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Pfade der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Pfade der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Pfade der Sehnsucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Alexander
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Bibliothek hatte sie vieles gefunden, was sie interessierte. Dabei stellte Nate fest, dass sie sich offenbar für Memoiren begeisterte. Und er hatte eine Menge Vorwände erfunden, um bei ihr in der Bibliothek zu bleiben. Er war nicht sicher, ob er jemals einer Frau wie ihr begegnet war. Natürlich war sie hübsch und brillant, ganz zu schweigen von sturköpfig, willensstark und enervierend unabhängig. Ihr allerdings irgendetwas Persönliches zu entlocken, gestaltete sich verdammt unmöglich. Er hatte noch nie eine Frau erlebt, die solch ein Geheimnis aus ihrem Leben machte. Was ebenso faszinierend wie ärgerlich war. Gleiches galt für ihren Widerstand gegen sämtliche Versuche seinerseits, sie wieder zu küssen. Weshalb er es umso dringender wollte.
    »Mr Harrington?« Mrs Beckworth hielt die Teekanne hoch.
    Nate schüttelte den Kopf. »Nein, vielen Dank.«
    Mrs Beckworth lächelte, schenkte sich selbst nach und setzte sich wieder in einen Stuhl seitlich hinter dem Direktor. Sie war gut zwanzig Jahre jünger als ihr Ehemann, etwa Mitte bis Ende dreißig. Ihr streng nach hinten frisiertes Haar und das sehr unauffällige Kleid täuschten nicht darüber hinweg, dass sie einmal eine Schönheit gewesen sein musste. Noch heute sah sie recht gut aus. Und auch wenn sich über derlei Dinge gewöhnlich nicht einmal spekulieren ließ, fragte Nate sich doch, was diese Dame zu dem älteren, ziemlich beleibten Gelehrten gezogen haben mochte.
    »Gabriella, warum haben Sie mich nicht schon viel früher einmal besucht?« Merrill Beckworth fixierte sie mit einem strengen Blick. »Ja, wirklich, ich habe Sie im letzten Jahr kaum gesehen.«
    »Meine Studien beanspruchen einen Großteil meiner Zeit, Sir«, sagte sie und blickte dem Direktor ruhig ins Gesicht. »Und offen gesagt wollte ich angesichts des letzten Besuchs meines Bruders hier …«
    »Mein liebes Mädchen«, sagte Mrs Beckworth, die sich auf ihrem Stuhl nach vorn lehnte. »Niemand würde wegen des Betragens Ihres Bruders je schlecht von Ihnen denken.«
    »Meine Abwesenheit hatte weniger mit der hiesigen Meinung über mich zu tun«, erwiderte Gabriella bestimmt, stellte ihre Teetasse ab und faltete die Hände im Schoß. »Vielmehr ist sie meiner Meinung über die Gesellschaft geschuldet.«
    »Oh.« Mrs Beckworth riss die Augen weit auf und lehnte sich zurück.
    Nate hielt die Luft an.
    Der Direktor kicherte. Seine Worte richteten sich an Nate, auch wenn sein Blick auf Gabriella verharrte. »Wussten Sie um die unverblümte Natur von Miss Montini?«
    »Sie fiel mir auf, Sir«, antwortete Nate trocken.
    Gabriella lächelte höflich. »Ich ziehe den Ausdruck ›aufrichtig‹ vor, Sir.«
    »Ich kenne Miss Montini schon seit einigen Jahren, seit sie ihr Studium am Queen’s College aufnahm, wenn ich nicht irre.« Der Direktor warf ihr ein liebevolles Lächeln zu. »Trotz ihres Geschlechts ist sie einer der hellsten Köpfe, die mir je begegnet sind. Sie ist wahrhaft bemerkenswert. Wussten Sie, Harrington, dass diese junge Frau sich alles merkt, was sie gelesen hat?«
    Nate sah zu Gabriella. Das ein wenig fragwürdige Kompliment machte sie erröten, ansonsten aber blieb sie vollkommen ruhig. »Nein, Sir, doch es überrascht mich nicht.«
    »Dann sind Sie intelligenter als Sie aussehen«, folgerte Beckworth beiläufig und wandte sich wieder ganz Gabriella zu. »Ich bin schon länger der Ansicht, dass es eine Schande ist, wie Ihr Bruder und die Gesellschaft auseinandergingen.«
    »Was für ein Jammer«, flüsterte Mrs Beckworth.
    »Obschon, wäre er nicht ganz so … unvernünftig gewesen …«
    Gabriella zuckte nicht einmal bei dem Wort. Es gab noch vieles, was Nate nicht von ihr wusste, aber Beckworth hatte Recht, sie war bemerkenswert.
    »… hätte man die Angelegenheit friedlich lösen können. Nichtsdestotrotz, Mr Montinis Betragen mag unentschuldbar gewesen sein, unter den Umständen jedoch war es teils verständlich.« Beckworth machte eine Pause. »Ich kann Ihnen sagen, meine Teure, nachdem die Komiteemitglieder wieder beruhigt waren – keine leichte Aufgabe, wohlgemerkt …«
    »Sie können überaus starrköpfig sein«, seufzte Mrs Beckworth.
    »Regte sich einiges Interesse an dem Fund, von dem Ihr Bruder behauptete, ihn gemacht zu haben. Eine Entdeckung dieser Größenordnung, ein Beweis, dass Ambropia tatsächlich existierte, nun, Sie können sich die allgemeine Aufregung gewiss vorstellen.« Er sah zu Nate. »Natürlich erst, nachdem sich die Empörung gelegt hatte. Nur

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