Pfand der Leidenschaft
dunklere Schamesröte in die Wangen schoss.
»Gerade eben habt Ihr gesagt, Ihr würdet mir niemals wehtun.«
»Wenn ich Euch entführen wollte …« Der Gedanke an ihren weichen, sich windenden Körper in seinen Armen ließ sein Blut in Wallung geraten. Allein die Vorstellung benebelte seine Sinne, überrollte seinen Verstand mit einer brennenden Hitze der Begierde. »Hätte ich etwas ganz anderes mit Euch vor, als Euch wehzutun.«
»Eine solche Dreistigkeit würdet Ihr niemals wagen.« Sie versuchte mit aller Gewalt, sachlich zu klingen. »Wir wissen beide, dass Ihr viel zu zivilisiert seid.«
»Tatsächlich? Seid Euch da lieber nicht so sicher!«
»Mr. Rohan«, fragte sie zögerlich, »wollt Ihr mich absichtlich nervös machen?«
»Nein.« Als müsste er dem Wort Nachdruck verleihen, wiederholte er es leise: »Nein.«
Verdammt nochmal!, dachte er und fragte sich verwundert, was er da eigentlich tat. Er war ratlos, wie diese kratzbürstige, intelligente Frau, dieser unschuldige Engel, ihn derart fesseln konnte. Er wusste lediglich, dass ihn ein sehnsüchtiges Verlangen gepackt hatte, er sie berühren, ihr die störende Kleidung vom
Leib reißen wollte, das Mieder, die Schuhe und jeglichen Zentimeter Stoff, selbst die kleinen Häkchen an ihren Haarnadeln.
Amelia atmete tief ein. »Ihr habt allerdings vergessen anzumerken, Mr. Rohan, dass ein Roma der Tradition nach eine Frau nur aus ihrem Bett entführt, wenn er sie auch anschließend ehelichen will. Die sogenannte Entführung geschieht im Einverständnis mit der zukünftigen Braut und wurde im Vorhinein besprochen.«
Cam setzte ein charmantes Lächeln auf. »Die Angelegenheit entbehrt tatsächlich jeglicher Raffinesse, aber sie beschleunigt die Angelegenheit außerordentlich, nicht wahr? Man muss weder den Vater um Erlaubnis fragen, noch ein Aufgebot bestellen oder eine lange Verlobung auf sich nehmen. Eine sehr effiziente Brautwerbung.«
Da tauchte Beatrix wieder auf. »Schuppi ist weg«, erklärte sie. »Sie schien recht glücklich zu sein, sich in Stony Cross Park niederzulassen.«
Offensichtlich erleichtert über das plötzliche Erscheinen ihrer Schwester, ging Amelia auf sie zu, wischte ihr die Erde von den Ärmeln und richtete ihr das Haar. »Ich wünsche ihr viel Glück. Bist du bereit, dich zurück an den Tisch zu setzen, meine Liebe?«
»Nein.«
»Keine Sorge, alles wird gut. Vergiss bloß nicht, zerknirscht zu wirken, während ich dir herrische Blicke zuwerfe. Dann werden wir bis zur Nachspeise bleiben dürfen.«
»Ich will nicht zurück ins Esszimmer«, stöhnte Beatrix. »Es ist so schrecklich langweilig. Das schwere Essen liegt mir im Magen, und ich sitze neben dem
Vikar, der über nichts anderes redet als seine eigenen religiösen Schriften. Es ist so überflüssig, sich ständig selbst zu zitieren, findest du nicht auch?«
»Sein Verhalten entbehrt tatsächlich einer gewissen Bescheidenheit«, stimmte ihr Amelia grinsend zu und strich ihrer Schwester übers dunkle Haar. »Arme Bea. Du musst nicht mitkommen, wenn du nicht willst. Ich bin sicher, dass dir einer der Dienstboten einen hübschen Ort zum Warten empfehlen kann, bis das Abendessen beendet ist. Vielleicht die Bibliothek?«
»Oh, vielen Dank«, seufzte Beatrix erleichtert. »Aber wer wird für Zerstreuung sorgen, wenn sich Leo erneut unmöglich aufführt?«
»Den Part kann ich übernehmen«, versicherte ihr Cam mit ernster Stimme. »Es sollte mir nicht schwerfallen, für Empörung zu sorgen.«
»Das überrascht mich nicht im Geringsten«, erwiderte Amelia. »Vielmehr bin ich überzeugt, dass Ihr es sogar genießen würdet.«
Neuntes Kapitel
Die Gesellschaft an Westcliffs Tafel hatte mit Erleichterung auf die Nachricht reagiert, dass Beatrix den Rest des Abends allein und in besinnlicher Ruhe verbringen wollte. Zweifellos hatten sie ein weiteres kleines Tier befürchtet, aber Amelia versicherte ihnen, dass kein unerwarteter Gast am Tisch erscheinen würde.
Einzig Lady Westcliff war über Beatrix’ Abwesenheit ernsthaft beunruhigt gewesen. Die Komtesse hatte sich zwischen dem vierten und fünften Gang entschuldigt und war eine Viertelstunde später wieder aufgetaucht. Amelia erfuhr erst im Nachhinein, dass Lady Westcliff die Dienerschaft veranlasst hatte, Beatrix in der Bibliothek ein Tablett mit Essen zu bringen, und hatte ihr dann selbst kurz einen Besuch abgestattet.
»Lady Westcliff hat mir einige Geschichten aus ihrer Kindheit erzählt, als sie und ihre jüngere
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