Pfade der Sehnsucht: Roman (German Edition)
…«
»Nein, ich denke nicht mehr, dass an Ihrem Geisteszustand irgendwelche Zweifel bestehen.«
»Ich war das letzte Mal, das Sie fragten, nicht wahnsinnig, und ich möchte behaupten, es auch hier und jetzt nicht zu sein.«
Sie hörte ihn hinter sich, ehe er ohne Vorwarnung den Stuhl mit ihr darauf packte und herumdrehte, sodass sie ihm gegenüber war. »Ich lasse es nicht zu.«
»Sie haben in der Angelegenheit nichts zu sagen.«
»Da Sie in meinem Haus sind …«
»Wo ich nicht sein müsste! Ich habe mein eigenes … Ich habe andere Orte, an denen ich wohnen kann und auch wohne, je nachdem, wie ich es für das Beste halte.«
»Das ist gleich, denn ich versprach, Sie zu schützen, was ich nicht kann, wenn Sie in jenem Haus sind. Rathbourne ist ein gefährlicher Mann.« Er beugte sich hinunter und stützte beide Hände auf die Armlehnen ihres Stuhls. Seine Augen glühten vor Zorn, weshalb Gabriella unweigerlich zurückwich. »Er will Sie genauso in seine Sammlungen aufnehmen, wie er es mit seiner Gemahlin tat.«
Sie schnaubte. »Das ist absurd!«
»Er möchte Sie als die wunderschöne und brillante Kuratorin seiner Sammlungen. Sie wären für ihn nichts als ein weiteres Sammlerstück, eines seiner Kunstwerke!«
»Selbst wenn Sie Recht hätten …« Sie schob ihn zur Seite und stand auf. »… warum sollte ich mich nicht darauf einlassen? Ich bin mehr als qualifiziert für die Stellung. Lord Rathbourne sagte es ebenfalls. Im Grunde wurde ich einen Großteil meines Lebens genau für solch eine Position ausgebildet, habe dafür gelernt. Warum sollte ich nicht die Kuratorin seiner Sammlungen werden?«
»Weil es nichts ist, was eine Frau …«
»Oh, ich bitte Sie, diese Diskussion bin ich gründlich leid!«, fiel sie ihm trotzig ins Wort und verschränkte abermals die Arme vor der Brust. »Und was soll ich tun? Ich kann nicht, nein, ich will nicht den Rest meiner Tage damit verbringen, meine Nase in Büchern zu vergraben, aus denen ich Wissen schöpfe, das ich niemals anwenden darf. Sie können gut hier stehen und mir erzählen, ich dürfte dies nicht und könnte jenes nicht, weil ich zufällig als weibliches Wesen geboren wurde. Sie können alles tun, was Sie wollen, weil Sie ein Mann sind. Also, verraten Sie mir, Nathanial, der Sie doch auf Ihre unerschöpfliche männliche Weisheit zurückgreifen dürfen, was ich mit dem Rest meines Lebens anfangen soll?«
»Sie könnten dasselbe tun wie alle anderen Frauen. « Er sah sie an, als hätte sie wirklich den Verstand verloren. »Heiraten und Kinder bekommen.«
»Nein«, konterte sie scharf. »Das kann ich nicht.«
»Ja, stimmt, weil Sie nicht wie andere Frauen sind!« Er schüttelte den Kopf. »Unmöglich können Sie für Rathbourne arbeiten. Gabriella, Ihre Reputation wäre ruiniert.«
»Ich habe keine Reputation.«
»Sie werden. Erahnen Sie überhaupt, was die Leute sagen werden?«
»Teufel auch!«, sagte sie zum ersten Mal in ihrem Leben, und dieser kleine Ausbruch erschrak sie fast so sehr wie ihn. Mit dem Unterschied, dass sie mittlerweile jenseits aller Vernunft und Anständigkeit war. Also reckte sie ihr Kinn und log. »Sie werden sagen, dass ich eine kluge, kompetente Frau bin.«
»Sie werden sagen, dass Sie gekauft wurden!« Sein Tonfall war mehr als streng. »Sie werden sagen, dass Sie für seine Lordschaft ebenso ein Neuerwerb und mithin sein Besitz sind wie alles andere in seiner Sammlung. Und solches Gerede zieht zwangsläufig Mutmaßungen über das Ausmaß Ihrer persönlichen Pflichten gegenüber Rathbourne nach sich.«
Sie stieß einen stummen Schrei aus. »Es wird keine persönlichen Pflichten geben!«
»Was niemand glauben wird.«
»Ich habe mich noch nie darum geschert, was die Leute von mir denken.«
»Ich habe immer gedacht, dass es grotesk ist, wie sehr wir uns darum scheren, was andere denken.« Nathanial sah sie an. »Und dennoch, trotz allem, was Sie sagen, und was ich übrigens nicht glaube, wird es Sie scheren.«
»Und wenn schon!«, entfuhr es ihr deutlich lauter. »Ja, ich gebe es zu! Ja, ich weiß genau, was die Leute reden werden. Und, ja, ich bin mir gewahr, dass es nicht freundlich ausfällt. Und, ja, es wird mir Sorge machen und mich scheren.«
»Ihre Reputation wird vernichtet!«
»Nicht mehr als …«
»Sie werden ruiniert sein!«
»Ich bin bereits ruiniert!« Die Worte kamen ihr über die Lippen, ehe sie begriff, was sie sagte. Und nun war es so oder so zu spät. »Und deshalb werde ich niemals heiraten.«
Er
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