Pfade der Sehnsucht: Roman (German Edition)
nichts als Erfolg für dieses gemeinsame Unternehmen voraus, Miss Montini.«
Was Gabriella nicht verwunderte, denn dieser Mann schien ihr anderes als Erfolg nicht zuzulassen. Seine Berührung weckte nach wie vor ein gewisses Unbehagen; andererseits wollte er sie nicht auf eine Weise, wie es andere Männer würden. Er begehrte ihr Können, ihr Wissen, ihren Verstand. Dennoch wäre es eine wenig erbauliche Verbindung, denn sie traute ihm nicht, und sie vermutete, dass er niemandem traute.
»Guten Tag, Miss Montini.« Er ließ ihre Hand los. »Mr Harrington.«
»Sir.« Nathanial nickte, und sie gingen.
Auf der Kutschfahrt zurück sprachen sie beide kein Wort, was Gabriella sehr recht war. Sie wollte seine Zurechtweisungen nicht hören, seine Warnungen nicht und erst recht nicht sein arrogantes Beharren, er wüsste besser als sie, wie sie ihr Leben verbringen sollte. Er hatte kein Recht, ihr Vorhaltungen oder Vorschriften zu machen. Außerdem hatte sie keineswegs die Absicht, ihn nach dieser Sache jemals wiederzusehen. Denn das wäre das Beste, für sie beide.
In dem Moment, da sie das Haus betraten, ergriff er ihren Ellbogen und führte sie geradewegs in die Bibliothek. Dabei war sein Gesicht wie versteinert.
»Wo wollen wir hin?«
Seine Stimme war leise, sehr angespannt, und Gabriella fürchtete, sie könnte ihn ein klein wenig zu sehr provoziert haben. In welchem Fall er naturgemäß selbst schuld war.
»Abgesehen davon, Sie in meine Gemächer zu bringen, was ich liebend gern täte …«
»Was? Um mich übers Knie zu legen?«
»Das auch«, konterte er verbissen. »Ist dies der einzige Ort im Haus, an dem einem Gespräch unter vier Augen nichts Unanständiges anhaftet.«
»Und das wollen wir selbstverständlich nicht.«
»Nein, Gabriella, das wollen wir nicht. Ich muss auf meine Mutter und meine Schwester Rücksicht nehmen wie auch auf Ihre Reputation. Letztere scheint Ihnen selbst erstaunlich wenig schützenswert.«
»Seit wann sind Sie so sehr um Anstand besorgt?«
»Seit ich Ihnen begegnete.« Er stieß die Bibliothekstür mit dem Fuß auf und schleuderte sie beinahe hinein.
Mr Dennison sprang von seinem Schreibtischstuhl auf. »Master Nathanial! Stimmt etwas nicht?«
»Das kann man wohl sagen, Dennison.« Nathanial wies mit dem Kopf zur Tür. »Lassen Sie uns bitte allein.«
Gabriella verschränkte die Arme vor der Brust.
Mr Dennison blickte von Nathanial zu Gabriella und wieder zurück. »Wenn ich irgendetwas tun …«
»Dann rufe ich Sie«, unterbrach Nathanial ihn. »Verzeihen Sie mein grobes Verhalten, aber …«
»Nicht der Rede wert, Sir.« Mr Dennison raffte einige Papiere auf dem Schreibtisch zusammen und eilte mit ihnen hinaus, wobei er Gabriella im Vorbeilaufen einen neugierigen Blick zuwarf. Sie bezweifelte nicht, dass er noch vor Ablauf einer Stunde eine Nachricht an Florence schicken würde. »Ich bin im hinteren Salon, Sir, falls Sie mich brauchen.«
»Wenn Sie nur dafür sorgen könnten, dass wir nicht gestört werden«, Nathanial brachte ein mattes Lächeln zustande, »wäre ich Ihnen überaus dankbar.«
»Sehr wohl, Sir.« Dennison ging und schloss die Tür fest hinter sich.
Nun verengten sich Nathanials Augen, und er betrachtete Gabriella schweigend. Eine Minute dehnte sich, bis zwei, dann drei verstrichen waren. Gabriella kämpfte gegen den Impuls, mit dem Fuß aufzustampfen.
»Alsdann, sprechen Sie es aus!«
»Was aussprechen?«, knurrte er beinahe.
»Was immer Sie zu sagen haben.«
Konnten sich seine Augen noch weiter verengen, und sie sah sie immer noch? »Was bringt Sie auf den Gedanken, ich hätte etwas zu sagen?«
»Ich bitte Sie, Nathanial! Sie drohen, jeden Moment zu explodieren!« Sie rümpfte die Nase. »Ihre Selbstbeherrschung ist nicht besonders gut.«
»Meine Selbstbeherrschung?« Er erhob die Stimme. » Meine Selbstbeherrschung? «
»Ja, Ihre Selbstbeherrschung«, bestätigte sie ungerührt und wollte auf die Tür zugehen. Vielleicht war dies nicht der Moment, über Lord Rathbourne oder irgendetwas anderes zu sprechen. Außerdem könnte Nathanial nichts sagen, was ihr nicht auch schon durch den Kopf gegangen wäre.
»Oh, nein!« Er stellte sich ihr in den Weg. »Wir reden darüber, und zwar jetzt!«
»Na schön.« Sie wandte sich von ihm ab und setzte sich auf einen der Stühle vor dem Schreibtisch, sodass sie ihm den Rücken zukehrte. Und bemerkte sofort, dass es keine gute Idee war. »Falls Sie fragen wollen, ob ich mal wieder wahnsinnig bin
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