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Pfand der Leidenschaft

Titel: Pfand der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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Staubwolke entgegenwirbelte, und musste laut niesen. »Poppy, es ist … hatschi! … Zeit, aufzustehen.«
    Poppy hatte sich die Bettdecke übers Gesicht gezogen. »Noch nicht«, kam der gedämpfte Protest.
    Amelia setzte sich aufs Bett ihrer neunzehnjährigen Schwester und schob behutsam die Decke weg. Poppy war immer noch müde, ihr Gesicht war vom Schlaf leicht gerötet, und ihre Wange zierte ein Abdruck von den Falten des Lakens. Ihr braunes Haar, eine Nuance röter als Amelias, war ein heilloses Durcheinander.
    »Ich hasse es, aufstehen zu müssen«, murmelte Poppy. »Und es gefällt mir sogar noch weniger, von jemandem geweckt zu werden, der dabei so verdammt glücklich aussieht.«
    »Tut mir leid.« Lächelnd strich Amelia ihrer Schwester das Haar aus dem Gesicht.

    »Mmmm.« Poppy ließ die Augen geschlossen. »Mama hat das auch immer getan. Fühlt sich schön an.«
    »Ja?« Amelia legte Poppy sanft die Hand auf den Kopf. »Meine Süße, ich gehe jetzt ins Dorf und frage Freddies Mutter, ob wir ihn als Gärtner einstellen können.«
    »Ist er dafür nicht ein bisschen jung?«
    »Nicht im Vergleich zu den anderen Kandidaten, die sich auf die Stelle beworben haben.«
    »Es gibt keine anderen Kandidaten.«
    »Ganz genau.« Sie eilte zu Poppys Truhe, die in einer Ecke stand, und schnappte sich die Haube ihrer Schwester. »Darf ich mir die ausleihen? Meine habe ich immer noch nicht repariert.«
    »Natürlich, aber … machst du dich etwa gleich auf den Weg?«
    »Ich brauche nicht lange und bin dann sofort wieder zurück.«
    »Soll ich dich begleiten?«
    »Vielen Dank, meine Liebe, das ist unnötig. Zieh dich an und frühstücke etwas – und behalt Win im Auge. Im Moment kümmert sich Beatrix um sie.«
    »Oh.« Poppy riss die Augen auf. »Ich beeil mich.«

Fünftes Kapitel
    Es war ein angenehm warmer, beinahe wolkenloser Tag. Amelia spazierte zügigen Schrittes durch einen Hain aus Obstbäumen jenseits der Gartenmauer. An den Ästen hingen große grüne Äpfel. Die herabgefallenen Früchte waren von Rehen oder anderen Tieren angefressen, braun geworden und gärten langsam vor sich hin.
    Amelia legte eine kurze Pause ein, pflückte einen Apfel von einem der unteren Äste, säuberte ihn an ihrem Ärmel und biss genüsslich hinein. Er schmeckte köstlich sauer.
    Eine Honigbiene summte in der Nähe, und Amelia sprang erschrocken zur Seite. Sie hatte schon immer entsetzliche Angst vor Bienen gehabt. Obwohl sie versucht hatte, sich die unbegründete Furcht mit vernünftigen Argumenten auszureden, konnte sie die Panik einfach nicht in Schach halten, die sie befiel, wenn eines dieser kleinen Biester um sie herumschwirrte.
    Hastig ließ Amelia den Obstgarten hinter sich und folgte einem überwucherten Pfad, der an saftigen, feuchten Wiesen vorbeiführte. Trotz der fortgeschrittenen Jahreszeit wuchs überall Brunnenkresse, deren köstliche, leicht scharf schmeckende Blätter von Bauern und Dorfbewohnern gerne zum Verfeinern von Suppen und der Füllung von Gänsen benutzt wurde. Amelia entschied, auf dem Rückweg eine Handvoll zu sammeln.

    Der kürzeste Weg zum Dorf führte über Lord Westcliffs Grundstück. Als Amelia die unsichtbare Grenze zwischen dem Ramsay Anwesen und Stony Cross Park überschritt, hätte sie schwören können, dass sich die Atmosphäre schlagartig veränderte. Amelia wanderte nun an einem raschelnden Wald entlang, durch dessen dichtes Blätterdach kein einziger Sonnenstrahl drang. Das Land war üppig und geheimnisvoll, die Wurzeln der uralten Bäume verzweigten sich tief in der dunklen, reichen Erde. Beschwingt setzte Amelia die Haube ab und genoss die sanfte Brise, die ihr Gesicht umspielte.
    Das Land gehörte schon seit Generationen den Westcliffs. Amelia fragte sich, welche Sorte Mensch der Earl und seine Familie waren. Höchstwahrscheinlich sehr angesehen und traditionsbewusst. Es wäre wohl keine erfreuliche Neuigkeit für die Westcliffs, dass das Ramsay House nun von einer lauten, ungehobelten Meute wie den Hathaways bewohnt wurde.
    Während Amelia einen ausgetretenen Pfad entlangspazierte, der sich durch den Wald schlängelte, musste sie wohl zwei Steinschmätzer gestört haben, die sich mit einem entrüsteten Gezwitscher in die Lüfte schwangen. Hier wimmelte es nur so von Leben: Schmetterlinge in beinahe unnatürlichen Farben flatterten herum, bunt schimmernde Käfer krabbelten über die Erde. Amelia blieb vorsichtshalber auf dem Pfad und hob die Röcke an, damit sie nicht durch das

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