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Pfand der Leidenschaft

Titel: Pfand der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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hätte keiner der beiden überlebt.
    »In der Zwischenzeit«, fuhr Merripen fort, »könntest du eine Liste von allen Dingen erstellen, die du aus dem Dorf brauchst. Ich kümmere mich dann im Laufe des Vormittags darum.«
    Amelia nickte, dankbar für seine zuverlässige Unterstützung. »Soll ich Leo wecken? Vielleicht könnte er …«
    »Nein.«
    Sie lächelte traurig. Immerhin war ihr im tiefsten Innern ihres Herzens ebenfalls bewusst, dass ihr Bruder eher ein Hindernis denn eine Hilfe wäre.
    Amelia ging die Treppe hinab und suchte nach Freddie, dem Jungen aus dem Dorf, mit dem sie eine
Chaiselongue zur Rückseite des Hauses tragen wollte. Sie stellten das Möbelstück auf die sonnige Steinterrasse, die zu einem mit Unkraut überwucherten Garten und hohen Buchen führte. Der Garten müsste neu angelegt und bepflanzt, die abbröckelnden Mauern repariert werden, dachte Amelia seufzend.
    »Hier ist wohl ein wenig Arbeit vonnöten, Madame«, bemerkte Freddie und bückte sich, um etwas Unkraut zwischen zwei Ziegelsteinen auszureißen.
    »Freddie, du bist ein Meister der Untertreibung.« Amelia sah den Jungen abschätzend an, der nicht viel älter als dreizehn sein konnte. Er war kräftig, mit einem roten Gesicht und zerzaustem Haar, das ihm zu allen Seiten abstand. »Gefällt dir Gartenarbeit?«, fragte sie schließlich. »Kennst du dich ein bisschen damit aus?«
    »Ich habe einen Küchengarten für meine Mom angelegt.«
    »Würde es dir gefallen, Lord Ramsays Gärtner zu sein?«
    »Wie viel würde ich denn verdienen?«
    »Wie wäre es mit zwei Shilling in der Woche?«
    Freddie sah sie nachdenklich an und strich mit der Zunge über die vom Wind aufgesprungenen Lippen. »Klingt gut. Aber Ihr müsstet meine Mom fragen.«
    »Sag mir, wo du wohnst, und ich werde ihr noch heute Morgen einen Besuch abstatten.«
    »Prima. Es ist auch nicht weit – wir wohnen gleich am Anfang des Dorfs.«
    Sie schüttelten Hände, um das Geschäft zu besiegeln, unterhielten sich noch ein wenig, und dann machte sich Freddie an die Arbeit und inspizierte den Gartenschuppen.

    Beim Klang von Stimmen drehte sich Amelia um und sah, wie Merripen ihre Schwester ins Freie trug. Win hatte ein Nachthemd und einen Morgenrock an und war in einen breiten Schal gewickelt. Ihre dünnen Arme hatte sie um Merripens Hals geschlungen. Mit ihrer weißen Kleidung, dem blonden Haar und der blassen Haut war Win beinahe völlig farblos, abgesehen von den hellrosa Flecken über ihren Wangenknochen und dem leuchtenden Blau ihrer Augen.
    »… das war eine grässliche Medizin«, sagte Win fröhlich.
    »Sie hat aber gewirkt«, erwiderte Merripen und bückte sich, um sie behutsam auf die Chaiselongue zu setzen.
    »Allerdings weiß ich nicht, ob ich dir jemals verzeihen kann, dass du mich genötigt hast, sie zu schlucken.«
    »Es war zu deinem eigenen Besten.«
    »Du bist ein Tyrann«, erwiderte Win und lächelte ihn zärtlich an.
    »Ja, ich weiß«, murmelte er und deckte sie mit äußerster Vorsicht zu.
    Ein Lächeln breitete sich auf Amelias Gesicht aus, als sie erfreut feststellte, dass sich der Gesundheitszustand ihrer Schwester deutlich verbessert hatte. »Er ist wirklich schrecklich. Aber falls es ihm gelingen sollte, noch weitere Dorfbewohner zu überreden, uns beim Herrichten des Hauses zu helfen, wirst du ihm wohl oder übel verzeihen müssen, Win.«
    Wins blaue Augen funkelten. Sie redete mit Amelia, ohne den Blick von Merripen zu wenden. »Ich habe größtes Vertrauen in seine Überredungskünste.«
    Wären die Worte von jemand anderem gekommen,
hätte man glauben können, sie flirte mit Merripen. Aber Amelia war überzeugt, dass Win ihn nicht als Mann wahrnahm. Für sie war er nichts weiter als ein gütiger, älterer Bruder.
    Merripens Gefühle hingegen waren nicht ganz so eindeutig.
    Eine neugierige Dohle landete laut krächzend auf dem Steinboden und hüpfte ungeschickt in Wins Richtung. »Tut mir leid«, entschuldigte sie sich beim Vogel, »heute gibt es kein Essen für dich.«
    Eine neue Stimme mischte sich in die Unterhaltung. »Doch!« Es war Beatrix, die ein Tablett mit einem Teller, auf dem ein Toast lag, und einer Tasse Tee in Händen hielt. Ihre dunklen Locken hatte sie sich ungekämmt zu einem Schwanz zurückgebunden und trug eine weiße Schürze über ihrem himbeerfarbenen Kleid.
    Die Schürze war viel zu verspielt und freizügig für ein Mädchen von fünfzehn Jahren, dachte Amelia. Beatrix hatte nun ein Alter erreicht, in dem sie bodenlange

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