
    »Was für ein Jammer«, sagte er leise.
    »Ganz und gar nicht, Nathanial. So ist nun einmal das Leben.« Sie drehte sich mit dem Rücken zu den Regalen. »Haben Sie eine Empfehlung für mich? Was den Roman betrifft, meine ich.«
    »Aber, Gabriella, es muss doch einen Autor geben, dessen Arbeiten Ihnen gefallen. Sie wollen mich doch nicht glauben machen, Sie hätten noch niemals einen Roman gelesen. Nicht einmal in einem vergeudeten Moment Ihrer Jugend?«
    »Meine Jugend war nicht von vergeudeten Momenten bestimmt.« Es sei denn man wollte es so deuten, wenn sich eine sehr junge Frau als Junge verkleidete und ihren Bruder von einem exotischen Ort zum nächsten begleitete, um antike Schätze zu suchen.
    »Dennoch müssen Sie doch einen bevorzugten Autor haben.«
    »Ich glaube nicht«, sagte sie leise. Wenn sie es genau bedachte, erinnerte sie sich nicht, jemals irgendwelche Dichtung gelesen zu haben, was eigentlich nicht sein konnte. Ihr Bruder hatte ihr das Lesen beigebracht, dazu allerdings Handbücher und historische Abhandlungen verwandt, die er gewohnheitsmäßig bei sich trug, und natürlich die Bibel. Als sie in die Schule in England kam, musste sie eine Menge Gedichte auswendig lernen, und sie entsann sich, die Stücke von Mr Shakespeare durchgearbeitet zu haben, aber nicht an ein einziges Werk aus der erzählenden Kunst.
    »Nicht Mr Dickens? Oder Mr Trollope oder Miss Austen?«
    »Anscheinend mangelt es mir diesbezüglich an Bildung.« Sie sah sich die Titel in dem Regal an. »Außerdem hatte ich nie die Zeit dazu.«
    »Womit verbringen Sie Ihre Zeit?«
    »Ich studiere, Nathanial. Ich studiere die Kulturen des Altertums, Geschichte, Archäologie, Mythen, Legenden und alles andere, was sich für die Arbeit meines Bruders als nützlich erweisen könnte. Ich habe Urkunden am Queen’s College verliehen bekommen und einen akademischen Titel, und ich setze meine Studien fort. Außerdem habe ich mir die meisten Bücher und Dokumente in der Bibliothek der Antikengesellschaft durchgelesen.« Sie sah über die Schulter zu ihm. »Ich verfüge über ein exzellentes Gedächtnis.«
    »Was mich nicht überrascht.«
    Sie stutzte. »Ein Kompliment, Nathanial? Eines, das nichts mit der reizvollen Natur meiner Lippen oder der hypnotischen Kraft meiner Augen zu tun hat?«
    »Ich weiß nicht, was über mich kam«, gestand er grinsend. »Ich werde versuchen, es nicht wieder geschehen zu lassen.«
    Unweigerlich musste Gabriella sein Lächeln erwidern. Der Mann war recht gewinnend. »Hinzu kommt, dass ich

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