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Pfand der Leidenschaft

Titel: Pfand der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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Amelia mit zitternder Stimme. Sie wusste, dass sie sich von seinen warmen Fingern losreißen sollte, aber ihr Körper schien festgefroren zu sein und genoss die rauschhafte Wärme seiner Berührung. »Für ihn ist es ein sehr ungewöhnliches Benehmen. Er steckt in Schwierigkeiten. Er …« Sie brach ab.
    Rohan ließ eine Fingerspitze sanft über die schimmernde Seide ihrer Schleife gleiten, bis zu der Stelle, wo sie unterhalb ihres Kinns festgebunden war. »Welche Art von Schwierigkeiten?«
    Sie entwand sich seiner köstlichen Hand und drehte sich weg, gerade als Merripen und Leo auf die Kutsche zukamen. Beim Anblick ihres Bruders überspülte
Amelia eine Welle der Liebe und qualvollen Sorge. Er war schmutzig und zerbeult, er grinste ohne jegliches Schuldbewusstsein. Jeder, der Leo nicht so gut kannte, musste annehmen, dass ihm seine Mitmenschen gleichgültig waren. Seine Augen, einst so voller Mitgefühl, waren ausdruckslos und dumpf. Sein ehemals gestählter Körper war plump, sein Gesicht aufgedunsen und blass. Es würde zwar noch eine gewisse Zeit dauern, bis Leos Gesundheit völlig zerrüttet war, doch er schien fest entschlossen, dem schleichenden Prozess auf die Sprünge zu helfen.
    »Wie erstaunlich«, sagte Amelia beiläufig zu ihrem Bruder. »Du lebst.« Sie zog ein Taschentuch aus dem Ärmel, eilte auf ihn zu und wischte ihm zärtlich den Schweiß und einen Blutfleck von den Wangen. Als sie seinen unsteten Blick bemerkte, erklärte sie: »Ich bin die Person in der Mitte, mein Liebster.«
    »Ach, da bist du.« Leos Hand bewegte sich wie bei einer Marionette ruckartig auf und ab. Er blickte zu Merripen, ohne dessen Hilfe er schon längst nicht mehr hätte aufrecht stehen können. »Meine Schwester«, lallte er. »Ein furchteinflößendes Mädchen.«
    »Bevor Merripen dich in die Kutsche setzt«, sagte Amelia, »wäre es eine gute Gelegenheit, deinen Mageninhalt zu entleeren.«
    »Auf gar keinen Fall«, kam die prompte Erwiderung. »Hathaways behalten jeden kostbaren Tropfen Alkohol bei sich.«
    Amelia strich ihm die vor Dreck strotzenden braunen Locken aus den Augen. »Es wäre nett, wenn du in Zukunft ein bisschen weniger davon zu dir nehmen könntest, mein Lieber.«
    »Ach, Schwesterherz …« Als Leo zu ihr hinabblickte,
sah sie einen Schatten seines alten Ichs aufblitzen, einen Funken in seinen ansonsten starren Augen, der im nächsten Moment schon wieder erloschen war. »Ich habe doch so einen Durst.«
    Brennende Tränen sammelten sich in Amelias Augenwinkeln, und auf einmal hatte sie einen salzigen Geschmack im Mund. Sie schluckte ihn hinunter und erklärte ruhig: »In den nächsten Tagen wird dein Durst ausschließlich von Wasser und Tee gestillt, Leo. In die Kutsche mit ihm, Merripen.«
    Leo wand sich, um dem Mann, der ihn auf der anderen Seite stützte, einen flehenden Blick zuzuwerfen. »Um Himmels willen, du kannst mich ihr nicht einfach schutzlos ausliefern!«
    »Würde es dir denn besser gefallen, in der Gesellschaft von Straßenräubern auszunüchtern?«, fragte Merripen höflich.
    »Sie wären barmherziger.« Leise vor sich hinfluchend schlurfte Leo mit Merripens Hilfe zur Kutsche.
    Amelia drehte sich zu Cam Rohan um, dessen Gesicht vollkommen ausdruckslos war. »Sollen wir Euch zurück zum Jenners fahren, Sir? Es wird wohl ein wenig eng werden, aber es dürfte genügend Platz für alle sein.«
    »Nein, vielen Dank.« Rohan begleitete sie zur Kalesche. »Es ist nicht weit. Ich werde zu Fuß gehen.«
    »Ich kann Euch in diesem Londoner Schlangennest doch nicht mutterseelenallein zurücklassen.«
    Rohan blieb mit ihr an der Rückseite des Wagens stehen, wo sie vor neugierigen Blicken geschützt waren. »Mir wird nichts passieren. Die Stadt jagt mir keine Angst ein. Haltet still!«
    Rohan hob erneut ihr Gesicht, und mit einer Hand
umfasste er ihr Kinn, während die andere zu ihrer Wange glitt. Sein Daumen strich sanft unter ihrem linken Auge entlang, und überrascht musste Amelia feststellen, dass dort immer noch eine nasse Träne hing.
    »Der Wind reizt meine Augen«, hörte sie sich mit zitternder Stimme sagen.
    »Heute ist es windstill.« Seine Hand verharrte an ihrer Schläfe. Der glatte Ring an seinem Daumen drückte sich leicht in ihre Haut. Ihr Herz hatte wild zu pochen begonnen, bis alles vom Tosen ihres Blutes übertönt wurde. Der Lärm aus der Taverne klang nur noch dumpf herüber, die Dunkelheit verdichtete sich. Rohans Finger glitten verblüffend zärtlich über ihr Gesicht und

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